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Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Titel: Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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Nachtrose war und brummte den anderen an.
    »Sie gehört zu uns, Eerik.« Der Wirt bellte ein Husten. »Also, was hast du herausgefunden?«
    Der Mann trat an das Pult des Tisches und öffnete eine der verschlossenen Schubladen. Er nahm einen Stapel Papiere heraus. Einen Moment hielt er die ungeordneten Pergamente, als wolle er sie nie wieder hergeben, dann legte er sie fast sanft auf die Tischplatte unter die Pulverlampe. Liesel erhaschte einen kurzen Blick auf endlose Zahlenkolonnen, Diagramme, geometrische Verweise und verschmierte Tintenflecke. Dann senkte sich die Hand des Wikingers darauf. Auf seinem Handrücken wand sich eine Blume, die sich unter einem vollen Mond entfaltete. Liesel fand das ein wenig zu offensichtlich, sagte aber nichts. Ihr Herz schlug hart.
    Alfred nahm die Blätter an sich und steckte sie in die Weiten seines Mantels.
    »Das alles ist bereits geschrieben worden, Alfred! Rurak und Sariel. Sie werden sich wiederfinden, der Wolf wird seine Ketten sprengen und den letzten Sturm zu uns bringen!«
    »Nun mal langsam, Eeirk!« Der Wirt lachte, aber es klang erschreckend dünn. »Du hast gesagt, dass die Prophezeiung da ziemlich eindeutig ist!«
    »Eindeutig? Hast du sie noch alle? Was willst du, ein Datum? Vielleicht noch ne Uhrzeit? Ich berechne die Positionen von Jahrtausenden. Die Sterne aber sind Wanderer, Alfred.«
    »Ist unser Mann nun derjenige, den wir im Auge behalten müssen oder ist er es nicht?« Der Wirt war jetzt ungehalten.
    Der Wikinger strich sich fahrig über seinen Bart und wiegte sinnierend den Kopf, als würde er das selbst gern in Erfahrung bringen.
    »Alles passt zusammen, mehr kann ich nicht sagen, Alfred. Die Zahlen lügen nicht. Wenn du sagst, dass er es ist, so kann ich dir sagen, dass der Zeitpunkt stimmt.« Der Wikinger sah Liesel an, dann hinauf zur Kuppel, wo eben noch die Sterne zu sehen gewesen waren. Jetzt schien dort die dunkelste Dunkelheit zu wohnen. Liesel bekam eine Gänsehaut.
    »Gut, dann werden wir so weitermachen wie zuvor. Hab herzlichen Dank, alter Freund«, brummte Alfred.
    Die beiden umarmten sich wie alte Kampfgefährten. Distanziert, doch innig. 
     
    Der Wind war verstummt, der Schnee sank trudelnd und lotrecht zu Boden. Ganz so, als würden kleine Sterne herabfallen. Die Dunkelheit darüber war beängstigend. Seit dem Überfall hatte die Nacht eine neue Bedeutung für Liesel. Unheilvoll. Als lauerte Fenrir hinter dem schwarzen Vorhang, darauf wartend, seine Ketten zu sprengen.
    Sie und Alfred stapften durch den düsteren Park, auf schmalen Wegen, die im Sommer gern von Liebespaaren benutzt wurden, um ein wenig ungestört zu sein. Jetzt aber war hier nur Stille, die Lautlosigkeit des Schnees, wenn der über die Äste der Tannen rieselte. Manchmal erklang das schnelle Huschen eines Tieres. Alfred ging im grüblerischen Schweigen dahin. Er würde sie die zwanzig Minuten Weg bis Fulesbuttel begleiten. Das war gut.
    »Hast du ihm die Warnung überbracht, Alfred?«, fragte Liesel in das Schweigen und den Schnee.
    »Sonst würde er jetzt wohl in Graubergens berüchtigter Kammer aus schwarzem Glas stecken, oder. Ich frage mich, wie die ihn so schnell gefunden haben, diesen Lord aus England.«
    »Irgendetwas stimmt hier nicht«, sinnierte Liesel und zog den Schal enger. »Meinst du, noch jemand außer uns überwacht ihn? Hat vielleicht die gleiche Ahnung wie wir?«
    »Das wäre bös'«, brummte der Wirt. »Zuviel Köche verderben bekanntlich den Brei. Am Ende des Tages möchte ich diesen Humberstone lieber auf unserer Seite wissen.«
    In Gedanken brütend gingen sie weiter.
    Als sie an einem kleinen Friedhof vorbeikamen, blieb Liesel stehen.
    »Ich möchte noch einen Moment bei Vater beten, Alfred. Du kannst ruhig gehen, es sind nur noch ein paar Schritte zur Wohnung.« Der Bär von einem Mann drehte sich herum und beäugte misstrauisch die Straße. Nur wenige Laternen brannten hier, aber der weiße Schnee gab genug Helligkeit ab und düstere Gestalten oder gar Rabenmänner waren nicht auszumachen. Es waren wirklich keine hundert Meter mehr bis zu den Mietshäusern. Der Wirt übergab ihr die Berechnungen von Eerik, dem Wikinger. Sie wusste, was sie damit tun sollte. Sie steckte sie in ihren Mantel, obwohl ihr gar nicht wohl dabei war.
    »Gut, aber geh' rasch nach Hause, Liesel. Dieser Tage ist mir mulmig zumute.« Er drückte sie kurz und etwas linkisch, dann ging er den Weg zurück, den sie gekommen waren.
    Das schmiedeeiserne Tor klemmte, war von der

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