Brutlabor OKOLAR-Trabant
1.
Als ich den Kopf hob, blickte ich in die Mündung eines Karabi ners. Darüber war das bärtige Gesicht eines zu allem entschlossenen Mannes zu erkennen.
Ich ruderte mit beiden Armen, um mich über Wasser zu halten. Die hochgehende See drohte mich gegen die Bordwand des Fischerkahns zu schleudern.
»Seit wann behandelt man Schiffbrüchige in dieser Weise?« fragte Hannibal Othello Xerxes Utan, Major MA-23 der GWA, mit röchelnder Stimme, wobei er versuchte, seine nicht gerade umwerfenden Kenntnisse der dänischen Sprache in verständliche Laute umzusetzen. Er hustete, um das Salzwasser loszuwerden, das ihm in den Hals geraten war. »Mann, lassen Sie uns an Bord. Sehen Sie nicht, daß wir am Absaufen sind?«
Die grimmige Miene des Dänen veränderte sich nicht. Er fürch tete sich vor uns, obwohl er doch in einer besseren Position war.
Ich konnte ihn verstehen. Jedem anderen seiner Zeitgenossen wäre es nicht anders ergangen. Vor wenigen Minuten hatte ich eine Bruchlandung gebaut, auf die ich noch einigermaßen stolz war, obwohl von der doppelsitzigen Fokker dabei nichts übriggeblieben war, was man noch als Flugzeug hätte bezeichnen können.
Wir hatten die Maschine vor acht Stunden an der Ostfront er beutet. Sie hatte uns die einzige Chance geboten, aus dem He xenkessel der Kämpfe herauszukommen, da uns Kenonewe noch nicht mit dem Flugschrauber abholen konnte. Ich begriff allerdings noch immer nicht, daß es mir gelungen war, das Flugzeug in die Luft zu bekommen. Unter normalen Umständen wäre es bereits ausgelastet gewesen, wenn außer mir noch der Zwerg an Bord gewesen wäre. Bei uns aber waren auch noch Framus G. Allison, der ein Gewicht von mehr als 100 Kilo auf die Waage brachte. Und dazu kam noch der Atlanter Takalor, ein hochge wachsener, kräftiger Mann. Wir hatten uns nur mit äußerster Mü he in die Sitze quetschen können. Mehrmals während des Fluges hatte Hannibal erwogen, sich auf eine der unteren Tragflügelflächen zu legen. Er hatte jedoch darauf verzichtet und sich dafür mit Flüchen Luft gemacht. Ich glaubte, sie noch immer in meinen Ohren klingen zu hören. Sein Mundwerk war nahezu pausenlos in Bewegung gewesen.
Takalor dagegen hatte geschwiegen.
Ich hatte mich gefragt, wie ein solcher Mann sich in der klei nen Maschine gefühlt hatte. Er mußte sich vorgekommen sein wie jemand, der eine Expedition in die finsterste Vergangenheit, nicht aber in eine ferne Zukunft macht. Nur ein einziges Mal hatte er aufgeschrien. Zugleich war Hannibal absolut still geworden. Wir waren in der Nähe von Rostock zu einer Zwischenlandung gezwungen gewesen. Die Tanks waren leer gewesen. Mir war es wie ein Wunder erschienen, daß ich die Maschine heil auf den Boden des kleinen Flugplatzes heruntergebracht hatte. Der Wur zelzwerg dagegen hatte sich erlaubt, von der miserabelsten Pilotenleistung zu sprechen, die ihm jemals untergekommen sei. Das allerdings erst nach der Landung.
In einem überfallartigen Einsatz war es uns gelungen, Sprit zu erbeuten, die Tanks der Fokker zu füllen und erneut zu starten, ohne daß ein einziger Schuß gefallen wäre.
Nun aber war der Flug endgültig zu Ende. Wir lagen vor der dänischen Küste im Wasser und versuchten, an Bord eines Fischkutters zu steigen.
Es schien unmöglich zu sein, wenn wir Leben und Gesundheit des Kapitäns und seines Helfers schonen wollten. Und das mußten wir.
Die Tanks waren absolut leer gewesen. Wir hatten uns ausgerechnet, daß wir bis in die Nähe von Kopenhagen hätten kommen müssen. Dort hätte sich eine weitere Gelegenheit ergeben müssen, Benzin nachzufüllen. Aber wir hatten uns geirrt.
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