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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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geschlafen haben, weil sie fürchteten, ihrer Aufgabe nicht gewachsen zu sein.« Er schaute Zacharias freundlich an und musterte ihn gleichzeitig. In seinem Blick schien die Fortsetzung zu liegen: Auch ich schlafe nicht, weil ich nicht weiß, ob es richtig ist, was ich tue. Ob wir es überstehen werden. »Denken Sie an diese Komitees der Dorfarmut. Die sollten den Mittel- und den Großbauern Druck machen, damit diese Nahrungsmittel abliefern, statt sie zu horten. Wenn wir ehrlich sind, dann war die Gründung dieser Komitees ein Fehler. Wir haben das Gegenteil von dem erreicht, was wir bezweckten. Ob die Sowjetmacht überlebt, hängt nicht davon ab, dass sie keine Fehler macht, sondern davon, dass sie aus jedem Fehler sofort die richtige Lehre zieht. Wir haben keine Zeit.« Den letzten Satz sagte er leise. Er trank einen Schluck Tee und wiederholte: »Wir haben keine Zeit.«
    Er stand auf, hängte einen Daumen ins Knopfloch seines knittrigen schwarzen Jacketts und ging ein paar Schritte. Er drehte ihnen den Rücken zu und schaute aus dem Fenster. Es war längst dunkel geworden. »Der Genosse Dserschinski hat Sie empfohlen für diesen Auftrag. Sie kennen Rosa Luxemburg, Sie sind Deutscher, Sie sind Bolschewik geworden hier bei uns, Sie sind intelligent. Was Ihnen fehlt, ist Erfahrung. Die kann man Ihnen nicht beibringen. Wir sind Ihnen nicht gram« – dieses Wort sagte er auf Deutsch –, »wenn Sie Fehler machen. Wir sind es nur, wenn Sie nicht daraus lernen. Wenden Sie sich in Berlin an den Genossen Radek, er wird Sie unterrichten. Aber denken Sie daran, Sie sind kein Untergebener des Genossen Radek. Sie sind nur an Weisungen des Genossen Dserschinski gebunden und an das, was Ihnen Ihr Verstand rät. Ihr Auftrag besteht aus drei Teilen: Erstens, finden Sie heraus, was Rosa Luxemburg vorhat; zweitens, schützen Sie die Genossin vor Anschlägen der Konterrevolution; drittens, schlagen Sie uns vor, wie wir die deutsche Revolution unterstützen können: Propaganda, Waffen, Geld. Wie würden die deutschen Arbeiter reagieren, stünde unsere Rote Armee an der deutschen Grenze? Diese Frage mag Ihnen utopisch erscheinen. Aber bedenken Sie, es gibt nichts Utopischeres als unsere Revolution. Jedenfalls, wenn man sich zwei Jahre zurückversetzt. Wenn die Revolution bald auch in Polen siegt, dann haben wir eine gemeinsame Grenze mit Deutschland. Die Dinge in der Ukraine werden wir bald bereinigen.«
    Dserschinski sagte nichts, obwohl Lenin den Auftrag für Zacharias weiter fasste, als der Tschekaleiter es getan hatte. Er war in sich versunken. Er hatte das alles schon oft gehört. Aber Zacharias beeindruckte es, wie Lenin seine Gedanken entwickelte, sachlich, ruhig und im Vertrauen darauf, dass er recht hatte. Er hatte an die Oktoberrevolution geglaubt, im Gegensatz zu einigen Mitgliedern des bolschewistischen Zentralkomitees, und er hatte recht behalten. Revolutionen geschehen nicht, die revolutionäre Partei macht sie. Die Revolution lässt sich datieren und planen wie die Offensive einer Armee an der Front. Es gibt revolutionäre Situationen, die kann man nutzen oder verstreichen lassen. Lenin hatte dazu einiges geschrieben.
    »Sie fürchten, die deutschen Genossen könnten eine revolutionäre Situation nicht ausnutzen?« fragte Zacharias.
    Lenin nickte und schaute ihn freundlich an. »Ich sehe, Sie verstehen, was ich meine. Genau das fürchte ich. Unter uns: Die Kommunisten in Deutschland sind ein kleiner Haufen ohne klare Linie. Die Unabhängigen Sozialdemokraten dreschen revolutionäre Phrasen und tun nichts, außer dass sie Millionen von Arbeitern an sich binden und zum Nichtstun verdammen. Die Mehrheitssozialdemokratie drischt auch revolutionäre Phrasen – die Sozialisierung marschiert! –, aber sie ist die Speerspitze der Konterrevolution. Ebert wollte sogar die Monarchie retten! Trotzdem ist die SPD aus den Wahlen zur Nationalversammlung als stärkste Partei hervorgegangen. Aber wir wissen, wie schnell die Stimmung der Arbeiter umschlagen kann, wenn es uns gelingt, Ebert und Scheidemann zu entlarven.«
    Seine Stimme wurde scharf, und Zacharias hörte seinen Hass. »Diese sogenannten Sozialdemokraten setzen Freikorpstruppen gegen revolutionäre Arbeiter ein. Im Baltikum bekämpfen sie die Sowjetmacht. Und trotzdem folgen ihnen die Arbeiter immer noch.« Ungläubigkeit lag in seiner Stimme. Er setzte sich wieder hin und goss sich Tee nach.
    Dserschinski blinzelte. Es schien, als hätte er geschlafen. Aber Zacharias

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