Das Luzifer Evangelium
sind fertig. Wort für Wort, Zeile für Zeile hat er die Texte geschrieben und für die Nachwelt versteckt. Die Anleitung aus Gold, in der steht, wo sie seine sterblichen Überreste finden und alles, was er hinterlässt. Die Handschrift aus Silber, die seine Lebensgeschichte erzählt. Und die Kopie der zwei Texte, geschrieben auf Amphorium, das er von zu Hause mitgebracht hatte. Er hat die Schriften gut versteckt, in einer Pyramide bei einem Herrscher weit weg im ägyptischen Reich. Wie hieß er noch gleich? Es fällt ihm nicht mehr ein. Die vielen fremd klingenden Namen … Wann werden die Texte für diejenigen, die sie lesen werden, einen Sinn ergeben? In tausend Jahren? Seine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. In zehntausend Jahren? Oder niemals? Sie sind so simpel, diese Menschen. So naiv, so einfältig, so unfassbar einfältig. Und gefährlich. Für sich selbst. Und andere.
Was wird die nächste Gruppe in fünftausend Jahren erwarten? Nach allem, was er selbst erlebt hat, ist es nicht auszuschließen, dass die Menschen sich bis dahin selbst ausgerottet haben. Sie sind gewalttätig. Kriegerisch. Voller Hass. Vielleicht würde Wissen sie friedlicher machen? Mit der Zeit. Man darf ja hoffen, denkt er.
Er geht hinein, entzündet die Fackel und betätigt die schweren Kurbeln, die die Tür schließen, legt die Riegel vor und aktiviert die Versiegelung. Er wird eins mit der Stille und der Dunkelheit. Langsam schlurft er durch die Halle zu dem Steinsockel mit der Bettstatt. Als der Tempelturm gerade gebaut worden war und die Menschen ihn ihnen zu Ehren einweihten, war er gemeinsam mit zweihundert anderen seiner Rasse dort eingezogen …
Mit einem unterdrückten Stöhnen setzt er sich auf das Bett. Er legt sich hin und streckt sich aus. Faltet die Hände über der Brust.
Nach Hause … Er liegt da und starrt in die Dunkelheit. Dann schließt er die Augen.
Heute Nacht, denkt Oûäh.
e-nu-ma-e-liš la na-bu-ú šá-ma-mu
šap-liš am-ma-tum šu-ma la zak-rat
Als droben die Himmel noch nicht existierten
[nicht genannt waren]
Als unten die Erde noch nicht erschaffen war
[keinen Namen hatte]
DER BABYLONISCHE SCHÖPFUNGSMYTHOS ENUMA ELISCH
Da fiel ein großer Stern vom Himmel,
der brannte wie eine Fackel …
DIE OFFENBARUNG DES JOHANNES, KAP. 8, VERS 10
Dank
Ich danke meinem Verlagsredakteur Øyvind Pharo und unseren Mitlesern Egil Birkeland, Arnstein Bjørkly, Åse Myhrvold Egeland, Eva Christine Kuløy, Alexander Opsal, Kari Spjeldnæs und Trygve Åslund. Dank auch allen guten Geistern vom Aschehoug forlag und bei der Aschehoug Agency. Einen Dank an Vegard Egeland, Leif Gjerde, Kristin S. Kvisvik, Gisli Sigurdsson, Sotirios Souliotis und Paula Stevens für fachliche Tipps.
Das Luzifer Evangelium ist ein Roman – ein Gedankenspiel in der Grauzone zwischen Realität und Fiktion, Fantasie und Mythologie. Leser, die die Themen des Buches weiter vertiefen möchten, finden auf meiner Homepage eine Literaturliste, Links und weitere Informationen: www.tomegeland.no
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