Das Magische Labyrinth
Blutvergießen zu frönen! Wir…«
Sam wandte sich ab. Gefolgt von Joe Miller marschierte er über den Anlegesteg auf die Gangway und begab sich auf das Hurrikandeck. »Daf ift wirklich ein Hurenfohn, Fäm«, sagte Joe. »Er hat dich wirklich gefreffen.«
»Nehm ich doch gar nicht ernst«, erwiderte Sam. »Da hab ich doch schon gegen ganz andere Leute gekämpft. Du hättest mal meine Mutter hören sollen. Oder meine Frau. Die hätten ihm beide einen Vorsprung von tausend Worten gegeben und ihn dann in zwei Sekunden eingemacht. Laß ihn schwätzen. Was weiß er denn schon? Das, was ich tue, tue ich auch für ihn und all die anderen Sabberköpfe. Ich tue es für alle, ob sie es nun verdient haben oder nicht.«
»Häh?« machte Joe. »Und ich hab immer gedacht, du tuft ef nur für dich felbft.«
»Manchmal führst du dich wirklich auf wie ein Klugscheißer«, sagte Sam. »So redet man einfach nicht mit seinem Kapitän.«
»Ich rede, wie mir der Fnabel gewachfen ift«, sagte Joe und grinste. »Auferdem rede ich nicht alf irgendein Deckfrubber fu dir, fondern alf Joe Miller, dein Freund.«
Als sie den Kontrollraum betraten, sagte Byron: »De Marbot hat gerade gemeldet, daß die Raketenwerfer Stellung bezogen haben, Sir.«
»Gut. Sagen Sie ihm, daß er zum Beiboot zurückkehren soll. Plunkett kann jetzt loslegen.«
Die Gascon folgte dem Befehl auf dem Fuße und jagte auf die Flußenge zu.
Die kleinen Gestalten von de Marbots Männern waren vor dem Hintergrund des blauschwarzen Gesteins und dem schwarzgrünen Bewuchs nur schwach erkennbar, als sie über den Grat marschierten, der in den Fels hineingeschnitten worden war. Bevor sie unten ankamen, würden sie ihre Taschenlampen einsetzen müssen. Die Plakate ankleben verboten bewegte sich am Ufer entlang auf den westlich liegenden Stein zu. Der Lärm, den die Mechaniker bei der Reparatur der Ruderhaussäulen erzeugten, drang an Sams Ohren. Bläulich leuchtende Feuerstrahlen zeigten an, daß die Männer dabei waren, den Schiffsbug von den Überresten des Dampf-MGs zu befreien. Andere waren damit beschäftigt, dort, wo früher die Kanone gestanden hatte, Raketenbatterien und Granatwerfer zu installieren. Eine andere Gruppe arbeitete fieberhaft an der Reparatur der Radarantennen.
Eine halbe Stunde verging. Der Chefarzt gab bekannt, daß fünf der Verwundeten gestorben seien. Sam gab den Befehl, die Toten in ein Boot zu packen und in der Mitte des Sees zu versenken. All das spielte sich ohne großen Aufwand ab, denn er hatte kein Interesse daran, die Kampfmoral der Mannschaft noch mehr zu schwächen. Sam wollte nicht einmal eine Grabrede halten. Sollte sich einer der Ärzte darum kümmern.
Sam warf einen Blick auf den Chronometer. »Plunkett müßte das Ende der Schlucht nun erreicht haben.«
»Dann sollten wir ihn in etwa zehn Minuten wiedersehen«, meinte Byron.
Sam musterte de Marbots Truppen. Sie hatten etwa die Hälfte des Rückwegs hinter sich gebracht. »Haben Sie de Marbot gesagt, daß seine Leute in Deckung gehen sollen, wenn Johns Kopter oder ein Beiboot der Rex auftaucht?«
»Natürlich«, erwiderte Byron leicht verschnupft.
Sam schaute ans Ufer. Er sah Tausende von Männern und Frauen, die sich langsam und in großen Gruppen nach Osten bewegten. Sie machten nicht viel Lärm. Die meisten waren mit Kleiderbündeln, Töpfen, Vasen, Statuetten, Stühlen, Angelruten, Werkzeugen, zusammengefalteten Gleitern und – natürlich – ihren Grälen beladen. Als sie an dem großen Schiff vorbeigingen, schenkten sie ihm einen Blick, und viele hoben die Hände und spreizten die drei mittleren Finger ab. Die Bewohner Virolandos gaben der Besatzung der Nicht vermietbar ihren Segen. Sam spürte plötzlich Schuldgefühle und ärgerte sich darüber.
»Daf ift aber wirklich ein feiner Ballon«, sagte Joe.
Von einem dachlosen Gebäude aus stieg ein großes, birnenförmiges Objekt auf. Es war hellgelb, wurde vom Wind schräg nach oben getragen und nach Osten getrieben. In einer Höhe von schätzungsweise zwölfhundert Metern war er kaum noch zu erkennen. Aber so klein, daß Sam das Aufleuchten des kleinen roten Lichts entgangen wäre, war er nun auch wieder nicht.
»Das war es!« sagte er. »Das muß das Signal gewesen sein.«
Der Ballon platzte. Brennend – und auf beiden Seiten der Berge sichtbar – stürzte er ab. Kurz darauf fiel er ins Wasser.
»Nun«, sagte Byron, »zumindest brauchen wir jetzt nicht mehr zu befürchten, daß die Einheimischen uns
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