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Das Loch in der Schwarte

Das Loch in der Schwarte

Titel: Das Loch in der Schwarte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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Butterkreis zu sehen, der ganz, ganz langsam in den Schlund hinunterrutschte – reines, glänzendes Gold.
    Es ging nur darum, dort ranzukommen. Die Konstrukteure schusterten eine Neutronenhaubitze zusammen, inspiriert von den tödlichen Waffen, die im letzten galaktischen Krieg benutzt worden waren. Damit zielte man auf den Goldrand und bombardierte ihn mit vollem Erfolg. Der ultradünne Neutronenstrahl traf das Metall, dass es zischte und einen luftigen Gold-Neutronenschaum bildete, um einiges leichter als die Umgebung. Die Gravitation verlor ihre Kraft, und wie ein glänzendes Soufflé, ein Darm goldener Seifenblasen, schwebte der Goldschaum in einem langen Strom aus dem Schlund herauf und konnte eingefangen werden.
    Man konnte es vor sich sehen. Die Grubenarbeiter, die auf der Plattform standen, in ihre zirkoniumgeschweißten, gepanzerten Overalls gekleidet, um von der Anziehungskraft nicht in Stücke gerissen zu werden. Sie angeln von der Plattform aus nach dem Goldschaum oben am Rand und saugen ihn wie eine Rauchsäule ein. Ein teures, dichtes Parfüm, das aus dem brüllenden Schlund des Untiers aufsteigt. Der geringste Missgriff kann schicksalsbestimmend sein. Alle erinnern sich an den Regeltechniker, der an der Sicherheitsbarriere stolperte. Er schrie vor Grauen ins Funkgerät, bevor die Overallsäume platzten und sein Körper schnell zu einer Angelschnur lang gezogen wurde, ein roter, feuchter Bindfaden.
    Man balanciert am Abgrund entlang. Zirkuliert wie ein Lotsenfisch um das große, alles verschlingende Saugmaul des Universums herum. Die Schicht ringt mit den Reglern, der Goldschaum fließt in den Kollektor, ein roter Widerschein steigt von den Hochöfen im Herzen der Plattform auf, Lastschiffe legen an den verbeulten schwarzen Rohmetalltonnen dort draußen in der Dunkelheit an und ab. Alle sind aufs Äußerste angespannt. Man arbeitet ständig am Rande seiner Kraft, die Schwerkraft zerrt an den verstärkten Schweißnähten, Platten werden auseinandergezogen, Verbindungen und Rohrmuffen werden leck. Ständiger Alarm, Warnlampen, wieder mit Dosimeter und Werkzeugkasten ausrücken, keuchende Anstrengung hinter beschlagenem Visier. Der Geruch nach Schweiß, Batteriemetallen und Ozon.
    Bei all diesem zeichnet sich plötzlich eine Feuerfliege ab. Tief unten im Schlund. Ein kleiner, flakkernder Lichtpunkt, der sich nach oben zu bewegen scheint. Sie steigt auf wie eine Kohlensäureblase in einem hohen Champagnerglas, offensichtlich vollkommen unbeeindruckt von dem Inferno um sie herum.
    Der Punkt wird größer. Wird zu einer Federmükke, einer schwebenden Taube. Weiß und fast durchsichtig schwillt er zu einem Zeppelin an, dabei jedoch deutlich weicher in den Konturen. Amöbenartig und klebrig hebt er sich aus dem Mahlstrom heraus, nähert sich. Mit einem weichen Schmatzen erreicht er schließlich die Plattform der Erzgewinnung und setzt wie ein zitternder Wackelpudding auf. Er ist vielleicht so um die sechzig Meter lang. Man kann Sektionen in ihm erahnen. Hohlräume, Blasen, leberfarbene Organe.
    Die Schicht steht wie versteinert da. Man lässt sein Werkzeug fallen. Der Wahnsinn ist gekommen, die Geisteskrankheit. Man starrt den Rotzklumpen an, groß wie ein mehrgeschossiges Wohnhaus.
    Im nächsten Moment öffnen sich die Häute. Aus der Zellenwand heraus schlängeln sich große Larven, fette, bräunliche Robbensäcke. Sie reihen sich vor dem Kollektor mit seinen gekrümmten Kranarmen auf und versuchen offensichtlich mit ihm zu kommunizieren. Erst jetzt kommt wieder Leben in die Arbeiter. Eilig holen sie den Container mit der Aufschrift »Externe Lebensformen« hervor und bekommen den Translator in Gang, der das leise Piepsen der Robbensäcke einscannt. Dann vergleicht er es mit den Millionen von Sprachen, die einprogrammiert sind. Keinerlei Übereinstimmung. Da versuchen sie es mit dem Allereinfachsten: Binäre Basiskommunikation. Die Fremdlinge ziehen einen Schleimstrang aus ihrem Fahrzeug und verbinden ihn mit dem Translator. Nach einer ganzen Weile, während der die Daten ausgetauscht werden, einigt man sich auf eine primitive Computersprache, die beide dechiffrieren können.
    Die erste Äußerung kommt von den Besuchern. Ihre Bemerkung ist kurz und treffend:
    »Drei Treffer.«
    Der Befehlshaber der Plattform, der sich neben den Translator gestellt hat, nimmt an, dass es sich um eine Art von Begrüßungsfloskel handelt.
    »Euch auch einen guten Tag«, antwortet er.
    »Ihr Kohlenstoff.«
    »Wie

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