Das magische Buch
César«, sagt eine Stimme hinter mir. »Hallo, Lucía!«
Es ist Señorita Clara, unsere Lehrerin.
»Ich wollte deinen Vater besuchen, so wie ich es dir versprochen habe«, sagt sie.
»Heute geht es leider nicht«, erwidert Lucía. »Er schläft, wir dürfen ihn nicht aufwecken.«
»Ach, schade«, sagt Clara bedauernd.
»Aber wir könnten in die Cafeteria gehen und uns ein bisschen unterhalten«, schlägt Lucía vor.
»Gute Idee«, sagt Julio und mustert Clara von der Seite. »Wir können etwas trinken und uns kennenlernen.«
»Darf ich vorstellen«, sage ich. »Julio Cortés, der Verleger meines Vaters … Señorita Clara, unsere Lehrerin.«
»Clara … ein hübscher Name«, bemerkt Julio.
»Danke, Julio, sehr nett von Ihnen!«
»Also, César, wie geht es deinem Vater?«, fragt Julio. »Ehrlich gesagt, ich mache mir Sorgen um ihn … und natürlich auch darum, dass das Buch nicht rechtzeitig fertig wird.«
»Wie gesagt, es geht ihm besser«, antworte ich ausweichend, um ihn nicht noch mehr zu beunruhigen. »Er hat mir sogar ein paar Seiten von dem Magischen Buch mitgegeben. Ich soll sie nach Hause bringen, damit sie nicht verloren gehen.«
»Willst du mir erzählen, dass er im Bett schreibt?«, fragt der Verleger verwundert.
»Allerdings«, antwortet Lucía. »Ein richtiger Schriftsteller hört nie auf zu schreiben, selbst wenn er krank im Bett liegt.«
»Da staune ich aber! Ich hätte nicht gedacht, dass …«
»Er hat es hier im Krankenhaus geschrieben? Mit der Hand?«, wundert sich auch Señorita Clara.
»Ja«, bestätige ich und zeige ihr die Seiten.
»Dein Vater hat eine schöne Schrift«, stellt sie fest. »Sie ist sehr leserlich.«
Lucía und ich werfen uns unauffällig einen vielsagenden Blick zu. Hoffentlich ist Julio jetzt davon überzeugt, dass alles nach Plan läuft. Vielleicht können wir so sein Vertrauen zurückgewinnen …
»Das Kapitel ist gut geworden«, sage ich. »Vielleicht eins der besten.«
»Ich bin schon mächtig gespannt darauf«, sagt Julio.
»Señorita Clara, würden Sie es uns wohl vorlesen?«, fragt Lucía.
»Ich weiß nicht, ob ich das …«
»Bitte, Señorita Clara!«
»Ja, ich würde es auch gerne hören«, sagt Julio Cortés.
»Na schön … Also:
Mit stark geröteten und vor Schmerz tränenden Augen schrieb Nevalia gerade das letzte Wort des magischen Buches, als Nasshan die Höhle betrat.
Der Jäger konnte es kaum erwarten, Nevalia wiederzusehen und ihr zu erzählen, dass es ihm gelungen war, sich in Scrooms Lager einzuschleichen und ein paar Mäntel mit dem Wappen des Barbarenkönigs zu entwenden. Und außerdem wollte er ihr sagen, dass …
Doch als er sie sah, erschrak er: Sigfrido und Hanna hatten ihr ein feuchtes Tuch über die Augen gelegt, aus denen dicke Tränen hervorquollen.
›Was ist passiert?‹, fragte er. ›Was ist mit deinen Augen?‹
›Nichts Ernstes‹, antwortete die schöne Schreiberin. ›Ich habe gerade das Buch zu Ende geschrieben, das Scroom bekehren soll.‹
›Du hast das Buch geschrieben?‹
›Ja, sie ganz allein‹, erklärte Hanna. ›Sie hat Übermenschliches geleistet.‹
›Warum hast du mir nicht gesagt, dass du dazu ausersehen warst?‹
›Was hätte das genützt? Du hättest es nicht verhindern können und dir nur unnötig Sorgen gemacht. Du musstest deinen Auftrag erfüllen, und ich den meinen. Verstehst du?‹
Nasshan nickte. Nein, er hätte nichts dagegen tun können. Der Rat der Schreiber hatte entschieden, Nevalia die Aufgabe zu übertragen, und sie musste ihr Schicksal erfüllen.
›Hast du es gut überstanden?‹, fragte er sie besorgt.
›Bestens‹, antwortete die Schreiberin. ›Ich habe es mit meinem Herzblut geschrieben und hoffe, dass es seinen Zweck erfüllen wird.‹
›Bitten wir den Himmel, dass es funktioniert‹, sagte Hanna.
›Wir müssen so schnell wie möglich aufbrechen‹, erklärte Nasshan. ›Es ist ein langer und schwieriger Weg bis zum Lager der Barbaren. Wir haben keine Zeit zu verlieren.‹
Der Älteste des Schreiberrates gab seine endgültige Zustimmung zu dem Unternehmen und ordnete an, unverzüglich mit den Vorbereitungen für die Reise zu beginnen.
›Ich möchte euch begleiten‹, sagte er fast flehend. ›Auch wenn es das Letzte ist, das ich in meinem Leben tun werde.‹
›Es könnte das Letzte sein … Aber wenn du willst, komm mit‹, willigte Nasshan ein. ›Ich verstehe deinen Wunsch.‹
›Ich möchte auch mit‹, bat Sigfrido. ›Ich kann die Prinzessin bei
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