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Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Titel: Das Mädchen mit den Teufelsaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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«Das weiß ich nicht, mein Kind. Es kann sogar sein, dass sie gar nicht wiederkommt.»
    «Doch!» Rosamund stampfte trotzig mit dem Fuß auf den Boden. «Einmal noch muss sie kommen. Sie hat sich nicht von mir verabschiedet.»
    Ruppert sah seine Tochter eindringlich an. «Sie kann nicht, mein Schatz. Man hat sie eingesperrt.»
    Rosamund nickte. Sie war noch klein, aber es gab viele Dinge, die sie schon verstand, ohne dass die Erwachsenen sie ihr hätten erklären müssen. Sie hatte am Fenster gestanden und zugesehen, wie zwei Männer die Tonia am Strick die Gasse hinaufgeführt hatten.
    Sie streckte ihre Hand nach dem Vater aus. «Können wir zu ihr, wenn sie nicht zu uns kann?»
    Ruppert stand auf. «Ich werde sehen, was sich machen lässt. Aber jetzt hilf dem Dietrich und danach gehe zu deiner Mutter.»
    «Kommt das neue Kind bald?», fragte Rosamund.
    Ruppert schüttelte den Kopf. «Es dauert noch eine ganze Weile. Aber bis dahin musst du sehr lieb zur Mutter sein. Sie darf sich nicht zu sehr anstrengen, sonst schadet es am Ende noch deinem Geschwisterchen.»
    Wieder nickte das Kind ernsthaft, dann nahm es den Holzlöffel und rührte damit im Kessel.
    «Sagst du mir jetzt dein Geheimnis?», fragte sie den Gehilfen Dietrich, als wäre sonst nichts geschehen.
    Der Mann nickte. «Im Kessel befindet sich schon das ausgekochte Waid. Du siehst, die Flüssigkeit ist ganz blau. Jetzt geben wir Gummiarabikum, Tonerde, ein Viertelchen Leinöl dazu. Kräftig rühren. Ja, so ist es gut.»
    Rosamund hielt den Holzlöffel fest in beiden Händen und rührte, bis sie vor Anstrengung einen roten Kopf bekam.
    Dietrich nahm ihr den Löffel aus der Hand. «Genug gerührt. Die blaue Farbe ist fertig. Siehst du, welch schönen Ton sie hat? Jetzt zeige mir, ob du dir gemerkt hast, was Blaustein und Grünspan sind.»
    Rosamund hüpfte in die Höhe. «Weiß ich, weiß ich.» Sie trippelte zur Werkbank, holte zwei verschlossene Tongefäße und reichte sie Dietrich.
    «Fein. Jetzt kannst du dich an den Tisch setzen und auf die alten Papierreste malen. Wenn du magst, gebe ich dir nachher auch etwas von dem blauen Papp.»
     
    Am Abend brachte die Mutter sie zu Bett. «Erzählst du mir eine Geschichte, so wie Tonia es immer gemacht hat?»
    Lisbeth runzelte die Stirn. «Was hat das Zigeunerweib dir für Unsinn aufgetischt?»
    «Geschichten eben. Von Leuten, die durch die Welt ziehen und Abenteuer erleben. Von Männern, die gegen Drachen kämpfen, und von schönen Frauen, die in Burgen gefangen gehalten werden.»
    Lisbeth schürzte die Lippen, sah auf ihr Kind hinab. «Einen schönen Unfug hat sie dir da erzählt. Und jetzt sitzt sie selbst gefangen in einer Burg.»
    Lisbeth pustete die Kerze aus.
    «Eine Geschichte. Bitte.»
    Lisbeth trat noch einmal an das Kinderbett. «Hör auf mit diesem Zeug, sage ich dir. Das Zigeunerweib ist weg, und das ist für alle gut. Es gibt hier keine Geschichten mehr. Bald wirst du ein Schwesterchen oder ein Brüderchen haben, dann ist sowieso Schluss mit den Kindereien. Du wirst mithelfen müssen. Die Zigeunerin ist nämlich wegen dir weg.»
    Das Kind verstummte, drehte sich zur Wand und hielt die Luft an. Erst als die Tür hinter der Mutter ins Schloss fiel, wagte es zu atmen.
     
    Ein paar Tage später, die Mutter war zu Besuch bei ihrer Schwester in Kronberg, kam der Vater nach der Arbeit zu Rosamund. «Wasche dir das Gesicht und kämme dir die Haare. Wir gehen heute zur Tonia.»
    «In die Burg? Ins Gefängnis.»
    Der Vater seufzte. «Ja. Dorthin. Hole aus der Speisekammer ein paar schöne Äpfel, die nehmen wir der Tonia mit.»
    Das Kind strahlte, bürstete das Haar, richtete ihr Kleid, packte aus der Speisekammer alles, was in den Weidekorb passte, lief an der Hand ihres Vaters durch die Frankfurter Gassen, hüpfte vor Aufregung.
    Der Vater blieb stumm.
    «Was ist? Freust du dich nicht, die Tonia zu sehen?», fragte das Mädchen.
    Der Vater klebte sich ein Lächeln ins Gesicht. «Doch,natürlich. Ich wünschte nur, die Umstände wären anders.»
    «Was heißt das?», fragte Rosamund. «Was sind Umstände?»
    Aber der Vater schwieg, zog sie sacht vorwärts.
    Vor dem Gefängnis blieb Rosamund stehen. Sie hob den Kopf, sah bis zur Spitze des Turmes. In der Dachrinne saß ein großer, schwarzer Vogel und krächzte laut. Es gab ein paar schmale Fenster, eher Schlitze. Die unteren waren mit Eisengittern versehen, die oberen frei.
    Alles war still, viel zu still für eine Stadt, bis der Vater mit dem

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