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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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überlegt, wie Sie nach Deutschland reisen können.« Er machte eine kurze Pause, dann sagte er: »Das ist der einfachste Teil Ihres Auftrags. Sie reisen als entlassener Kriegsgefangener über Riga. Von dort fahren Schiffe nach Kiel oder Hamburg. Eines wird Sie mitnehmen.«
    Zacharias lachte.
    Dserschinski schaute ihn stirnrunzelnd an, dann lachte auch er. »Sie haben sich wahrscheinlich überlegt, wie Sie im Kugelhagel polnischer Grenzer nach Deutschland robben.«
    »Ja, Genosse Dserschinski.«
    »Das ist typisch für unsere Bolschewiken. Sie sind verwegen und denken um drei Ecken. Wir haben Ihr Soldbuch verwahrt.« Er nahm es von einem Stapel auf seinem Schreibtisch, und Zacharias fühlte sich einen Augenblick, als kehrte der Krieg zurück. Zögernd nahm er das Buch. Dserschinski merkte es, aber er sagte nichts. Als Zacharias das Buch zum ersten Mal bekommen hatte, war er überzeugt gewesen, die Heimat zu verteidigen gegen Russen und Franzosen. Das sagten die Genossen in der Partei und in den Gewerkschaften. Er hörte zwar, Luxemburg, Liebknecht und wenige andere erklärten, Deutschland führe einen imperialistischen Krieg, aber Rosa war immer anderer Meinung als der Parteivorstand, und die Gewerkschaften hasste sie sowieso. Außerdem kam sie aus Russland, jedenfalls aus dem Teil Polens, der zu Russland gehörte. Sollten sie es zulassen, dass russische Soldaten in Berlin einmarschierten und französische in Köln?
    »Das Buch erinnert Sie an etwas? An Ihr früheres Leben?«
    Warum erriet Dserschinski immer, was Zacharias dachte? »Es erinnert mich an Fehler, an meine Leichtgläubigkeit. An den Anfang des Kriegs.«
    »Damals irrten fast alle bis auf den Genossen Lenin. Der hatte immer recht. Als er forderte, den Krieg in einen Bürgerkrieg zu verwandeln, als er die Revolution plante und als er den Frieden von Brest-Litowsk durchsetzte gegen die Mehrheit des Zentralkomitees. Wir haben das Glück, einen solchen Führer zu besitzen. Und die anderen revolutionären Parteien haben das Pech, solche Führer nicht zu besitzen.« Er schwieg eine Weile, und vielleicht betrachtete er vor seinem inneren Auge die Führer der Oktoberrevolution. Wer von ihnen könnte Lenin ersetzen? »Außer Rosa Luxemburg vielleicht und Leo Jogiches, wenn der nicht so ein Hinterzimmerrevolutionär wäre.«
    Er schaute Zacharias an. »Sie kennen Jogiches nicht, das ist kein Wunder. Er hält sich im Hintergrund. Man schaut auf Luxemburg, auf Liebknecht, vielleicht noch auf Clara Zetkin und Franz Mehring. Aber Jogiches kennt kaum einer. Dabei ist er der Organisator der Spartakusgruppe gewesen und jetzt der Kommunistischen Partei. Er ist, wie soll ich es sagen, der Gefährte der Genossin Luxemburg. Nein, nein, nicht so, wie Sie es vielleicht verstanden haben, das war früher einmal. Er ist das Korrektiv der Genossin Luxemburg und derjenige, der ihre Ideen verwirklicht. Man könnte auch sagen, der einzige, von dem sie sich was sagen lässt.« Er lächelte, offenbar erinnerte er sich an etwas.
    »Sie müssen wissen, die Genossin Luxemburg ist so klug wie uneinsichtig. Sie ist unbestechlich und von nichts zu überzeugen, das sie sich nicht selbst ausgedacht hat. Sie hat die polnische Sozialdemokratie programmatisch geprägt und war ihre herausragende Propagandistin. Sie kam nach Deutschland und war binnen kurzem eine Größe. Sie ist rastlos, eigensinnig, aber treu ihren Freunden gegenüber, wenn diese Rosas Vorrang anerkennen. Wenn Sie anfingen, sie von den Segnungen des Bolschewismus überzeugen zu wollen, dann würde sie Sie anhören und danach genüsslich in der Luft zerreißen. Sie hat den Revisionisten Bernstein in einer Weise verprügelt, dass der sich bis zu seinem Lebensende nicht erholen wird davon. Sie sollten diese Schriften lesen.«
    »Das gegen Bernstein habe ich gelesen und manches andere in der Parteipresse auch.«
    Dserschinski winkte ab. »Immerhin«, sagte er. Es klang, als freute er sich, keinem hoffnungslosen Fall gegenüberzusitzen. »Wir alle wissen, dass Bolschewismus und Diktatur die Garanten unserer Revolution sind. Die Genossin Luxemburg lehnt beides ab. Sie hat darüber im Gefängnis eine Schrift verfasst. Versuchen Sie zu verhindern, dass diese Schrift erscheint. Im Namen der Solidarität mit der russischen Revolution. Weil man dem Klassenfeind keine Munition liefert. Weil sie sich besser unterrichten sollte, zum Beispiel, indem sie nach Russland reist. Der Genosse Lenin würde sie gerne empfangen mit allen Ehren. Wir haben

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