Das Mal der Schlange
seine Rache an Victor in die Tat umzusetzen.
Emmaline war wie vom Erdboden verschluckt und auch von Nathaniel fehlte jede Spur. Victor hielt sich mit Georgianna in Edinburgh auf. Es war noch nicht so weit. Er bereute es, sich vor über zwanzig Jahren viel zu früh an Sisto gewendet zu haben. Gottlob war Ilarias Argwohn längst verflogen und er würde den Ältesten bestimmt erst dann wieder bemühen, wenn er ihn wirklich brauchte.
„ Was gibt es denn Schönes?“, fragte er.
„ Es geht los!“, ihre Augen glitzerten, „All meine Pläne sind dabei, sich in die Tat umzusetzen. Emmaline ist zurück und sie wird Massimo für mich töten!“
„ Sie ist zurück? Woher weißt du das?“
„ Weil ich selbst mit ihr bei Sisto war. Stell dir vor, sie hat ihm vorgeschlagen, Massimo zu liquidieren, aber nur, wenn ich als Oberhaupt eingesetzt werde!“, sie nahm lachend eine Zigarette aus ihrem silbernen Etui und wartete, bis Tristan ihr Feuer gab, bevor sie weitersprach.
„ Das übersteigt selbst meine kühnsten Träume! Ich habe zwar fest damit gerechnet, dass Emmaline Danieles Ermordung rächen würde, aber dass sie sich dafür von den Ältesten den Auftrag dazu holt und mich an die Spitze der Familie setzt, ist brillant!“
Tristan dachte einen Moment über ihre Worte nach, „Offensichtlich weiß sie nichts von deinem Einfluss auf Massimo.“
„ Natürlich nicht! Wenn es so wäre, würde sie auch mich töten wollen. Und ich muss sagen, dass ich mir Emmaline als Gegner nicht unbedingt wünsche. Ich hätte ihr nicht zugetraut, nach Danieles Tod die Selbstdisziplin zu besitzen, sechs lange Jahre zu warten und einen Plan auszuarbeiten, der an Raffinesse nicht zu überbieten ist. Aus dem verwöhnten englischen Mädchen ist anscheinend eine starke Frau geworden. Da sieht man wieder, wie Tragödien den Charakter stärken.“
Ungläubig schüttelte Tristan den Kopf. Ilaria hatte ein Netz aus Lügen und Intrigen gesponnen, in dem nur sie die Fäden zog. Obwohl er ihre Methoden verachtete wusste er, dass er auf das richtige Pferd gesetzt hatte. Mit Ilarias Hilfe würde er bald Victors Kopf bekommen. Wenn er in ihrer Gunst blieb.
Als ob sie seine Gedanken gelesen hätte, sagte sie mit sanfter Stimme, „Ich möchte, dass du etwas für mich tust, tesoro.“
Der Wirt brachte das Essen und unterbrach ihre Unterhaltung. Ungeduldig löschte sie die Zigarette.
„ Emmaline muss warten, bis die Ältesten ihr offiziell den Auftrag geben, bevor sie Massimo beseitigt. Sie wollte mir nicht sagen, wo und wie sie es tun will, aber diese Information ist wichtig und kann für uns noch einmal sehr wertvoll werden. Zeuge zu sein bei der Ermordung eines Oberhauptes der Zeitjäger ist ein mächtiges Druckmittel. Deshalb möchte ich, dass du ihr ab jetzt auf Schritt und Tritt folgst. Du lebst seit Jahrzehnten unerkannt hier in der Stadt, da sollte es dir nicht allzu schwer fallen, eine einzelne Jägerin zu beschatten – die noch dazu nicht einmal von deiner Existenz weiß.“
Sie sah ihn aus halb geschlossenen Lidern an, „Würdest du das für uns tun, Tristan?“
Was blieb ihm schon anderes übrig? „Natürlich mein Schatz.“
Er konnte nur vermuten, wo Emmaline sich aufhielt, also fuhr er zu Massimos Haus, nachdem er das Buongustaio verlassen hatte.
Damit sie ihn nicht entdeckte, parkte er seinen Wagen einige Straßen entfernt und kletterte über die Dächer der zusammenhängenden Stadthäuser, bis er nahe genug war, um Massimos Palazzo beobachten zu können. Im ersten Stock waren die Fenster der gesamten Front hell erleuchtet. Offensichtlich war er zuhause.
Tristan spähte hinunter in die Gasse und zählte acht geparkte Fahrzeuge. Emmaline war nicht auf den umliegenden Dächern, also saß sie sicherlich in einem davon. Mit einem Blick hinauf in den wolkenverhangenen Nachthimmel verzog er das Gesicht. Dort unten war es zweifellos bequemer.
In den frühen Morgenstunden verließen die Gäste einer nach dem anderen die Party. Manche von ihnen stiegen in die Autos, so dass kurz nach Sonnenaufgang nur noch eine Limousine und ein Cabriolet übrig blieben.
Der Herbst war außergewöhnlich kalt und nass für römische Verhältnisse und die Nacht auf dem ungeschützten Hausdach hatte bei Tristan Spuren hinterlassen. Seine Beine waren eingeschlafen und sein Haar zerzaust.
Falls wirklich jemand die Nacht in einem der Wagen zugebracht hatte, mussten auch dessen Muskeln verspannt sein, denn die letzten zehn Stunden hatte sich dort unten
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