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Das Magische Labyrinth

Das Magische Labyrinth

Titel: Das Magische Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
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verehrt. Die Mutter der Gesegneten war 1783, sie selbst 1821 gestorben. Beide waren in der Nähe des gleichen Gralsteins wiedererweckt worden.
    »Natürlich war sie keine alte Frau mehr. Es war seltsam, meine alte Mama als junge Frau wiederzusehen. Für sie machte das aber keinen Unterschied. Sie war heilig und rechtschaffen und vom gleichen Geist beseelt wie auf der Erde. Ich sage dir, wenn sie predigte, kamen die Weißen aus großer Entfernung, um sie zu hören. Die meisten davon waren arme Leute, aber Mama überzeugte sie, und dann kriegten sie Schwierigkeiten…«
    »Du schweifst schon wieder ab«, sagte Burton. »Aber mehr will ich auch gar nicht wissen. Warum willst du mit uns gehen?«
    »Weil ihr ein Boot habt, das schneller ist als ein Vogel.«
    »Aber warum willst du die Quellen des Flusses erreichen?«
    »Wenn du mich nicht unterbrochen hättest, hätte ich es dir erzählt. Weißt du, als meine Mutter hier erwachte, hat das ihren Glauben nicht im geringsten zum Wanken gebracht. Sie sagte, wir alle seien nun hier, weil wir auf der Erde gesündigt haben. Manche schlimmer als die anderen. Dies ist der Himmel – oder jedenfalls der Weg dorthin. Jesus will, daß wir alle den Jordan hinaufgehen, damit wir an seinem Ende auf ihn stoßen. Er ist da oben und wartet darauf, jene in die Arme zu schließen, die wirklich gläubig sind und keine Mühe scheuen, ihn zu suchen. Und so ging sie.
    Ich sollte mit ihr gehen, aber ich hatte Angst. Ich wußte auch nicht genau, ob sie recht hatte. Davon habe ich ihr aber nichts gesagt. Ich wollte ihr keinen Schlag versetzen, aber es gibt sowieso niemanden, der dazu stark genug wäre. Ich hatte auch einen sehr netten Mann, der keine Lust hatte, mitzugehen. Er sagte, es gefiele ihm so, wie es sei. Deswegen ließ ich mein Kätzchen für mich denken und blieb bei ihm.
    Aber dann wurde es schlechter zwischen mir und meinem Alten. Er fing an, hinter anderen Frauen herzulaufen, und ich dachte, das sei vielleicht die Strafe dafür, daß ich Mama nicht gehorcht hatte. Vielleicht hatte sie doch recht. Vielleicht wartete Jesus doch auf die wahren Gläubigen. Außerdem vermißte ich sie, auch wenn wir manchmal miteinander umgegangen waren wie zwei Wildkatzen. Ich lebte eine Weile bei einem anderen Mann, aber der war auch nicht besser als der erste. Und dann, eines Nachts, als ich betete, hatte ich eine Vision. Ich sah Jesus persönlich. Er saß auf seinem Diamanten- und Perlenthron, hinter ihm sangen die Engel, und alles war in ein wunderbares Licht getaucht. Er sagte, ich solle aufhören zu sündigen, meiner Mutter folgen und zu ihr in den Himmel kommen.
    Also paddelte ich los. Und jetzt bin ich hier. Es sind viele Jahre vergangen, Bruder, und ich habe gelitten wie ein echter Märtyrer Gottes. Meine Knochen und mein Leib sind müde, aber ich bin hier! Letzte Nacht betete ich wieder. Da erschien mir für eine Sekunde meine Mutter und sagte, ich solle mit euch gehen. Sie sagte, du seist zwar kein guter, aber auch kein böser Mensch, du seist irgendwie dazwischen. Aber ich soll diejenige sein, die dich zum Licht führt und dich rettet. Wir werden zusammen in Jesu Königreich eingehen, und er wird uns umarmen und an seinem herrlichen Thron willkommen heißen. Halleluja!«
    »Halleluja, Schwester!« sagte Burton. Er war stets dazu bereit, sich religiöser Formen zu unterwerfen, wenngleich er auch über ihren Geist lachte.
    »Vor uns liegt noch ein langer Weg, Bruder. Mein Rücken schmerzt vom vielen Paddeln gegen die Strömung, und ich habe gehört, daß es bald immer kälter und nebliger werden wird. Bald stößt man auf keine lebende Seele mehr. Es wird sehr einsam werden. Deswegen möchte ich mit dir und deinen Freunden weiterziehen.«
    Warum nicht, dachte Burton.
    »Für einen haben wir noch Platz«, sagte er. »Da es jedoch möglich ist, daß es zu einem Kampf kommt, nehmen wir keine Pazifisten mit. Wir wollen uns nicht unnötig belasten.«
    »Wegen mir brauchst du dir keine Sorgen zu machen, Bruder. Wenn du auf der Seite der Guten bist, kann ich für euch kämpfen wie ein Racheengel des Herrn.«
    Ein paar Minuten später brachte sie ihre Habseligkeiten an Bord. Tom Turpin, der schwarze Pianospieler, war über ihr Erscheinen zunächst erfreut. Bald mußte er aber feststellen, daß sie ein Keuschheitsgelübde abgelegt hatte, und fluchte mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Die tickt doch nicht richtig, Kapitän«, sagte er zu Burton. »Warum haben Sie sie an Bord gelassen? Da hat sie nun

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