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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Sabina schließlich.
    «Veith. Er heißt Veith.»
    Sabina sah hinüber zu den Kindern, die sich wieder in ihr Spiel vertieft hatten. «Ein hübsches Kind hast du. Mit dem gleichen goldblonden Haar wie du. Und wie schön sie miteinander spielen. Als ob sie Geschwister wären.»
    «Sie sind miteinander aufgewachsen. Die Knaben zumindest.» In Maries Stimme schwang Traurigkeit mit.
    «Und du selbst?»
    «Ich hab hier in Tübingen als Wäscherin gearbeitet. Sonntags durfte ich ihn sehen. Heimlich. Der Herzog durfte es nicht wissen.»
    «Dann hat er also auch dir das Kind genommen.» Sabina starrte zu Boden. Nie zuvor hatte sie sich ernsthaft Gedanken um das Leben von Frauen aus den niederen Ständen gemacht, und jetzt saß da vor ihr ein Bauernmädchen, deren Schicksal mit dem ihren so eng verknüpft war. Dem derselbe Mann das Leben zur Hölle gemacht hatte. Sie sah wieder auf.
    «Damals in Nürtingen, als du zu mir wolltest – weißt du, was an jenem Abend vor sich ging?»
    «Ihr meint, dass Ihr damals fliehen musstet?» Marie schüttelte den Kopf. «Nein, nein. Euch trifft keine Schuld. Der Herzog hätte mich so oder so gefunden. Das war mir von Gott vorbestimmt.»
    In einer Aufwallung von Zuneigung nahm Sabina ihre Hand.
    «Ich würde so gern etwas gutmachen», murmelte sie. «Weißt du denn, wer der Vater ist?»
    «Ein Winzersohn. Aus dem Remstal.»
    «Und weiß er, dass du hier bist? Dass ihr einen Sohn zusammen habt? Soll ich euch zu ihm bringen?»
    «Nein!» Marie sah sie erschrocken an. «Es – es ist vorbei mit uns. Aber das ist auch gleich. Hauptsache, ich hab mein Kind wieder und der Herzog ist auf immer fort!»
    Hoffen wir es, dachte Sabina im Stillen. Hoffen wir es für dich und für mich und für das ganze Land. Hatte sie doch auf dem Weg hierher erfahren, dass Ulrich sich ganz in der Nähe versteckt halte, auf irgendeiner Burg auf der Alb, um die Lage zu beobachten. Im Geheimen sammle er erneut Truppen, um sich das Land zurückzuholen, auch rechne er mit Unterstützung des Franzosenkönigs, dessen Günstling er neuerdings war. Sabina machte sich nichts vor: Wenn König Franz   I. statt des Habsburgers zum Kaiser gekrönt würde, könnte Ulrichs Rechnung aufgehen.
     
    Sabina saß im Lehnstuhl in der Kinderstube und beobachtete die Kinder beim Malen. Wie gut, dass sie sich nicht von Wilhelm und dem herrischen Leonhard von Eck hatte abwimmeln lassen und persönlich auf dem Bundestag zu Esslingen erschienen war. Dort nämlich hatte sie erfahren müssen, was unter den siegreichen Bündischen längst ausgemachte Sache war: Das Herzogtum müsse unter ihnen aufgeteilt werden, so bestimme es schließlich die Verfassung des Schwäbischen Bundes im Falle von Eroberungen.
    Da war sie auf das Rednerpodest gestürmt und hatte sich mit lauter Stimme Gehör verschafft:
    «Was kümmert mich Eure Verfassung! Dieses Land wird niemals geteilt! Habt Ihr vergessen, dass es einen unumstößlichen Vertrag gibt mit dem Siegel Kaiser Maximilians? Ein Vertrag über die Unteilbarkeit des Landes? Mag sein, dass Ulrich das Recht auf den Thron durch all seine Verbrechen verwirkt hat – aber darf man den Sohn entgelten lassen, was der Vater verschuldet hat? Nein! Der Thronfolger hat damitnichts zu tun, ihm steht sein Lehen durch den Kaiser reichsrechtlich weiterhin zu.»
    Ungläubige Stille war daraufhin eingetreten, dann tosender Beifall aufgebrandet von den Vertretern der wirtembergischen Landstände. Zu Sabinas Freude und Wilhelms Missfallen hatte Leonhard von Eck ihre Partei ergriffen: Die Herzogin habe recht, ungeschmälert sei das Land an Christoph zu übergeben. Dafür setze sich Baiern mit all seiner Macht ein. Man sei auch bereit, die Vormundschaftsregierung zu übernehmen.
    «Und wer erstattet uns die fünfhunderttausend Gulden Kriegskosten?», hatte der Sickinger mit hochrotem Kopf gebrüllt. «Ihr etwa? Oder dieses in seinen Schulden ersaufende Land? Oder gar die gnädige Herzogin, die nichts hat als ihr armseliges Waiblinger Wittum? O nein, wir wollen unseren Lohn, und wenn dafür das Land in Stücke gerissen werden muss.»
    Da hatte Wilhelm, der den Vorsitz führte, den aufkommenden Tumult mit mehrfachen Hammerschlägen beenden müssen und beschieden, dass die Angelegenheit vertagt werde auf einen Zeitpunkt nach der Kaiserwahl im Juni. Dann werde sich der Bund erneut versammeln und beraten.
    Das war vor zwei Wochen gewesen. Die Kaiserwahl in Frankfurt rückte näher, und damit auch der Bundestag. Eins wusste Sabina

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