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Das Löwenamulett

Das Löwenamulett

Titel: Das Löwenamulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schwieger
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Rennen gerade befindet.
    In der vierten Runde gingen drei Wagen zu Bruch, einer hatte die Wendemarken zu eng genommen, zwei andere stie-
    ßen auf der Geraden aneinander. Am Ende wurde es richtig knapp, sieben Wagen waren abgeschlagen, Agathon lag noch in Führung, doch der Weiße kam immer näher, hatte ihn 11

    schon fast eingeholt. Auf der Zielgeraden fegten die beiden dicht nebeneinander wie zwei Sturmwinde durch den Sand.
    Die Pferde glänzten vor Schweiß und rannten so schnell, dass ich ihre Beine nicht mehr auseinanderhalten konnte. Doch Agathon rettete seine Führung ins Ziel, er gewann mit einer halben Pferdelänge Vorsprung. Der Jubel in unserem Block war unbeschreiblich. Die Leute lagen sich in den Armen, einige hatten Tränen in den Augen vor Freude oder tanzten auf den Sitzen, andere machten sich mit einem zufriedenen Lächeln auf den Weg in Richtung eines der Wettbüros, die sich in den Bretterbuden vor dem Circus befanden.
    Nach der Siegerehrung gab es eine Pause. Unten auf der Rennbahn führten ein paar Spaßmacher ihre Kunststücke auf. Sie schlugen Saltos, ritten auf störrischen Eseln oder be-warfen sich gegenseitig mit Pferdeäpfeln. Delia und ich setzten uns wieder hin.
    »Hört zu, Kinder, wie gefällt euch das?«
    Delias Vater räusperte sich umständlich und las aus seiner Schreibtafel vor:
    »Nicht soll dir entgeh’n der Wettstreit vornehmer Pferde.
    Wer ein Liebchen sucht, findet im Circus sein Glück.«*
    »Klingt ein bisschen schwülstig«, befand Delia. »Was soll das werden?«
    »Was meinst du, Lycoris?« Ovid ignorierte seine Tochter und wandte sich mir zu. »Findest du es auch schwülstig?«
    * Zitat aus Ovids »Liebeskunst«, der Ars amatoria (Buch 1, Vers 135 f.). Der zweite Vers findet sich in heutigen Ausgaben nicht mehr. Offenbar auf Anregung der Mädchen hat Ovid ihn vor Herausgabe des Werks noch geändert in: »Viele Menschen gibt’s hier und viele Chancen darum.«
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    »Nun ja«, druckste ich, »das mit dem Liebchen klingt wirklich etwas, na ja, altmodisch.«
    »Du hast recht«, murmelte er und wandte sich seiner Wachstafel zu. »Die Stelle muss ich ändern. Was könnte man stattdessen …?« Er versank in seinen Gedanken.
    »Du darfst ihn jetzt nicht stören«, flüsterte Delia. »Ich kenne das. Lass ihn einfach schreiben.«
    Ich musste grinsen. »Sind alle Dichter so?«
    Delia zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht. Ich kenn nur meinen Vater. Und der war schon immer so. Aber solange er seine Gedichte gut verkauft, soll’s mir recht sein. Oh …!«
    Plötzlich breitete sich ein Strahlen auf Delias Gesicht aus.
    Ihre Wangen röteten sich. Ich wusste zunächst nicht, was mit ihr los war.
    »Schau mal da!«, flüsterte sie und zeigte über die Köpfe einiger Leute hinweg in die Reihen der Senatoren. »Das ist er.«»Wer?Wo?«
    Ich hatte keine Ahnung, wen sie meinte, und versuchte, der Richtung ihres Fingers zu folgen.
    »Na, da, neben unserem Nachbarn, dem Senator Metellus.«
    »Ich kenne euren Nachbarn nicht.«
    »Da, da, der dicke Mann mit dem kahlen Schädel.«
    Tatsächlich konnte ich etwa fünf Reihen vor uns den glänzenden roten Kopf eines älteren Mannes erkennen.
    »Was ist mit dem?«
    »Das ist unser Nachbar, Senator Metellus. Aber den meine ich nicht. Der Junge daneben! Von dem ich dir erzählt habe!«
    Jetzt sah ich den Jungen, der neben dem Senator saß. Er 13

    hatte lockiges braunes Haar, das ihm bis auf die Schultern fiel, war schlank und hoch aufgeschossen. Und im nächsten Moment war mir klar, wer das sein musste.
    »Ist das …?«
    »Ja, das ist er.« Delia schloss die Augen und nannte den Namen: »Myron!« Dann lehnte sie sich mit einem Seufzer zurück.
    Ich war zusammen mit meinem Vater nach Rom gekommen. Er handelte mit Papyrus und hatte hier einiges zu erledigen. Während er ein paar Tage in der Stadt unterwegs war und seine Geschäfte abwickelte, durfte ich bei meiner Freundin Delia bleiben. Ich hatte sie vor einem Jahr kennengelernt, ihre Familie besaß eine Ferienvilla in meiner Heimatstadt.
    Dort hatten wir im letzten Sommer viel Zeit miteinander verbracht und uns seitdem immer wieder Briefe geschrieben.
    Gleich nach meiner Ankunft hatte Delia mir von Myron erzählt, dem neuen Sklaven ihres Nachbarn. Ach was, erzählt – geschwärmt hatte sie! Myron hier und Myron da.
    Dabei kannte sie ihn gar nicht, hatte ihn nur ein paarmal gesehen. Und außerdem …
    »Er ist ein Sklave!«
    »Pah! Na und?« Delia verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Deine

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