Das Locken der Sirene (German Edition)
Raum.
„Sie respektieren?“, schnaubte Thomas, sobald J. P. verschwunden war. „Wenn ich sie dafür bezahle, dass sie ihren Fuß auf meinen Rücken stellt, dann würde ich sie vielleicht respektieren.“
Zach stopfte die Papiere in seine Tasche. „Wie ich sehe, hat Mary recht“, bemerkte er ruhig.
„Inwiefern?“ Finleys Gesicht rötete sich.
„In Bezug auf deine Eifersucht. Tut mir leid, wenn du gedacht hast, der Job in L. A. stünde eigentlich dir zu. Die Tatsache, dass deine Reaktion auf meine Beförderung darin besteht, mir Dummejungenstreiche zu spielen, beweist doch nur, dass du deinen Job gar nicht verdienst. Schon gar nicht die leitende Position als Cheflektor. Das Verlagswesen ist nur etwas für Erwachsene, Thomas. Es würde schon sehr helfen, wenn du anfängst, dich wie einer zu verhalten.“
„Zach, der einzige Grund, warum man dir den Job in L. A. angeboten hat, war Mitleid. J. P. bekam Wind davon, dass deine Frau dich vor die Tür gesetzt hat. Immerhin musste sich von meinen Autoren noch keiner den Weg zu einem sechsstelligen Vorschuss hochschlafen.“
„Keiner deiner Autoren hat je einen sechsstelligen Vorschuss bekommen. Und Nora wird sich ihren Vorschuss genauso wie jeder andere Schriftsteller verdienen, mit dem ich zusammenarbeite. Indem sie nämlich ihr Herz aufs Papier bringt. Nora und ich schlafen nicht miteinander. Den Posten als Cheflektor habe ich bekommen, weil ich in unserem Job besser bin als du. Und diese Unterhaltung“, fügte Zach hinzu und versuchte sich an Thomas vorbeizuschieben, der ihm den Weg versperrte, „ist jetzt vorbei.“
„Ihr schlaft nicht miteinander? Ehrlich?“ Thomas zeigte sich entsetzt. „Lass mich raten: Sie ist nicht deine Preisklasse.“
„Du bist ein Kind, Thomas.“
„Und sie ist eine Prostituierte, Easton.“
Zach erbleichte. Er klappte den Mund auf, weil er laut protestieren wollte. Aber etwas hielt ihn auf.
Ein breites, bösartiges Grinsen breitete sich auf Thomas’ Gesicht aus.
„Zach, Zach, Zach – das hast du nicht gewusst? Nora Sutherlin ist die berühmteste Domina der Stadt. Ich vermute, sie hat dir bloß noch nicht die Rechnung für die Dienstleistungen geschickt, die sie bei dir vorgenommen hat.“
„Ich weiß, was sie ist. Was sie in ihrer Freizeit macht. Ihr Privatleben interessiert mich aber nicht.“
„Privatleben? Easton – es ist nicht privat, wenn man dafür Steuern zahlt. Sie macht’s für Geld. Sie ist eine Nutte. Muss ich dir das erst schriftlich geben, ehe du es mir glaubst?“
Zach schubste Thomas beiseite. Finleys höhnisches Lachen verfolgte ihn, als er den Korridor entlangstapfte.
Zach betrat J. P.s Büro. J. P. blickte aufmerksam hoch.
„Gib mir deinen Autoschlüssel, J. P.“
J. P. griff in seine Hosentasche.
„Was hat er gesagt?“
„Nichts, das ich wiederholen werde, solange ich es nicht von ihr gehört habe.“
Zach nahm die Schlüssel und wollte gehen.
„Easton! Vergiss nicht, du bist mein einziger Lektor, der den New Criticism praktiziert. Es geht nicht um den Autor, sondern nur ums Buch.“
„Es geht nie nur ums Buch“, gab Zach zurück und schlug J. P.s Tür laut hinter sich zu.
Nora schaute auf ihre handschriftlichen Notizen und begann wieder zu tippen. Sie wollte für heute Schluss machen, aber sie wusste, dass sie ihre Müdigkeit überwinden musste. Sie näherte sich der großen Krise in der Geschichte, und auch wenn sie sich darauf freute, diese sehr dramatische Szene zu überarbeiten, litt sie darunter, denn mit dieser großen Szene begann das Ende ihres Buches. Mehr als all ihre vorherigen Bücher war dieses zu ihrem Baby geworden. Das Baby von Zach und ihr. Sie liebte dieses Buch mehr, als sie jemals irgendetwas würde lieben können, das sie mit eigenen Händen erschaffen hatte.
Nora blätterte in den Notizen, aber dann verharrte sie mitten in der Bewegung. Jemand klopfte an die Tür. Das beharrliche Klopfen wiederholte sich. Wesley war noch an der Uni. Sie stand auf und ging zur Haustür.
Sie lächelte, als sie die Tür öffnete. Zach stand auf ihrer Veranda.
„Das wird doch jetzt nicht zu einer festen Angewohnheit, Zach?“, fragte sie. Es freute sie sehr, ihn zu sehen.
Doch Zach erwiderte das Lächeln nicht. Er starrte sie wortlos an und hob leicht das Kinn. „Wie viel schulde ich dir?“, wollte er wissen.
Noras Herz sank durch ihren Körper bis zu den Füßen. „Scheiße.“
„Mehr hast du nicht zu sagen?“, fragte er und betrat ihr Haus.
„Was willst du
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