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Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Kusnezow
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eingeschlafen war, träumte er zum zweiten Mal von dem Mädchen.
    Wieder sah er ihr liebes Gesicht, das ihm schon beim ersten Mal gefallen hatte, und nahm ihren ernsten Blick und die Sommersprossen wahr. Sie sah Denis lange an. Und er sah sie an, unfähig, den Blick abzuwenden. Dann sagte sie plötzlich: »Du wirst gebraucht. Wach auf!« Ihre Stimme gefiel ihm. Aber sie sagte nichts weiter, und wie beim letzten Mal begann ihr Gesicht zu verschwimmen. Denis war jedoch nicht traurig darüber. Im nächsten Augenblick erwachte er. Wenn das Mädchen sagte, dass er gebraucht wurde, dann war dem vermutlich so – sie würde ihn nicht anlügen.
    Beim Aufwachen erinnerte er sich sogleich daran, dass die Eltern ja fort waren und er daher keine besondere Vorsicht walten lassen musste. Er zog sich schnell an, und als er
auf den Flur trat, war ihm bereits klar, wohin er sich wenden musste.
    In der Krankenabteilung herrschte Hektik. In dem hell erleuchteten Raum (soweit man in der Kolonie überhaupt von »hell« sprechen konnte), der gleichzeitig als OP und als Behandlungszimmer diente, lag auf dem Tisch wie ein gewaltiger, regloser Klotz ein Mann. Drei Menschen bemühten sich gleichzeitig um ihn: der Chirurg, ein Krankenpfleger und Polina, Denis’ Mutter.
    Während der Pfleger gelegentlich noch mit seinem richtigen Namen, Jascha oder auch Jakow, angeredet wurde, wurde der Arzt von allen Kolonisten ausschließlich »Chirurg« genannt, auch dann, wenn sie außerhalb der Krankenabteilung mit ihm zu tun hatten.
    Anfangs lief alles wie gewohnt: Sie schnitten dem Patienten die Kleidung auf, zogen ihn aus, so dass er in Unterwäsche dalag; anschließend wurden die üblichen Reanimationstechniken angewendet und die Funktion der grundlegenden Organe überprüft. All das mit den Instrumenten, über die man eben verfügte, und mit den Methoden, die man im Laufe der Jahre entwickelt hatte. In der neuen Welt waren die Risiken für die Gesundheit nun mal ganz andere als früher, weshalb auch die Medizin eine andere war. Zunächst also kamen nur Routinemaßnahmen zum Einsatz.
    Doch nachdem es unter größten Anstrengungen gelungen war, den Verletzten auf den Bauch zu drehen, beugte sich der Chirurg über die drei blutigen länglichen Furchen, die über den gesamten Rücken des Patienten liefen. Leise sagte er: »Mehr Licht!«
    Polina und Jakow stellten sich, jeder mit einer Petroleumlampe in den Händen, rechts und links vom Arzt auf. Dieser schien auf etwas zu horchen und sagte mit einem Stirnrunzeln: »Noch näher zu mir, haltet die Lampen tiefer.«
    Der Pfleger blickte verständnislos und ängstlich zu Polina hinüber, als wollte er sagen: Dann verbrennen wir doch den Verletzten.
    Der Chirurg beugte sich noch tiefer über die Wunden, seine Nase berührte beinahe die Haut des Mannes … Dann richtete er sich mit einem Ruck auf, wobei er einen ziemlich überraschten Eindruck machte, unangenehm überrascht. Andererseits: Wem würden solche Wunden gefallen?
    Der Chirurg entnahm einer angeschlagenen Metallschale mit einer schwach alkoholischen Lösung eine Pinzette und senkte das Instrument langsam mit ausgestrecktem Arm in eine der Wunden. Dabei murmelte er: »Vorsichtig …«
    Jakow und Polina tauschten Blicke aus.
    Der Chirurg bekam etwas in der Wunde zu fassen, aber es ließ sich einfach nicht herausziehen. Der Chirurg zog die blutige, aber leere Pinzette wieder aus der Wunde, um sich erneut aufzurichten. Seine Stirn war verschwitzt, seine Hände zitterten leicht. Er warf einen kurzen Blick auf Polina und Jakow, dann brummte er vor sich hin: »Es ist komplizierter, als ich dachte …«
     
    Denis stieg die Treppenstufen hinauf und betrat den Flur, der zur Krankenabteilung führte. Seine Sicherheit war geschwunden, und er fühlte sich entsetzlich müde. Jetzt würde er nicht mehr darauf wetten, dass ihm ein paar Minuten zuvor ein Mädchen im Traum gesagt hatte, er solle aufwachen
und irgendwohin gehen. Er fühlte sich einsam und hatte Angst.
     
    »Wir versuchen es noch einmal«, sagte der Chirurg. »Licht!«
    Jakow und Polina richteten ihre Lampen wieder auf den Rücken des Verletzten. Polina spürte – was selten vorkam – , wie Übelkeit in ihr aufstieg, und vermied es, auf die Wunden zu blicken. Mit äußerster Präzision führte der Chirurg die Pinzette wieder in die erste Furche hinein und bekam dort etwas zu fassen. Polina sah, wie der Arzt sich anspannte, sein Gesicht rot anlief und Schweißtropfen über seine Schläfen rannen. Er

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