Das Magische Labyrinth
man nichts als seine schwarzbekleideten Beine. Dann war er verschwunden.
Nur eilte hinter ihm her, blieb jedoch auf der Schwelle stehen. Er beugte sich vorsichtig nach vorne und riß plötzlich den Kopf zurück. Die Kugel, die X abgefeuert hatte, klatschte gegen die Korridorwand. Nur warf sich auf die Knie und riskierte einen zweiten Blick. Wieder knallte es. Der Maure schien nicht verletzt zu sein.
Die anderen hatten inzwischen ihre Waffen wieder an sich genommen und eilten auf die Tür zu.
Obwohl es nun sinnlos war, bedauerte Burton es doch, daß er nicht mit Ah Qaaq den Anfang gemacht hatte.
Er rief die sich über Gilgamesch beugende Alice, damit sie ihm wieder auf die Beine half. Weinend kehrte sie zu ihm zurück und packte seine Handgelenke. Sein Kopf wurde allmählich wieder klar, und auch seine Beine begannen mehr Standfestigkeit zu zeigen. In einer Minute würde er wieder voll auf dem Damm sein.
»Frigate!« rief er. »Tai-Peng! Turpin! Bringt Gilgamesch hier raus! He, hört zu! Wir müssen hier weg, bevor er die Tür schließt!«
Nur rief: »Jetzt ist er weg!«
Die drei Männer rannten auf sie zu, packten den schweren Körper des Sumerers und schleppten ihn auf die Tür zu. Burton stützte sich auf Alice, legte einen Arm um ihren Hals und folgte den anderen. Als sie die Tür erreicht hatten, fühlte er sich gut genug, um Alice zu sagen, daß er wieder allein gehen konnte.
Um zu verhindern, daß die Tür sich völlig schloß, legte Turpin seinen Gral gegen die Füllung. Als Alice und Burton in den Gang hineintraten, glitt sie auch schon aus der Wand, knallte gegen den Gral und hielt an.
Nur deutete auf die Blutstropfen, die in den Korridor hineinführten.
»Ich habe nur den Türrahmen getroffen, aber ein paar Splitter hat er wohl abgekriegt.«
So weit das Auge reichte, setzte der Korridor sich in beiden Richtungen fort. Er wurde von einem schattenlosen Licht erhellt und war schätzungsweise zwölf Meter breit, fünfzehn Meter hoch und folgte sanft der Rundung der Außenwand. Burton fragte sich, was sich zwischen der Außenwand des Korridors und der Außenwand des Turms befand. Möglicherweise Leere, aber gewisse Abschnitte dieses Bauwerks enthielten gewiß irgendwelche Maschinerien oder Lagerräume. Die Korridorwand wies in unregelmäßigen Abständen erhabene Buchstaben oder Symbole auf, die in Augenhöhe lagen und flüchtig an Runen und hindustanische Schriftzeichen erinnerten.
Damit sie die Tür auch wiederfanden, wenn sie sich irgendwie schließen sollte, ließ Burton als Markierung auf dem Korridorboden eine Kugel zurück.
Kurz nachdem die Blutspur endete, gelangten sie in einen Bereich, in dessen Mitte sich ein kreisrundes, mehr als dreißig Meter durchmessendes Loch befand. Burton stellte sich an den Rand und sah hinein. Der schwarze Schacht verströmte ein helles Licht, das aus der Tiefe zu ihnen heraufdrang. Unter ihnen schienen sich noch viele andere Ebenen zu befinden. Burton hatte zwar keine Ahnung, wie tief der Schacht war, aber es konnten mehrere Kilometer sein. Als er sich auf den Boden kniete und mit den Händen nach dem Rand des Loches griff, fiel sein Blick nach oben und er sah das gleiche. Nach oben konnte sich der Schacht allerdings nur eineinhalb Kilometer erstrecken, denn weiter ragte der Turm nicht aus dem See heraus.
Gilgamesch kam eben wieder zu sich. Er saß auf dem Boden, betastete seinen Kopf und stöhnte. Eine Minute später schaute er auf.
»Was ist passiert?«
Burton erzählte es ihm. Der Sumerer stieß einen Seufzer aus und sagte: »Dann hast du mich gar nicht geschlagen, sondern die Frau?«
»Ja. Wenn es etwas nützt, will ich mich dafür entschuldigen. Ich hatte wirklich keine andere Wahl.«
»Sie hat schließlich nur gekämpft, um ihren Mann zu retten. Da du mich nicht niedergeschlagen hast, fühle ich mich auch nicht beleidigt. Obwohl mir der Kopf ganz schön weh tut.«
»Ich glaube, du bist in Ordnung«, sagte Burton.
Er vermied es, dem Sumerer zu sagen, daß er ihm ins Gesicht geschlagen hatte. Manchmal war es besser, man räumte der Wahrheit nicht allzu viel Spielraum ein. Er hatte sich im Laufe seines Lebens viele Feinde geschaffen, weil es ihm nichts ausmachte, Feinde zu haben – und er hatte sogar eine gewisse Befriedigung dabei verspürt. Die letzten zwanzig Jahre hatten ihm aber klargemacht, daß ein solches Benehmen irrational war. Nur, der Sufi, hatte ihn dies gelehrt, wenngleich auch nicht direkt. Aber Burton hatte oft davon profitiert, den
Weitere Kostenlose Bücher