Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff
vergangen, und die Ryan-Familie wartete auf Aurora, die sich bisher nicht hatte blicken lassen.
»Sie fühlt sich bei dem neuen Kindermädchen wohl«, interpretierte Kathleen die Situation.
»Ja«, pflichtete Grania ihr alles andere als überzeugt bei.
»Sie kommt schon her, wenn sie so weit ist. Kinder überstehen vieles, und Aurora ist stark.«
»Ja«, sagte Grania noch einmal.
Später am Abend klingelte Granias Handy. Es war Lindsay.
»Hallo«, begrüßte Grania sie, schloss die Küchentür hinter sich und ging ins Wohnzimmer, um ungestört zu sein. »Wie kommen Sie mit Aurora zurecht?«
»Ich dachte, gut, bis heute Nachmittag, als ich sie von der Schule abholen wollte. Sie war nicht da.«
»Was soll das heißen: Sie war nicht da?«
»Ihre Lehrerin sagt, sie hätte sie gerade noch auf dem Hof gesehen, und dann war sie plötzlich weg.«
»Himmel«, murmelte Grania und warf einen Blick auf die Uhr. Zehn vor sechs. Aurora war seit über zwei Stunden verschwunden. »Wo haben Sie gesucht?«
»Überall …« Grania hörte die Verzweiflung in Lindsays Stimme. »Kennen Sie ihre Lieblingsplätze? Ich hatte gehofft, dass sie bei Ihnen ist.«
»Nein, aber ich schaue im Haus und in der Scheune nach. Sie könnte unbemerkt über die Felder hergekommen sein. Ist Alexander da?«
»Er ist heute Nachmittag nach Cork City gefahren. Ich habe mehrmals versucht, ihn über Handy zu erreichen, doch er geht nicht ran.«
»Haben Sie schon an den Klippen nachgesehen?«
»Ja, keine Spur von ihr.«
Grania fragte Lindsay lieber nicht, ob sie auch einen Blick nach unten geworfen habe.
»Schauen Sie doch bitte im Haus und im Garten nach, während ich mich hier auf der Farm umsehe. Wenn Sie sie nicht finden, bleiben Sie, wo Sie sind, für den Fall, dass Aurora zurückkommt. Ich melde mich bei Ihnen, wenn ich sie entdecke oder eine Idee habe, wo sie sein könnte. Bis bald.«
Grania schickte Shane in die Scheune, während John im Land Rover die Felder um das Farmhaus absuchte. Kathleen rief vom Garten aus Auroras Namen.
Shane und Grania trafen sich im Hof. »Leider keine Spur von ihr«, teilte Shane Grania mit. »Das Hündchen ist auch nicht da.«
»Ach.«
»Glaubst du, Aurora hat es mitgenommen?«
»Gut möglich«, antwortete Grania. Nun konnte sie immerhin hoffen, dass Aurora mit Lily unterwegs war und nicht tot am Fuß der Klippen lag. »Ich fahre mit dem Rad den Klippenpfad entlang. Du könntest die andere Richtung nach Clonakilty übernehmen«, schlug Grania vor und setzte sich auf einen verrosteten Drahtesel.
»Wird gemacht«, versprach Shane und holte ein zweites Fahrrad. »Ich habe wie Dad das Handy dabei. Mam soll hierbleiben, für den Fall, dass die Kleine auftaucht.«
Zwei Stunden später trafen sich die Ryans wieder in der Küche. Keiner hatte eine Spur von Aurora entdeckt.
»Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen, wo sie sich verstecken könnte«, sagte Kathleen, die unruhig in der Küche hin und her lief. »Jesus, Maria und Josef! Wenn der Kleinen was passiert ist …«
»Sollen wir die Polizei informieren?«, fragte John.
»Lindsay sagt, sie hätte Alexander erreicht, der auf dem Heimweg von Cork ist. Ich finde, das sollte er entscheiden.« Grania wärmte sich die Hände am Herd.
»Möchte jemand Tee?«, erkundigte sich Kathleen.
»Ja, bitte, Schatz«, antwortete John. »Ohne Auto oder andere Beförderungsmöglichkeit können ein achtjähriges Mädchen und ein kleiner Hund nicht so weit kommen, oder? Irgendjemand muss sie gesehen haben. Ich bezweifle, dass sie Geld dabei hat. Vielleicht kehrt sie zurück, wenn ihr der Magen knurrt.«
»Das Hündchen wird es nicht allzu lange ohne Muttermilch aushalten«, meinte Shane.
Grania, die überlegte, wo Aurora sein könnte, hörte nur mit halbem Ohr zu.
Wenig später hielt Alexanders Wagen vor der Tür, und er trat mit fahlem, abgehärmtem Gesicht ein.
»Tut mir leid, dass ich so hereinplatze, aber Lindsay sagt, Sie suchen nach Aurora. Gibt’s Neuigkeiten?«
»Bis jetzt nicht. Wir haben überall nachgeschaut. Das sind übrigens meine Mutter, mein Vater und mein Bruder Shane«, stellte Grania Alexander ihre Familie vor.
»Schön, Sie kennenzulernen«, sagte Alexander. »Hat jemand eine Ahnung, wo sie stecken könnte?«
»Wir glauben, dass sie das Hündchen mitgenommen hat, also ist sie wenigstens nicht allein«, antwortete Shane.
Kathleen reichte Alexander eine Tasse Tee. »Mit viel Zucker, hilft in solchen Situationen.«
»Danke. Sie hat das Hündchen
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