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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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der Mittagshitze wegen nur in den Morgen- und Abendstunden reisen konnten und mehrere Male schwerer Gewitterstürme wegen Unterschlupf suchen mussten. Ansonsten war es, dem Herrgott sei Dank, zu keinen Zwischenfällen gekommen, ihr kleiner Tross war gut beschützt von einem guten Dutzend Reisigen, die bis auf die Zähne bewaffnet waren. Zu Sabinas Überraschung hatte man sie überall in den wirtembergischen Dörfern und Weilern mit Freudenrufen begrüßt, es musste sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen haben, dass die Herzogin auf Reisen war. «Es lebe die Herzogin, es lebe der Thronfolger Christoph», hatte man ihnen vom Wegesrand zugerufen, und: «Wirtemberg den Wirtembergern!» – was ihr anfangs Tränen der Rührung in die Augen getrieben hatte.
    Marie und der kleine Veith schienen die weite Reise nach München über alles zu genießen. Marie marschierte die meiste Zeit neben dem Wagen her, während ihr Junge auf demKutschbock vor Vergnügen in die Hände klatschte, wenn der Wagen mal wieder von einem Schlagloch ins nächste krachte. Sein Blick schweifte unablässig hin und her, schien alles in sich aufzusaugen, was er von der Welt sah. Kein Wunder, dachte Sabina. Hatte er doch wie ihr eigener Sohn sein bisheriges Leben hinter Burgmauern verbracht.
    Sie selbst hingegen war von Tag zu Tag ungeduldiger geworden, und ein Seufzer der Erleichterung entschlüpfte ihr, als der Truppführer erklärte, die befestigte Stadt hinter den Hügeln sei Nördlingen. Auf dem Weg hierher hatte sie beschlossen, ein zweites Mal am Bundestag teilzunehmen, auch wenn das ihre Ankunft in München um einiges verzögern würde. Hoffentlich war es noch nicht zu spät.
    Sie sah dem Reiter nach, der in Richtung Stadt davonpreschte, um ihre Ankunft anzukündigen. Als sie zwei Stunden später auf einer Wiese vor der Stadtmauer hielten, wurden sie bereits von einer Gruppe Männer erwartet. Sabina erkannte Wilhelm und, zu ihrer großen Freude, den jüngeren Bruder Ludwig, den sie schon so lange nicht mehr gesehen hatte. Noch dicker war er geworden, aber auf seinem Gesicht lag das gleiche fröhliche Grinsen wie eh und je.
    «Gut schaust du aus», begrüßte er sie. «Die schwäbische Luft scheint ja Wunder zu bewirken.»
    Dann umarmte er sie herzlich.
    «Hat die Versammlung schon begonnen?», fragte sie.
    «Nein», antwortete Wilhelm an Ludwigs Stelle. «Wir warten noch auf die kaiserlichen Gesandten.» Und dann, mit einem bösen Blick in Richtung Marie, die sich verunsichert im Hintergrund hielt: «Warum hast du die Bauernmetze mitgebracht?»
    «Sie heißt Marie und bleibt bei mir. Als Kindsmagd oder Kammerjungfer, nenn es, wie du willst.»
    «Jetzt komm.» Ludwig nahm sie beim Arm. «Du hast sicher einen Bärenhunger, ich hab ihn auch, und Sehnsucht nach einem richtigen Bett. Wir haben leider nur ein bescheidenes Quartier in einem Bürgerhaus für dich, kannst dir ja denken, wie überfüllt die Stadt in diesen Tagen ist. Aber für eine Nacht wird es schon reichen.»
    «Ich bleibe nicht nur für eine Nacht. Ich will am Bundestag teilnehmen.»
    Erstaunt sah Ludwig sie an. «Ich dachte, du willst so schnell als möglich weiter nach München? Der Beginn unserer Versammlung kann sich noch um Tage verzögern, um Wochen sogar.»
    Wilhelm zog sie beiseite. «Hör zu, Sabina. Dein beherztes Auftreten beim letzten Mal in allen Ehren – aber diesmal könntest du damit mehr zerschlagen als bewirken.»
    «Das lass nur meine Sorge sein.»
    «Vertraust du uns denn nicht? Hast du vergessen, wie Eck sich das letzte Mal für deine Sache eingesetzt hat? Und Ludwig ist auch dabei. Du weißt doch», fast verächtlich verzog er die Lippen, «dass er dir zuliebe sogar Berge versetzen würde.»
    Nicht zum ersten Mal dachte Sabina: Wäre Ulrich doch damals im Kampf gefallen. Dann wäre sie jetzt Witwe und hätte selbst die Fäden in der Hand, könnte regieren wie ihre Base Margarete von Österreich. Im Grunde war eine Fürstin doch erst als Witwe frei, entbunden der Vormundschaft von Ehemann oder Vater. Und ein jeder brachte einer fürstlichen Witwe hohen Respekt entgegen, selbst die Geistlichkeit, in deren Augen man zwar war nicht mehr Jungfrau war, immerhin aber durch den geheiligten Stand der Ehe gegangen – oder durch die Hölle, wie sie.
    «Du kannst mich nicht umstimmen. Ich will dabei sein.»
    «Da ist noch etwas.» Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. «Dietrich Speth wird ebenfalls teilnehmen. Ich will nicht, dass ihr beide euch

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