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Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Titel: Das Mädchen mit den Teufelsaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Messingklopfer gegen die mächtige Holztür schlug.
    «Wer da?», rief eine bräsige Stimme von innen.
    «Ruppert Hoffmann, Weißbinder, gekommen, um Tonia Zigeunerin zu besuchen.»
    Rosamund spürte, dass der Vater ihre Hand stärker presste. Sein Gesicht kam ihr bleicher vor als sonst, die Lippen waren grau, und seine Augen glänzten, aber kein Leben war darin.
    Sie hörte, wie hinter der Tür schwere Riegel bewegt wurden. Es knirschte, kreischte, schließlich schwang die Tür einen Spalt auf.
    Der Vater und Rosamund schlüpften hinein. Hinter der Tür zog sich eine Treppe gewunden nach unten. Links daneben stand ein Tisch, darauf eine Kanne Wein, ein Laib Brot und ein Stück Speck. In einem Becken glühte Holzkohle vor sich hin. Rosamund merkte gleich, dass es hier im Turm viel kälter war als draußen. Sie fröstelte, rieb sich die Arme.
    «Wie lange willst du bleiben, Weißbinder?», fragte der Wachmann, dessen dicker Wanst über den Hosenbund hing.
    «Eine halbe Stunde, wenn es möglich ist.»
    «Dann gib mir einen Gulden. Das Kind soll so lange hier warten.» Er wandte sich an Rosamund. «Setz dich auf die Treppe. Halt die Füße ruhig und den Mund geschlossen, dann werden wir gut miteinander auskommen.»
    Rosamund sperrte den Mund auf, doch Vaters Hand legte sich blitzschnell darüber. «Ich möchte, dass sie mit mir kommt. Tonia Zigeunerin war ihre Kinderfrau. Das Mädchen hängt sehr an ihr.»
    Der Wachmann kicherte. «Hängen, das ist gut. Bald wird sie hängen. Und es ist zu wünschen, dass das Kind dann nicht an ihr hängt.» Er lachte scheppernd, und sein Gelächter hallte in den Mauern des Turmes, als rumple ein Leichenkarren über nasses Straßenpflaster.
    «Das kostet nochmal einen Gulden.»
    Seufzend kramte der Vater nach dem Geld.
    «Und jetzt zeig, was du in dem Korb da hast.»
    Der Wachmann wühlte darin herum, holte einen saftigen Schinken raus. «Der bleibt hier. Das Zigeunerweib kann ihn eh nicht beißen.» Er langte auch nach den Äpfeln und nach einem Hartkäsestück. Sogleich hieb er seine Zähne hinein. Er kaute, schmatzte behaglich. «Sag der deinen, sie kauft gute Ware ein. Viel zu schade für das Gesindel hier.» Wieder hieb er seine Zähne in den Käse und quakte mit vollem Mund. «Davon abgesehen, dass die meisten hier eh nicht mehr viel essen können.»
    Er setzte sich auf den Stuhl, ließ die Beine auf den Tisch krachen und wedelte mit der Hand in Richtung Treppe.
    Der Vater nahm das Mädchen wieder bei der Hand, stieg mit ihm die Treppe hinab. Mit jedem Schritt fror Rosamund stärker. Endlich kamen sie zu einem Gang, der nur von einer einzigen Pechfackel erleuchtet wurde. Flackernde Schatten tanzten an den feuchten Wänden. Rosamund packte die Hand ihres Vaters fester. Links und rechts des Ganges gingen Verliese ab, die mit fingerdicken Eisenstäben verschlossen waren. Von irgendwoher kam ein Stöhnen, anderswo gemurmelte Gebete.
    «Wo ist Tonia? Ist sie hier?»
    Der Vater nickte, dann rief er leise den Namen der Zigeunerin.
    «Hier bin ich.»
    Der Vater hastete den Gang entlang, Rosamund stolperte hinterher. Hinter dem dritten Eisengitter fanden sie Tonia.
    Rosamund erschrak und verbarg sich hinter ihrem Vater, betrachtete von dort ihre Kinderfrau. Das lange dunkle Haar war verfilzt, dunkle Ringen lagen unter ihren Augen. Ihr Mund war geschwollen und blutverkrustet. Als Tonia lächelte, sah Rosamund, dass ihr mehrere Zähne fehlten.
    «Wie geht es dir, Schönchen?», nuschelte Tonia.
    Das Mädchen begann zu zittern. «Du siehst so anders aus. Bist du es wirklich?», greinte sie.
    Der Vater gab ihr eine Kopfnuss. Darüber war Rosamund so erschrocken, dass sie zu weinen begann.
    «Sei still», herrschte sie der Vater an.
    «Lasst sie, Herr, sie hat Angst. Nehmt sie lieber in den Arm», sagte Tonia.
    Der Vater hockte sich hin, wiegte Rosamund in seinen Armen und sprach dabei weiter mit Tonia. «Wie sieht es aus? Hast du eine Chance?»
    Die Zigeunerin schüttelte den Kopf. «Es gibt Zeugen, die bestätigen, dass ich die Weberin verhext habe.»
    «Was genau haben die gesehen? Der Gerichtsschreiber sprach von einem Auge.»
    Tonia schluckte. «Ja, mir ist das Ochsenauge aus dem Korb gefallen. Mehr war da nicht.»
    «Und das Kreuz auf dem Boden?»
    Tonia zuckte mit den Achseln. «Ich muss es in Gedanken dorthin gemalt haben.»
    «Haben Sie dich gefoltert?»
    Tonia lächelte schwach. «Ein bisschen nur. Ich habe alles gestanden. Jetzt warte ich auf den Gerichtstag und auf das Urteil. Bald

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