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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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regieren?
    Sabina selbst war froh über den Ausgang in Frankfurt, auch wenn sie den Erben ihres Oheims nach allem, was sie gehört hatte, für kalt und hochmütig hielt. Seine unermessliche Macht schien ihm zu Kopf gestiegen. Jetzt, wo er nicht nur über Spanien mit seinen reichen überseeischen Kolonien gebot, sondern auch Kaiser war, nannte man den nur Neunzehnjährigen ehrfurchtsvoll ‹Herrscher des Reiches, in dem die Sonne nicht untergeht›. Dabei hieß es, er spreche kein Wort Deutschund mache auch keine Anstalten, es zu erlernen. Und geboren, lästerte der gemeine Mann auf der Gasse, sei er im Aborterker, mitten bei einem Tanzfest am Hofe zu Gent!
    Aber Karl war immerhin Sabinas Großneffe, und vor allem: Er war ein übermächtiger Gegner Ulrichs. Jetzt würde der keinen Angriff mehr wagen. Ihrem Plan stand nichts mehr im Wege.
     
    Sabina half der Kammerfrau, ihre Sachen in den Reisekisten zu verstauen. Jeder Handgriff trieb ihr erneut den Schweiß auf die Stirn. Sie konnte sich nicht erinnern, wann ein Sommer jemals so heiß und schwül gewesen war.
    Sie würde nicht lange fortbleiben, dennoch fiel ihr der Abschied von den Kindern schwer. Jeden Tag hatte sie so viel Zeit bei ihnen in der Kinderstube verbracht, hatte zu Anna und Christoph wieder die Bindung gefunden, die eine Mutter ausmachte. Diese vier, fünf Wochen der Trennung wollte sie noch hinter sich bringen, dann würde endgültig Ruhe einkehren in ihr Leben.
    Sie wollte sich in Nördlingen mit ihren Brüdern Wilhelm und Ludwig treffen, die dort zu einem erneuten Bundestag einberufen waren, und anschließend weiter nach München, um ihre Haushaltung aufzulösen. Würde alles, was sie für ihr Frauenzimmer brauchte, zusammenpacken, sich das notwendige Gefolge zusammenstellen und in ihre neue Residenz nach Wirtemberg übersiedeln. Und zwar in ihr geliebtes Urach, das momentan verwaist und verlassen lag. Dort wollte sie sich endlich ihren Lebenstraum erfüllen: Mit ihren beiden Kindern an einem kleinen, bescheidenen Hofe leben und sie heranwachsen sehen. Wilhelm war hiervon wenig begeistert, das wusste sie. Lieber hätte er sie in München gewusst, aber so wie die Lage jetzt stand, konnte er nichts dagegenhalten.Denn von Ulrich drohte keine Gefahr mehr. Er habe sich ins ferne linksrheinische Mömpelgard zurückgezogen, das war das Letzte, was man von ihm gehört hatte.
    Als der Knecht Bescheid gab, der Wagen stünde bereit, ging sie hinüber in die Stube der Kinder. Sie waren allein.
    «Wo ist denn Marie?»
    «Sie holt uns Kräuter aus dem Burggarten», sagte Anna. «Wir wollen sie in ein großes Buch pressen.»
    «Ich will das gar nicht.» Christoph kuschelte sich an ihren Rock. «Will lieber spielen.»
    «Warum gehst du schon wieder weg?» Anna blickte sie ein wenig trotzig an. «Kann nicht wer anders deine Sachen aus München holen?»
    «Das weißt du doch, mein Schatz. Ich will doch für immer bei euch bleiben, da muss ich schon selbst danach sehen, was wir für unser neues Zuhause brauchen. Und für euch ist die Reise viel zu weit.»
    Sie zog ihre Tochter zu sich heran. Dass der Kaiser höchstselbst die Kinder hier festhalten ließ, verschwieg sie. Sie hätten es ohnehin nicht verstanden.
    «Ich verspreche euch, ich komme bald wieder. Und dann ziehen wir in das hübsche Uracher Schloss am Rande der Berge, mit einem Wasserfall und schattigen Wäldern und Weiden mit wunderschönen Pferden ganz in der Nähe. Freut ihr euch darauf?»
    Anna nickte nur wortlos und zog die Nase hoch.
    «Anna ist eine Heulsuse», sagte Christoph. «Ich freu mich auf Urach. Weil ich dann bald Herzog bin und eine Frau heirate wie dich.»
    Während Sabina ihre Kinder im Arm hielt, musste sie selbst mit den Tränen kämpfen. Da hörte sie, wie unter dem Fenster der Burgvogt herumschnauzte.
    «Hat dir irgendwer erlaubt, hier im Garten herumzustiefeln?»
    «Die Kräuter sind für die Herzogskinder.» Das war Maries Stimme!
    «Los, verschwinde! Glaubst wohl, könntest dir alles erlauben, bloß weil die Herzogin die Hand über dich hält. Aber wart nur, bis sie weg ist, die neue Kindsmagd steht schon bereit.»
    Sabina traute ihren Ohren nicht. Hatte man hinter ihrem Rücken eine neue Magd eingestellt? Schlagartig wurde ihr klar, dass sie Marie nicht hier lassen konnte. Sobald sie fort war, hatte das Mädchen keinerlei Schutz mehr. Sie musste handeln.
     
    Nach vierzehn Tagen erreichten sie endlich die Hügel vor Nördlingen. Die Reise hatte länger gedauert als erwartet, da sie

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