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Das Mal der Schlange

Das Mal der Schlange

Titel: Das Mal der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Oliver
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und dem Kind, das ich durch seinen Tritt in den Bauch verloren habe, ganz zu schweigen.“
    John sah zur Seite. „Es tut mir so leid.“
    „ Das mit dem Kind habe ich ihm nie gesagt“, fuhr sie leise fort, „sonst hätte er mich dafür wohl auch noch zur Rechenschaft gezogen. Außerdem war das nicht das erste Mal. Er trat gerne auf mich, wenn ich schon verletzt am Boden lag. Wenigstens musste ich so nicht seinen widerlichen Nachkommen austragen. Ich hätte mich eher umgebracht, als ein Kind von ihm zu bekommen!“
    Charlotte stand auf und nahm Emmaline in die Arme. „Es tut mir so leid, Em. Wenn wir nur etwas geahnt hätten…“
    „ Dann hättet ihr mir auch nicht helfen können! In einer Zeit, in der Frauen so gut wie keine eigene Meinung haben durften und eine Scheidung undenkbar war! Er hätte mich niemals gehen lassen!“
    Amelia stellte vorsichtig ihre Tasse zurück. Sie zitterte vor Wut. „Dieses Monster“, sagte sie aufgebracht, „Wie konnte er es nur wagen! Wir hätten ihn töten können, wenn wir davon gewusst hätten, dann wärst du frei gewesen!“
    „ Und ihr am Galgen. Ein schöner Tausch.“ Sie schüttelte den Kopf. „Genau aus diesem Grund habe ich es vor euch verheimlicht. Ich wusste, ihr würdet so reagieren. Ihr wart meine besten Freunde, meine Familie, der Sonnenschein in meinem Leben. Wie hätte ich eine derartige Schuld auf mich laden können? Ich hätte eine Lawine der Gewalt losgetreten, die uns alle überrollt hätte und ich hätte es mir nie verziehen, wenn einem von euch dadurch Leid geschehen wäre.“
    „ Aber irgendjemand hat den Bastard letztendlich umgebracht und zwar auf eine Art und Weise, die mir jetzt durchaus gerechtfertigt erscheint“, brummte Nicholas.
    „ Ja“, flüsterte Emmaline, „Ich habe es selbst getan.“
    „ Du?“ Charlotte war fassungslos, „Du hast das getan?“ sie schauerte unwillkürlich, als sie an das Bild in der Zeitung damals dachte. Sein Kopf war zwar mit einem weißen Tuch abgedeckt gewesen, aber das was von seinem Körper zu sehen war, hatte sie lange in ihren Alpträumen verfolgt.
    „ Em, es sah aus, als hätte man ihn geschlachtet! Überall Blut! Wieso wurdest du nie verdächtigt? Obwohl du kurz danach verschwunden warst, nahmen wir niemals an, du hättest etwas mit diesem“, sie zögerte, „Massaker zu tun gehabt! Und nicht nur wir, auch die Polizei war anscheinend von deiner Unschuld überzeugt!“
    „ Weil ich den Preis dafür bezahlt habe. Einen, wie mir damals schien, angemessenen Preis für den Tod eines Monsters. Kein Unschuldiger musste sich die Hände schmutzig machen und ich hatte die Garantie, dass ich frei sein würde.“
    Sie schnaubte verächtlich, „Frei und allein mit meinem Gewissen.“
    „ Bei der Beseitigung dieses Tiers stellt sich wohl kaum eine Schuldfrage“, wollte John sie beruhigen.
    „ Ach John. Wenn es nur so einfach wäre. Wer entscheidet über Schuld und Unschuld? Was rechtfertigt einen Mord? Wird der, der ein Monster tötet nicht selbst zu einem? Entscheidet selbst.“
    Mit diesen Worten nahm sie den Hut mit dem Schleier ab.
    Noch bevor sie es wagte, ihren Freunden in die Augen zu sehen, wusste sie, was sie darin lesen würde.
    Horror. Entsetzen. Und Angst.

7.

    1900
    London
    England

    Nathaniels anfängliche Freude wich brennendem Zorn, als Emmaline ihren breitkrempigen Hut abnahm und er ihr Gesicht sehen konnte.
    „ Wann hat er das getan?“
    „ Kannst du dir das nicht denken? Nach unserer Rückkehr von Alastair. Aber es geht schon wieder.“ Sie versuchte seinem besorgten Blick auszuweichen, aber er kam auf sie zu, nahm vorsichtig ihr Gesicht in beide Hände und drehte es ins Licht. Die Schwellungen und Blutergüsse waren kaum mehr sichtbar, aber er konnte das Ausmaß von Jacobs Gewalt noch erahnen.
    Unwirsch wendete sie den Kopf ab. „Wenigstens bleiben keine Narben und meine Nase ist abgeheilt ohne schief zu werden.“
    Sie waren in seinem Arbeitszimmer. Er führte sie zu einem von zwei einladenden schokoladenbraunen Ledersesseln vor dem Kamin. An diesem kühlen Morgen brannte ein knisterndes Feuer darin.
    Vorsichtig setzte sie sich und ließ ihren Blick umherschweifen.
    Seit sie sein Haus betreten hatte, fühlte sie sich wie in einem sicheren Hafen. Die edlen, geschmackvollen Möbel, die wohlige Wärme, das Licht, das aus allen Richtungen durch die zahlreichen Fenster hereinströmte sowie Nathaniels Anwesenheit ließen sie für einen Moment ihre Sorgen vergessen. So stellte sie sich ein

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