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Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Titel: Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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diese verwischen. Dann sah er sich um.
    Der annähernd quadratische Raum war von zwei Türen gesäumt, die von komplizierten Schlössern gesichert waren. Eine davon war mechanisch, doch stand die Tür einen Spalt offen. Der Captain warf einen Blick hinein. Der Raum war komplett ausgeräumt, leer wie ein Fass Met auf einem Wikingerfest. Seltsam. Die andere knackte er schnell, aber auch hier nur kahle Wände.
    Das Schloss, das die Tür zu den unteren Wohnräumen sicherte, war kein wirkliches Hindernis. Der Captain spähte mit seiner Nachtlinse das Treppenhaus hinunter, hielt den Atem an und lauschte. Er nickte Taris zu, der ruhig auf dem Geländer saß, dann legte der Clangeist die Flügel an und ließ sich die letzen Stockwerke in die Tiefe fallen. Man nahm nur eine Verwirbelung aus Federn wahr, die in der Dunkelheit verschwand. Da keine Warnung kam, folgte der Captain dem Falken. Im letzten Stockwerk gabelte sich der Flur und führte in zwei geschwungenen Treppen in den Salon des Hauses. An den Wänden waren helle Flecke, dort, wo Teppiche oder Bilder gehangen haben mussten. Marmorne Sockel, auf denen sicherlich wertvolle Büsten gestanden hatten, waren verwaist. Offenbar hatte man von der Familie Rothmann nur ein kernloses Gehäuse übrig gelassen.
    Der Boden war mit Mosaiken versehen, die Szenen aus der nordischen Götterwelt zeigten. Dieses Haus war ein reiches Haus gewesen, jetzt schien es wie ein stilles Grab.
    Nur wenig Laternenlicht drang durch die Ritzen der geschlossenen Sturmläden, doch es reichte, um die Nachtlinse abzunehmen. Obwohl seine Stiefel keine Geräusche machten, schlich der Captain in den ehemaligen Verkaufsraum. Es sah ein wenig wie bei einem Apotheker aus. Regale mit beschrifteten Fächern reichten vom Boden bis zur hohen Decke. Eine abgenutzte Schiebeleiter stand noch dort, damit man auch die obersten Schubladen erreichen konnte. Jede davon ragte ein Stück hinaus. Er brauchte nicht nachzusehen, um zu wissen, dass nicht ein Stein, nicht ein Fingerhut Pulver mehr hier sein würden. Der Wert musste enorm gewesen sein, von dem Wissen ganz zu schweigen.
    Der kunstvoll geschnitzte Tresen war staubig. Auch hier waren Schubladen aufgezogen, durchsucht, leer. Er würde hier keine Antworten finden. Jemand hatte sich alle Mühe gegeben, dies zu verhindern. Frustriert schnaufte der Captain. Ein Held in einem verlassenen Raum. Er nahm das Tuch ab, auch den Dreispitz und rubbelte sich durchs Haar. ›Du bist kein Held!‹
    Robert spähte durch die Sturmläden. Die drei Rabenmänner standen noch immer dort herum wie Kleinganoven, einer hüpfte auf und ab, wohl um die Kälte aus den Füßen zu vertreiben. Ein anderer hantierte mit einem Dolch herum, machte Kunststückchen damit, der Dritte trank aus einer Flasche Schnaps.
    Unschlüssig stand er im Salon. Er konnte ebensogut wieder nach Hause gehen. Es war eine bescheuerte Idee gewesen, wenn er ehrlich war. Was hatte er finden wollen? Einen Zettel, auf dem die Mörder und Entführer ihre Namen und Adressen aufgeschrieben hatten? Er … 
    Plötzlich ertönte ein gedämpftes Poltern unter ihm. Robert starrte auf das Mosaik zu seinen Füßen. Er stand mitten auf Odins Bart, machte lieber einen Schritt zur Seite. Dann kniete er sich hin, setzte die Nachtlinse wieder auf und suchte die Ritzen zwischen den farbigen Steinen ab. Da! Eine feiner, dunkler Strich im Mörtel. Entweder war die Fliese lose getreten worden, oder …
    »Poe«, flüsterte er. »Passt du da durch?« Natürlich würde der kleine Geist dort hindurch passen, doch er wurde gern gefragt, dann war er weniger ängstlich. Vorsichtig tappte der Hamster aus dem Ärmel und schnupperte an dem Riss. Dann begann er sich aufzulösen und verschwand darin. Es dauerte keinen Lidschlag, da kam er zurück. Sein weißer Brustkorb bebte.
    »Der, der und der!«, mit den Pfoten tippte er auf die Steine, die Odins Auge, eine Haarsträhne und das Kinn zeigten. Dann war er auch schon wieder in Roberts Mantel verschwunden und murmelte etwas von Wallhall.
    Der junge Lord drückte die drei gezeigten Mosaiksteine, ein schabendes Geräusch, dann ruckte der halbe Odin nach unten. Ein paar Stufen, dann Dunkelheit.
     
    Robert wusste, dass reiche Leute manchmal hauseigene Tempel besaßen, oft versteckt, denn die Figuren waren meist aus kostbaren Metallen gefertigt. Er setzte den Hut auf, legte das Tuch wieder an.
    Der Night Captain ging die Stufen hinab. Sie führten nicht tief, dann stand er in einem Kellergewölbe, das

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