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Das Magische Labyrinth

Das Magische Labyrinth

Titel: Das Magische Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
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Grundstücksmakler, aber ich bin auch ein paar Jahre im Schuldienst gewesen.«
    »Dann gestatten Sie mir, mich noch einmal selbst zu zitieren«, hatte Sam gesagt. »Zuerst erschuf Gott die Idioten. Und dann den Schuldienst.«
    Als er sich an den Ausdruck im Gesicht des Mannes erinnerte, mußte Sam lachen.
    Er setzte sich hin. Gwen schlief. Er schaltete die Nachttischlampe an und sah, daß sie im Schlaf sanft lächelte. Sie sah unschuldig aus und wirkte trotz der vollen Lippen, der prallen Wölbung ihrer Brust, die beinahe ganz unbedeckt war und ihn reizte, immer noch wie ein Kind. Er streckte den Arm aus, um sie aufzuwecken, überlegte es sich jedoch im letzten Moment anders. Er stand auf, legte seinen Kilt an, hängte einen Umhang um die Schultern und langte nach der spitzen Fischledermütze. Dann nahm er sich eine Zigarre, verließ die Kabine und schloß lautlos die Tür hinter sich. Der Korridor war warm und hell. Die Tür am anderen Ende des Gangs war verschlossen. Zwei Bewaffnete standen dort auf Posten. Auch auf der kürzeren Korridorseite, an den Aufzugtüren, standen zwei Wächter. Sam zündete die Zigarre an und ging zum Aufzug. Er unterhielt sich eine Minute lang mit den Wachen und betrat dann die Kabine.
    Er drückte den R-Knopf. Die Türhälften schlossen sich und einer der Wächter griff zum Korridortelefon und meldete dem Ruderhaus, daß La Bosso (Der Chef) hinaufkäme. Die Liftkabine ließ das D- oder Hangardeck, in dem die Offiziere untergebracht waren, hinter sich, durchquerte die beiden engen, runden Räume, die unter dem Ruderhaus lagen, und fuhr bis nach oben zum Pilotendeck durch. Sam mußte eine kurze Wartezeit in Kauf nehmen, da der Wachoffizier der dritten Schicht über die Fernsehanlage erst seine Identität prüfen mußte. Dann glitten die Türen wieder auf, und Sam betrat den Kontrollraum des Ruderhauses.
    »Es ist alles in Ordnung, Jungs«, sagte er. »Ich genieße lediglich meine Schlaflosigkeit.«
    Es waren drei Mann anwesend. Der Nachtpilot paffte an einer dicken Zigarre und hielt den Blick auf die Kontrollen gerichtet. Sein Name war Akande Erin, er war ziemlich breit gebaut und stammte aus Dahomey, wo er dreißig Jahre damit verbracht hatte, ein Schiff durch die Dschungelflüsse zu steuern. Er war außerdem der abgefeimteste Lügner, der Sam je unter die Augen getreten war, und das wollte etwas heißen, denn schließlich hatte er die Weltelite dieser Branche persönlich gekannt. Der Dritte Offizier war Calvin Cregar, ein Schotte, der vierzig Jahre lang auf einem australischen Küstendampfer gefahren war. Fähnrich Diego Santiago von den Bordtruppen war ein Venezolaner aus dem siebzehnten Jahrhundert.
    »Will mich nur mal umsehen«, sagte Sam. »Weitermachen!«
    Der Himmel war wolkenlos und leuchtete, als hätte der große Brandstifter namens Gott ihn angezündet. Das Tal war an dieser Stelle breit. Das Licht fiel weich und zeigte schwach die Gebäude und Boote auf beiden Uferstreifen. Dahinter war es weitaus dunkler. Ein paar einsame Feuer wirkten wie Augen in der Nacht. Ansonsten schien die Welt zu schlafen. Die Hügel waren dunkel von Bäumen. Die gewaltigen, dreihundert Meter hohen Eisenbäume überragten die anderen bei weitem. Hinter ihnen erhoben sich die schwarzen Berge. Auf dem Wasser spiegelte sich matt das Sternenlicht.
    Sam trat auf den Balkon hinaus, der das Ruderhaus kreisförmig umgab. Der Wind war kühl, aber noch nicht kalt, und zerwühlte sein buschiges Haar. Als er draußen stand, fühlte er sich wie ein lebendiger Bestandteil oder ein Organ des Schiffes, das mit mahlenden Schaufelrädern und knatternden Flaggen mutig wie ein Tiger, groß und schlank wie ein Pottwal und schön wie eine Frau vorwärtsjagte, unablässig gegen die Strömung anstürmte und seinem Ziel entgegenfuhr: der Axis Mundi, dem Nabel der Welt, dem dunklen Turm. Er fühlte, wie unter seinen Füßen Wurzeln sprossen, wie die Ranken sich durch die Schiffshülle bohrten, sich hinausdrängten, in das schwarze Gewässer hinabtauchten, sich einen Weg an den Ungeheuern vorbei bahnten, die mehrere Kilometer unter ihnen im tiefen Schlamm hockten, sich einen Weg durch die Erde nach oben bahnten, sich ausbreiteten, mit Lichtgeschwindigkeit in die Höhe schossen, den Erdboden durchbrachen, Blätter sprießen ließen, die fleischlichen Körper jedes lebenden Menschen dieser Welt durchdrangen, spiralenförmig die Hüttendächer durchbohrten, auf den Himmel zujagten, den Weltraum durchquerten und sich um jeden

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