Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
Florian, nachdem er das Etikett der Konservendose studiert hatte. »Gib mal den Büchsenöffner her!«
»Der ist abgebrochen, und ich habe vergessen, einen neuen zu kaufen. Aber das ist nicht so schlimm. Du musst erst mit dem Hammer und einem Nagel ein paar Löcher in den Rand schlagen, dann kann man den Deckel einfach mit der Kombizange hochziehen.«
»Ist das dein Patent?«
»Nein, das stammt aus Karstens Repertoire für Campingreisende.«
Florian machte sich an die Arbeit. Als er vor acht Jahren das Fräulein Ernestine Pabst zum Altar geführt und gelobt hatte, in guten wie in schlechten Tagen ein treusorgender Gatte zu sein, hatte er allerdings nicht geahnt, dass seine Sorge sich in erster Linie darin erschöpfen würde, seine kleine Familie vor dem Verhungern zu bewahren. Und das hatte nichts mit dem finanziellen Aspekt zu tun. Als Redakteur des Düsseldorfer Tageblatts verdiente er zwar keine Reichtümer, aber er hatte ein geregeltes Einkommen, das er durch gelegentliche Artikel über Kindererziehung für eine Fachzeitschrift noch aufstockte. Der Traum, ein ganzes Buch über dieses Thema zu schreiben und sich darin hauptsächlich mit der Psychologie von Teenagern zu befassen, musste er notgedrungen noch etwas zurückstellen. Seine bevorzugten, weil einzigen Studienobjekte in Gestalt seiner beiden Nachkommen hatten das erforderliche Alter noch nicht erreicht, und eine Abhandlung über das Phänomen, weshalb Kinder niemals um eine Regenpfütze herumgehen können, würde bestenfalls ein Kapitel des geplanten Buches füllen können. Also war Florian bestrebt, seinen Nachwuchs zunächst einmal vor den Folgen unzulänglicher Ernährung zu bewahren und das häufige Konservenfutter durch eigenen Kochkünste abzuwandeln. Die allerdings stammten noch aus seiner Junggesellenzeit und bestanden im Wesentlichen aus Variationen in Ei oder sehr gehaltvollen Soßen auf der Basis von Rotwein und Sherry. Sie schmeckten auch den Kindern, waren aber von Tinchen mit dem Hinweis auf den zunehmenden Jugendalkoholismus vom Speisezettel gestrichen worden.
Florian hatte Kochbücher angeschleppt. Größtenteils hatte es sich hierbei um Rezensionsexemplare gehandelt, die er lobend besprochen und dann in der häuslichen Küche aufgereiht hatte, aber viel genützt hatten auch sie nicht. Einmal musste er drei Tage hintereinander Risotto essen (»Da stand, dass man pro Person eine Tasse Reis nehmen soll, das hätte doch höchstens für zwei gereicht und nicht für vier«, hatte Tinchen hinterher behauptet.), ein anderes Mal hatte es eine halbe Woche lang täglich Nudelauflauf gegeben, weil sie die angegebenen Mengen großzügig aufgerundet hatte, und nun hatte Florian endlich beschlossen, seine Frau in einen Kochkurs für angehende Ehefrauen zu schicken. Der begann aber erst in zwei Wochen, außerdem fehlte noch Tinchens Einwilligung, die sich an der Beziehung »angehende Ehefrau« stieß, und bis der Kurs die ersten und hoffentlich genießbaren Ergebnisse zeitigen würde, kamen weiterhin Konserven oder kurz nach Ultimo auch mal tiefgefrorene Fertiggerichte auf den Tisch.
Natürlich hatte Florian damals gewusst, dass sein Tinchen vom Kochen keine Ahnung hatte. Woher denn auch? Sie hatte ihre Brötchen als Redaktionssekretärin verdient und später als Reiseleiterin in Italien, wohin er ihr im Urlaub nachgefahren war und sie noch rechtzeitig diesem eingebildeten Computermenschen ausgespannt hatte. Wie hatte der doch noch geheißen? Braun oder so ähnlich. Ach nein, Brandt war sein Name gewesen, Klaus Brandt aus Hannover. Ein geschniegelter Affe und eigentlich gar nicht der Typ Mann, auf den das damalige Tinchen Pabst geflogen wäre. Und trotzdem hätte sie sich beinahe mit diesem Menschen verlobt. Florian konnte das heute noch nicht begreifen. Zugegeben, er selbst war seinerzeit nur ein kleiner Lokalreporter gewesen, während dieser Brandt gerade seine Dissertation beendet hatte und sich wenig später den Doktorhut auf seine blonden Strähnen hätte stülpen können. Mehr verdient hatte er natürlich auch und eine Erbtante, die an der Riviera eine gutgehende Boutique besaß, aber deshalb heiratet man doch nicht gleich! Nun ja, er, Florian, hatte noch rechtzeitig dazwischenfunken und das Schlimmste verhindern können. Und damit Tinchen ihr spontanes Jawort auf dem Düsseldorfer Hauptbahnhof nicht doch wieder zurückziehen konnte – genau genommen hätte Florian ihr das nicht einmal verdenken können –, hatte er auf einer möglichst
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