Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)
schon, Hauptmann, ärgert mich nicht. Jetzt geht es zurück zu den guten alten Betrügermethoden«, sagte Isacco und rieb sich die Hände.
Inzwischen hatte Mercurio das Hospital verlassen und wollte zu Anna ins Haus, um sich von ihr zu verabschieden. Da entdeckte er auf der Schwelle ein Stück Pergament und hob es auf. In einer ungelenken Kinderschrift standen da nur zwei Worte: BENEDETTA WARS.
Mercurio warf einen raschen Blick auf die Pappelreihen. Im letzten rötlichen Licht des Tages bemerkte er einen dunklen Schatten, der sich schnell hinter einem Baumstumpf verbarg.
»Verschwinde, Zolfo!«, schrie er.
Er knüllte das Blatt zusammen und warf es wütend auf den Boden.
»Was ist los?«, fragte Anna, die hinter ihm in der Eingangstür aufgetaucht war.
»Ach, nichts«, sagte Mercurio finster und warf noch einen Blick zu den Pappeln hin. »Nur so ein Straßenköter.«
»Pass auf dich auf«, sagte Anna und strich ihm liebevoll über den Kopf.
Mercurio lächelte und war im Begriff zu gehen. Doch dann hielt er kurz inne und küsste sie unbeholfen auf die Wange, ehe er mit hochrotem Gesicht davonrannte, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Anna sah ihm gerührt nach und ging dann zurück ins Haus.
Zolfo hingegen hatte sein Versteck hinter einem Brombeergestrüpp verlassen. Er wollte Mercurio gerade hinterhergehen und ihn bitten, ihn bei sich aufzunehmen, als er hinter einer Pappel eine dunkle Gestalt mit einer tief ins Gesicht gezogenen Kapuze auftauchen sah. Sofort versteckte er sich wieder. Er sah, dass der Mann mit der Kapuze Mercurio zum Kanal folgte. Misstrauisch geworden, ging er ihm nach.
Zolfo beobachtete, wie Mercurio zu Tonio und Berto ins Boot stieg und der Mann mit der Kapuze sich ins Gebüsch aus Schilf und Binsen duckte und dann an Bord eines leichten kleinen Kahns wieder auftauchte.
Zolfo ging näher an den Kanal heran.
Plötzlich blies ein Windstoß der schwarzen Gestalt die Kapuze vom Kopf.
Zolfo gefror das Blut in den Adern. Er sprang vor, lief so schnell er konnte bis zu einer schwankenden Holzbrücke und kauerte sich darauf. In diesem Augenblick fuhr der Kahn, der Mercurio folgte, darunter hindurch. Zolfo war keine fünf Schritt weit von dem Mann entfernt, der dort ohne den Schutz seiner Kapuze ruderte.
»Nein …«, flüsterte Zolfo starr vor Entsetzen, als er den Mann erkannte. »Wie kann das möglich sein …« Der Mann in dem Kahn wandte sich um und sah nach oben zu der kleinen Brücke.
Für einen Augenblick begegneten sich ihre Blicke. Zolfo befürchtete, dass der andere ihn erkannt hätte. Doch dann wurde ihm bewusst, dass der ihn durch die Holzbalken nicht gesehen haben konnte. Ihm hingegen war eine schreckliche Narbe in Form einer Münze am Hals des Mannes aufgefallen. »Du bist ja gar nicht tot …«, flüsterte er.
Sobald er den Mann in sicherer Entfernung wusste, kam Zolfo aus seinem Versteck hervor. Er rannte zu dem Kanal, weil er Mercurio warnen wollte, doch dessen Boot war schon weit draußen auf dem Wasser.
Zolfo rannte mit hämmerndem Herzen zurück zum Hospital. Atemlos trat er ein und lief zu Lanzafame und Isacco.
»Ich muss mit Mercurio sprechen!«, keuchte er mit weit aufgerissenen Augen. »Ich muss mit Mercurio sprechen!«
Lanzafame und Isacco sprangen auf. Isaccos Gesicht war eingeseift, und Lanzafame hielt ein Barbiermesser in der Hand.
Einige Huren wollten schon eingreifen, doch Isacco hob abwehrend die Hand.
»Ich schwöre Euch … Er ist in Gefahr!«
»Und warum?«, fragte Lanzafame misstrauisch. »Sag es uns, wir werden es ihm ausrichten.«
In Zolfos weit aufgerissenen Augen stand blankes Entsetzen, er war so verwirrt, dass er nicht klar denken konnte. »Nein …«, stammelte er, »das könnt Ihr nicht.«
»Verschwinde, Junge!«
»Aber … Er ist in Todesgefahr!«
»Warum?«, fragte Lanzafame barsch.
»Weil dieser Jude …«, begann Zolfo stotternd.
»Was erzählst du uns da für einen Unsinn?«, knurrte Lanzafame wütend und ging drohend einen Schritt auf ihn zu.
»Nein, wartet …«, sagte Zolfo, wich zurück und streckte die Hände flehend nach dem Hauptmann aus.
»Verschwinde!«, sagte Lanzafame noch einmal drohend.
»Sagt ihm … der Jude aus Rom … der ist nicht …«, keuchte Zolfo immer noch. Er blieb stehen und schüttelte verzweifelt den Kopf. »Bitte, ich muss ihm das selbst sagen, Ihr könnt das nicht verstehen.«
»Wer schickt dich, dieser Mönch oder der Kommandant der Wachen?«, fragte Lanzafame verächtlich.
Zolfo schüttelte
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