Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
das Kuchenbüfett zusammengestellt, als die Tochter unseres Kommandeurs ihre Konfirmation gefeiert hat.«
»In der Kaserne?«
»Im Offizierskasino. Das machen die öfter. Ist ja viel billiger. Die Ordonnanzen kosten nichts, Geschirr ist alles da, die Köche werden abkommandiert zum freiwilligen Einsatz und kriegen einen Kasten Bier, nur die Zutaten bezahlt der Gastgeber, und da hat er auch noch seine preiswerten Bezugsquellen.«
»Und du glaubst wirklich, du kannst eine richtige Torte backen?«
So ganz traute Tinchen dem Herrn Gefreiten nicht über den Weg.
»Wenn sie nichts wird, bezahle ich die gekaufte aus eigener Tasche«, versprach Urban und scheuchte die Zweifler aus der Küche.
»Ich brauche nur eine Stunde, aber in dieser Zeit wünsche ich nicht gestört zu werden. Kreative Tätigkeit erfordert höchste Konzentration.«
Tinchen staunte wirklich, als sie die beiden Obsttorten mit dem künstlerisch gestalteten Eiweißguss sah. »Wie hast du den bloß so gleichmäßig braun gekriegt?«
Er setzte seine Verschwörermiene auf. »Wenn du es nicht weitersagst – mit der Lötlampe!« Jetzt wusste sie wenigstens, weshalb er sich jegliche Hilfe verbeten hatte.
Oben wurde geräumt. Julias Kinderbett verschwand auf den Boden, das übrige Mobiliar kam wieder an seinen ursprünglichen Platz. Im Schlafzimmer zog Tinchen die Betten ab. »Wozu eigentlich? Wir könnten heute Nacht noch darin schlafen. Gisela und Fabian benutzen doch sowieso getrennte Zimmer.«
»Vielleicht hat sich ihr Liebesleben wieder eingependelt. Amerika gilt doch nicht umsonst als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Ist das hier mein Pullover?« Florian packte.
»Nein, der gehört Urban. Und der blaue da im Koffer ist Rüdigers.«
»Wie kommen die bloß alle in meinen Schrank?« Er drehte ein paar olivgrüne Socken hin und her. »Die sehen mir eigentlich auch nach Bundeswehr aus. Weißt du was? Mach das lieber selber!« Er schloss die Schranktür. »Ich gehe inzwischen Blumen holen.«
»Kannst du nicht welche im Garten pflücken?«
»Um Himmels willen, die hat Herr Biermann alle gezählt.«
Florian überließ das Feld seiner Frau. Langsam reichte ihm das Theater um seine heimkehrende Verwandtschaft. Sechs Monate Abwesenheit, was bedeutete das schon? Das Haus stand ja noch, die Kinder lebten alle, sogar der Garten zeigte sich in beinahe alter Schönheit. Der neu eingesäte Rasen war auch schon zu sehen – Rasen? Hatte Herr Biermann nicht gesagt, der müsse noch einmal geschnitten werden? Florian sah auf die Uhr. Halb elf. Wenn er gleich anfinge, könnte er um zwölf fertig sein, aber dann hatte die Friedhofsgärtnerei zu. In Steinhausen hielt man sich nicht so genau an die Ladenöffnungszeiten, samstags schon gar nicht. Und warum sollte überhaupt er schon wieder dieses verdammte Grünzeug mähen, das könnte auch ein anderer machen. Also begab sich Florian auf die Suche nach jemandem, dem er diese Arbeit delegieren konnte.
Kurz darauf erschien Rüdiger grinsend im Schlafzimmer. »Du, Tinchen, dein Alter ist sauer.«
»Das ist er schon den ganzen Tag. Und warum diesmal?«
»Beinahe hätte er mir eine gescherbelt, bloß weil ich ihm mal fünf Euro fürs Rasenmähen angeboten habe.«
»Zum Billigtarif arbeitet er auch nicht«, lachte sie. »Komm, mach mal den Koffer zu! Die Kisten hier könntest du schon in die Garage bringen, wir wollen morgen gleich nach dem Frühstück abrauschen.«
»Warum diese Hektik? Die Kartons stören doch keinen. Außerdem habe ich jetzt keine Zeit, ich muss wenigstens meine Bude durchharken, sonst flippt Mutter aus. Die hofft doch, du hättest mir inzwischen Ordnung beigebracht.« Einen Moment druckste er herum, dann ging er auf Tinchen zu und nahm sie in den Arm. »Was ich noch sagen wollte – ihr beide wart ganz große Klasse! Danke schön!« Als hätte er schon zu viel gesagt, stürzte er aus dem Zimmer.
Draußen knatterte der Rasenmäher. Sie lief zum Fenster. Urban, der liebenswerte, hilfsbereite, immer gut gelaunte Bengel mit dem vorlauten Mundwerk hatte sich mal wieder erbarmt. Er wird mir fehlen, dachte sie. Alle werden mir fehlen. Auch Melanie, die eigentlich erst in den letzten Wochen zutraulich geworden war, manchmal ihr Herz bei Tinchen ausgeschüttet und sie als Freundin und nicht mehr als Störenfried betrachtet hatte. Und Rüdiger natürlich, dieser halb fertige Mann mit dem Kindergemüt. Was hatte er noch gestern zu ihr gesagt? »Ich bin ja so froh, dass du mir zugeredet hast, die
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