Das Mal der Schlange
„Vermutlich.“
„ Weshalb vermutlich?“
„ Was ich dir zu sagen habe, wird dir nicht gefallen. Ich habe Emmaline verfolgt, wie du es wolltest. Das war gar nicht so einfach. Ich musste sehr großen Abstand zu ihr halten, so dass ich sie und Massimo letztendlich verloren habe.“
Zornig schlug sie mit der flachen Hand auf einen zierlichen Schreibtisch.
„ Es tut mir sehr leid, Ilaria, ich habe mein Bestes gegeben, glaub mir, aber leider weiß ich nicht, ob und wie sie Massimo beseitigt hat. Bitte sei nicht enttäuscht.“
Ilaria versuchte erst gar nicht ihren Unmut zu verbergen, „Das ist eine Katastrophe! Du hast diese einmalige Gelegenheit nicht genutzt! Jetzt werden wir nie Beweise dafür haben, dass Emmaline Massimo getötet hat!“, sie stieß eine auf dem Schreibtisch stehende Porzellanvase mit Magnolien um, die mit lauten Krachen auf dem antiken Parkett zerschellte.
„ Ich bin untröstlich, Liebling. Aber ich werde es wieder gut machen.“
Sie funkelte ihn aus dunklen Augen an, „Das bezweifle ich.“
63.
2002
London
England
„ Nathaniel! Weshalb bist du hier?“, entsetzt schnappte Emmaline nach Luft.
Er bedeutete ihr, in einem der Sessel Platz zu nehmen, aber sie schüttelte nur den Kopf.
„ Bevor du falsche Schlüsse ziehst, bitte ich dich zuerst einmal, mir zu vertrauen.“
„ Das tue ich - und das weißt du auch.“ Nun setzte sie sich doch vorsichtig auf die vorderste Kante eines mit blau-gelb gestreiftem Stoff bezogenen Sessels.
Nathaniel nickte Tristan zu, der daraufhin von der Tür wegtrat und die beiden Männer nahmen ebenfalls Platz.
„ Gut“, sagte Nathaniel. „Wir haben nicht viel Zeit. Es wird sicher nicht lange dauern, bis Victor uns hier findet. Also hör einfach zu, was Tristan dir zu sagen hat.“
Sie bemühte sich, ihre Gedanken unter Kontrolle zu bringen. Wenn sie erfahren wollte, weshalb Nathaniel sich in einem Zimmer mit ihrem Todfeind befand, blieb ihr nichts anderes übrig, als ihn reden zu lassen. Tristan sah genauso nervös und unsicher aus, wie sie selbst. Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie sich momentan nicht in Gefahr befand.
„ In Ordnung.“
„ Ich danke dir“, Nathaniel drückte kurz ihre Hand.
„ Wie du gesehen hast, war es Victor, der dort unten in der Bar auf dich wartete“, begann Tristan, „Er ist nicht das, wofür du ihn hältst. Wahrscheinlich hat Adam MacFarlane dir erzählt, wie ich zu einem Zeitjäger wurde?“
Emmaline nickte.
„ Dann weißt du sicherlich, dass Victor großes Unrecht getan hat.“
„ Das ist noch lange kein Grund, Georgianna abzuschlachten!“, fiel sie ihm ins Wort.
Er lächelte müde, „Dazu komme ich auch noch. Zuerst einmal möchte ich dir aber versichern, dass ich nicht derjenige bin, der dich hierher bestellt hat und dass ich auch deine Freunde nicht mit dem Tod bedroht habe. Das war Victor.“
„ Wieso sollte er das tun?“
„ Würdest du mir glauben, wenn ich dir sage, dass bei allem, was Victor tut, immer Victors Interessen im Mittelpunkt stehen? Und zwar ausschließlich. Momentan ist es sein oberstes Ziel, mich zu beseitigen.“
„ Ich weiß, dass er dich töten will, das hat er schließlich in Edinburgh deutlich gesagt. Aber was haben wir und Lily und Stella damit zu tun?“
„ Seit langem schon bemühe ich mich darum, meinen Fall vor ein Ältestengericht zu bringen. Da mir aber klar ist, dass Victors Einfluss groß und seine Verbindungen weitreichend sind, wollte ich zuerst Verbündete unter den Jägern finden. Ohne Schutz kann es nämlich passieren, dass ich die Verhandlung gar nicht erst erlebe. Ich habe die Zeitjäger sehr lange beobachtet und mich schließlich dazu entschlossen, Kontakt zu dir, Nathaniel und Adam aufzunehmen. Nur leider habe ich Personen vertraut, die mich verraten haben und so ist alles eskaliert und endete in der Katastrophe in Edinburgh.“
„ Was heißt das konkret?“
„ Victor hat von meinem Plan erfahren und die Jagd auf mich eröffnet. Die Söldner, die ich angeheuert hatte, dienten nur zu meinem Schutz, sie sollten niemanden angreifen. Mir ging es einzig darum, Victor zu stellen. Ja, ich habe die Regeln gebrochen und ihnen von den Zeitjägern erzählt, aber ich war verzweifelt! Ich brauchte Verstärkung! Nun habe ich ihren Tod zu verantworten!“
Emmaline schauerte.
„ Und nicht nur das“, fuhr er fort, „Natürlich waren es gedungene Schläger, die für Geld alles tun würden und einige von ihnen hatten sicherlich den Tod verdient. Aber auf
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