Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Titel: Das Mädchen aus dem Meer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hohlbein
Vom Netzwerk:
Schmerz, Verwirrung und Furcht von den Schultern der Fremden nehmen, die wahrhaft Schreckliches erlebt haben musste, dass er sie so weit hier draußen, fast schon am Ende der Welt und ganz allein in den Fluten, aufgefunden hatte, lächelte sie sachte.
    »Das klingt kaum weniger kompliziert als bei mir zu Hause«, bemerkte sie.
    »Wo ist dein Zuhause?«, wollte Froh wissen. »Wie bist du hierhergekommen? Ich habe dein Boot nicht gesehen. Ist es gekentert? Oder bist du doch vom Himmel gefallen? Ich meine: Du siehst wirklich aus wie eine der Gottheiten, von denen der Medizinmann so oft spricht und denen meine Familie mehr Fische opfert, als ein ausgewachsener Wal fressen kann. Wie viele von deiner Art gibt es da, wo du herkommst? Und seid ihr auch Fischer?«
    Chita schwieg und betrachtete Froh einen Moment lang, in dem er sich plötzlich wieder sehr unsicher fühlte, voller Zweifel.
    »Du willst nicht mit mir reden«, interpretierte Froh ihr Schweigen und ihren Blick, den er nicht einzuordnen wusste, denn ihr fremdartiges Aussehen erschwerte es ihm, in ihrem Gesicht zu lesen. Er ließ die Schultern hängen, aber dann setzte sich Chita umständlich ganz auf, wrang sich das Salzwasser aus dem langen, goldenen Haar und sah nachdenklich an ihm vorbei auf die unendlichen Weiten des Meeres.
    »Wale fressen keine Fische«, sagte sie schließlich. »Und ich komme aus Cypria.«

2
    M ein Name ist Jamachita Mirano Kantamar aus der zwölften Generation der Kantamar-Dynastie. In meiner Sprache bedeuten meine Vornamen zusammen so viel wie »die kleine Mirano von Jama«. Mirano ist der erste Vorname meiner Mutter, und mein Vater ist der Faro von Lijm und Jama – das sind Inselstaaten vor dem Kontinent Cypria. Sie sind reich an Salpeter und Zink. Montania hingegen verfügt über große Mengen Sternensilber, und Romoh beliefert den ganzen Kontinent mit Baumwolle. So hat jeder irgendetwas, das der andere gut gebrauchen kann …
    Sternensilber?
    Das ist eine Art flüssiges Silber. Jetzt ist es wohl für immer verloren, aber es war jahrzehntelang das vielleicht wichtigste Gut unserer ganzen Zivilisation. Und eines der großen Geheimnisse, von denen ihr niemals hättet erfahren dürfen; zumindest nicht, wenn es nach dem Primitiven-Kodex ging. Nun schau nicht so beleidigt! Bestimmt birgt sogar eure einfache Welt Geheimnisse, von denen wir niemals erfahren werden. Nicht einmal ohne Kodex.
    Die sechs Herrscher – einer davon ist, wie gesagt, mein Vater – haben zu jeder Zeit streng darauf geachtet, dass unser Wissen nicht in die Ferne getragen wird. Obwohl … Wahrscheinlich sind es jetzt nur noch fünf, denn ich glaube nicht, dass Gormo die Welle überleben konnte. Dass ich sie überlebt habe, grenzt ja schon an ein Wunder. Und selbst wenn er sie überlebt hat, werden mein Vater und die vier anderen ihn aufspüren und töten, denn sie hatten schon vor Jahren einen Pakt gegen ihn, den Faro von Montania, geschlossen, um ihn zu stürzen. Als die Welle kam, war die Lage für ihn schon so gut wie aussichtslos. Sie wollten Montania einnehmen und Gormos Reich unter sich aufteilen, weißt du? Allen voran natürlich mein Vater, denn Lijm ist einer von zwei direkten Nachbarn gewesen.
    Dass Montania allein über das Sternensilber verfügte, so hatten sie immer behauptet, habe Gormo unverhältnismäßig großen Einfluss auf die Gesamtwirtschaft verliehen. Das kann man natürlich auch anders sehen, aber richtig ist immerhin, dass Sternensilber ein rares, kostbares Gut war, ohne dass bei uns zu Hause längst überhaupt nichts mehr lief. Ob es das wert war, einen Krieg dafür zu beginnen, der Zehntausenden Menschen das Leben gekostet hätte, sei dahingestellt.
    Ich meine: Wenn mein Vater all das Geld, das er in den Kampf um das Sternensilber gesteckt hat, in unsere Alchimisten investiert hätte, dann hätten sie sich vielleicht mehr ins Zeug gelegt, um etwas Vergleichbares zu entwickeln, das unsere Manas und Manis antreibt.
    Geld?
    Münzen aus Gold. Oder beglaubigte Besitzurkunden, die man gegen etwas anderes tauschen kann. Es ist viel leichter, ein Stück Papier mitzunehmen, um es zum Beispiel gegen ein Schiff zu tauschen, als etwa eine Salzmine an einem Ort abzutragen und an einem anderen wieder zu errichten, weißt du?
    Zuletzt hatten die Alchimisten jedenfalls schon mit Schwarzem Saft experimentiert, und das Mani, das sie darauf ausrichteten, legte eine halbe Tagesreise mit diesem neuen Antrieb zurück. Dann jedoch blieb es stehen, fing Feuer und

Weitere Kostenlose Bücher