Das Magische Labyrinth
Weiterentwicklung verhelfen können. Aber vielleicht hatten die Ersten ein solches Verhalten als unethisch angesehen. Vielleicht hatten sie darüber hinaus aber auch nicht genügend Leute gehabt, um auf jedem neuen Planeten eine Wachstation aufzubauen.
Die Gesichter seiner Gefährten spiegelten einen schmerzhaften inneren Kampf wider. Frigate schien am wenigsten getroffen zu sein. Nur, der immer flexibel gewesen war und dem psychische Schocks am wenigsten anhaben konnten, litt am meisten. Er konnte den Gedanken, daß die Wathans – oder auch Seelen – künstlichen Ursprungs waren, nicht ertragen. Nun, synthetisch im Sinne des Worte waren sie vielleicht nicht, aber menschenähnliche Wesen hatten sie mit maschineller Hilfe geformt. Sie waren nicht von Allah geschickt worden. Nur hatte dies weit intensiver geglaubt als einige der anderen, die – obwohl ebenfalls religiös – nicht so fromm waren wie er.
Loga schien seine Gedanken zu lesen.
»Es gibt nur insofern einen Schöpfer«, sagte er, »wenn wir die Schöpfung selbst, und zwar dieses Universum, als solchen anerkennen. Die Ersten haben dies geglaubt – und auch wir. Aber es gibt keinen Beweis, daß es irgendein Interesse an seinen Geschöpfen hat. Es…«
»Es?« sagten Alice und de Marbot.
»Ja. Der Schöpfer ist – so weit wir wissen – geschlechtslos. Monats Volk bezeichnete ihn mit einem einmaligen neutralen Pronomen.«
»Dann gehört Monat zum Volk der Ersten?« fragte Tai-Peng.
»Nein. Die Ersten sind längst weitergezogen. Monats Volk ist das fünfte in einer Linie, das die Tätigkeit der Ersten fortsetzt. Ihre Aufgabe besteht darin, einem – wie ihr sagen würdet – anderen Volk die Fackel in die Hand zu geben und dann ebenfalls weiterzuziehen. Von Monats Volk leben nur noch zehntausend. Die anderen sind längst nicht mehr da.
Es gibt Theologen, die sagen, daß der Schöpfer nichts dazu beigetragen hat, den vernunftbegabten Lebewesen das Wathan zu bringen, daß sein göttlicher Plan darin besteht, es seinen Geschöpfen selbst zu überlassen, das Heil zu finden. Aber das ist unlogisch, denn es ist nur einem Zufall zu verdanken, daß es überhaupt Wathans gibt. Bevor es sie gab, starben Milliarden ohne die Chance, das Eigenbewußtsein und die Unsterblichkeit zu erringen. Und Milliarden, vielleicht sogar Trillionen, sind gestorben und werden noch sterben und für immer verloren sein, bis wir Ethiker so weit sind, sie mit Wathans zu versorgen. Es hat den Anschein, als stünde der Schöpfer sogar unserem eigenen Selbstbewußtsein und unserer eigenen Unsterblichkeit indifferent gegenüber.
Es liegt jedenfalls an den vernünftigen Lebewesen – wo immer sie auch existieren mögen –, das zu tun, was die primitiven Gläubigen für das Vorrecht des Schöpfers gehalten haben.«
50
Obwohl Burton ziemlich durcheinander war, verkraftete er die Geschichte leichter als die anderen – ausgenommen vielleicht Frigate. Er hatte sich stets intensiv für Religionen interessiert und sich mit vielen Glaubensrichtungen – speziell den orientalischen – auseinandergesetzt. Er war sogar in die katholische Kirche eingetreten – aber nicht etwa, weil sie ihn fasziniert hatte, sondern um seine Frau Isabel zum Schweigen zu bringen. Er war in die Mysterien der moslemischen Sufi-Sekte eingeweiht worden, hatte das rote Band der Bramahnen bekommen, war ein Sikh und ein Parsi gewesen und hatte den streitbaren Brigham Young davon überzeugt, Mormone werden zu wollen. Obwohl er sich stets wie ein überzeugter Konvertit verhalten und ihn manchmal überraschende Emotionsweisen überkommen hatten, hatte er sich doch stets ein Türchen offengehalten, um wieder zu dem Glauben zurückkehren zu können, dem er verhaftet war: dem eines geborenen Ungläubigen.
Sogar in jungen Jahren hatte er sich schon geweigert, die Lehren der anglikanischen Kirche anzunehmen. Er hatte seine Eltern in Rage gebracht – und nicht einmal das zornige Gebrüll und die Schläge seines Vaters hatten an seiner Einstellung etwas ändern können. All dies hatte ihn lediglich dazu gebracht, mit seinen Meinungen und Ansichten hinter dem Berg zu halten. Und das hatte er getan, bis er alt genug gewesen war, daß sein Vater sich nicht mehr wagte, ihn mit Worten oder Fäusten anzugreifen.
Trotz alledem war das orthodoxe Konzept der Seele und desjenigen, der sie den Menschen schenkte, zu ihm durchgedrungen. Obwohl Burton nie an sie geglaubt hatte, war er auch auf nichts anderes hereingefallen. Erst
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