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Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Titel: Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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und scheint zum Scherzen aufgelegt zu sein. »Wisst ihr nicht, dass eine Lüge rund sein muss wie ein Fußball? Sonst wird sie sofort durchschaut.«
    Die Frauen wechseln einen vielsagenden Blick. Das Essen hat in Wirklichkeit Tubai gekocht, und erst als das Familienoberhaupt nicht mehr weit von der Haustür war, wurde er aus der Küche entlassen. Mendy hat sich dann rasch die Schürze umgebunden, um dem Vater die fleißige Köchin vorzuspielen, als er in die Wohnung kam.
    Da der Mann sie durchschaut, erzählen ihm die Frauen ein Märchen. Der Küchengott habe bemerkt, dass er im Gefängnis gelitten habe, und ihm etwas Gutes tun wollen. Michael habe mit eigenen Augen gesehen, wie er himmlische Gewürze in die Töpfe gestreut hat. Am Ende müssen sie selbst lachen.
    Boss Guan lässt es gelten. Nach drei Schalen Suppe fühlt er sich so wohl, dass er sich von seiner Familie anstecken lässt und gutmütig mitlacht. »Ihr müsst den guten Koch nicht vor mir verstecken«, sagt er.
    Nach dem Essen setzt Boss Guan sich aufs Sofa. Ehefrau Yeye beschäftigt sich mit Sohn und Küche. Mendy setzt sich zu ihrem Vater.
    »Papa, du brauchst jetzt Ruhe für deine Genesung. Willst du die Strahlende Perle nicht mir überlassen?«
    »Wozu brauchst du ein Restaurant, wenn du in ein paar Tagen die Arbeit bei deiner Bank aufnimmst? Das Restaurant wäre für dich doch nur ein Klotz am Bein.«
    »Papa, als ich dich vertreten durfte, habe ich mich ganz wohlgefühlt. Und ich habe das Restaurant auch nicht schlecht geführt, nur mit dem …« Ihr fällt ein,dass sie heute lieber kein unheilvolles Wort wie »Konzert« oder »Brand« in den Mund nehmen sollte, und sie bricht den Satz ab. »Papa, ich glaube, ich habe Talent fürs Geschäft. Ich möchte mein Glück mit der Strahlenden Perle versuchen.«
    »Du bist nicht der Typ fürs Restaurant«, meint der Vater und wendet sich von der Tochter ab. Weitere Erklärungen gibt er nicht ab.
    »Papa, du hast sowieso kein Interesse mehr an dem Restaurant. Das habe ich schon gemerkt. Ich will, dass die Strahlende Perle bald wieder geöffnet wird. Ich habe sogar einen richtigen Koch.«
    »Meinst du Tubai?«
    Mendy gibt keine Antwort. Da ihr Vater sich müde zurücklehnt, kniet sie sich aufs Sofa und massiert ihm die Schultern.
    Yeye hat einiges von dem Vater-Tochter-Gespräch mitgekriegt. Ihr fällt etwas ein. »Ach«, sagt sie, »das habe ich fast vergessen. Boss Hong will das Restaurant auch haben. Ich habe ihm gesagt, die Entscheidung liege in deiner Hand. Aber wir werden ihm natürlich entgegenkommen, nicht wahr?«
    Mendy starrt Yeye an, als wäre sie eine glitschige Schnecke. Dann macht sie eine eigenartig obszöne Geste: Sie hebt zwei Finger ihrer linken Hand an die Nase und schnuppert angewidert daran. Yeye wird blutrot und wendet sich hastig ab.
    »Der Goldene Drache soll zu mir kommen, wenn er das Restaurant haben will«, sagt Boss Guan gleichgültig. »Halte dich nun von ihm fern.«
    Wortlos verschwindet die Ehefrau in der Küche. Nurdas etwas zu laute Klirren des Geschirrs zeigt ihre Unzufriedenheit.
    Boss Guan wendet sich seiner Tochter zu. »Tubai ist ein Asylant und darf hier nicht arbeiten. Er wird uns eine Menge Ärger bringen. Ich habe ihn deshalb weggeschickt. Aber du hast ihn wieder zurückgeholt, nicht wahr? An der Suppe habe ich gleich gemerkt, wer hier in der Küche gekocht hat.«
    »Papa, Tubai ist der beste Koch, den wir je hatten. Und ich glaube fest daran, dass sein Asylantrag in diesem Jahr noch genehmigt wird. Er hat sieben Jahre gewartet, und die Sieben ist eine magische Zahl.«
    Der Vater pfeift durch die Zähne. »Eine Träumerin bist du immer noch. Und dazu noch von Kopf bis Fuß in deinen Koch verknallt. In diesem Zustand willst du Geschäfte machen?«
    »Wenn du mir nichts geben willst, möchte ich jetzt gehen. Und du sollst nicht mehr nach mir rufen. Denn ich werde dir keine Antwort geben.« Sie bricht die Massage ab und sucht nach ihren Schuhen. Tränen treten ihr in die Augen. Sie verbirgt es, indem sie den Kopf senkt.
    Der Vater verschluckt sich. Er hustet und tastet in der Tasche nach Zigaretten, findet aber nichts. »Wenn du so schnell aufgibst, wirst du nie eine erfolgreiche Geschäftsfrau werden«, sagt er und zieht die Tochter aufs Sofa zurück. »Du hast recht, du hast dein Studium hinter dir. Du bist jetzt erwachsen. Ich werde dich von nun an anders behandeln.« Er macht eine Denkpause. Mendy hält den Atem an.
    »Gut. Das Restaurant gehört dir ein Jahr

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