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Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Kusnezow
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zog. Der Verletzte stieß ein schreckliches Gebrüll aus. Die Lampe in Polinas Händen zitterte.
    Mit einem widerlichen schmatzenden Geräusch zog der Chirurg einen großen blutigen Gegenstand aus der Wunde und hielt ihn vor Polinas Lampe.
    »Was ist das?«, fragte Jakow.
    »Hol eine Lupe«, befahl der Arzt.
     
    Denis verlangsamte seine Schritte. Von hier aus war das Zimmer hervorragend zu sehen, in dessen Mitte auf einem Tisch der bis zum Gürtel nackte muskulöse Körper eines Mannes lag. Und was soll ich jetzt tun?, dachte der Junge. Er sah sich sogar nach allen Seiten um, als erwartete er, dass jemand Weises auftauchen und ihm antworten würde. Aber natürlich war weit und breit niemand zu sehen.
     
    Es war kein Ding. Die Backen der Pinzette pressten ein ziemlich großes, behaartes, schwarzes Insekt zusammen.
Das Tier war eine Art Kreuzung zwischen Hummel und Fliege und bot mit seinen starken Flügeln, vier klammernden Füßchen, an denen Polina sogar Krallen zu erkennen glaubte, und einem Paar unheimlicher, nach vorne ragender knöcherner Mundwerkzeuge einen furchteinflößenden Anblick.
    »Die Fauna kämpft ums Überleben wie sie nur kann …«, murmelte der Chirurg, während er das grässliche Insekt mit der Pinzette unter der Lupe hin und her drehte, die Jakow ihm mit zitternder Hand hinhielt. »Der erste Frost, verstehst du … Die Käfer wollten sich im Warmen einnisten. Im Fleisch. Wenn an diesen Beißerchen Gift ist, werden wir den armen Teufel kaum retten können.«
    Als hätte das Insekt seine Worte gehört, begannen die Mundwerkzeuge sich zu bewegen.
    »Es lebt!«, flüsterte Jakow heiser.
    »Ein Glas, schnell«, befahl der Chirurg geschäftig.
    »Sind da noch mehr von der Sorte?«, fragte Polina.
    »Das werden wir gleich feststellen«, entgegnete der Chirurg, während er das Tier in das Glas beförderte und den
    Deckel zuschraubte.
    »Wird es nicht ausbrechen?«, fragte Jakow ängstlich.
    »Das soll es nur versuchen … Machen wir weiter, Kollegen. «
    Denis schloss die Augen, und wieder entschlüpfte ein inneres Menschlein, das unsichtbar und schwerelos war, seinem Körper und flog auf, dorthin, wo sich drei Erwachsene um einen vierten, verletzten zu schaffen machten. Dank dieses Schmetterlings-Menschleins konnte Denis nicht nur vorzüglich sehen und hören, was in der Krankenstation vor
sich ging, sondern war sogar in der Lage, ein wenig die Gedanken und Stimmungen der anwesenden Leute auszuforschen.
    Da war seine Mama. Sie war sehr krank, hielt sich kaum auf den Beinen. Sie müsste dringend nach Hause, sich hinlegen. Aber sie konnte nicht weg, denn sie wusste, dass die anderen auf sie zählten. Dieser da, der etwas Jüngere, war Onkel Jascha. Er sah verängstigt aus und drehte sich immer wieder zu dem verschraubten Glas auf dem Tisch um. In dem Glas bewegte sich etwas. Der andere, ältere Mann war Onkel Chirurg. Der hatte keine Angst, sondern war konzentriert und geschäftig. Und neugierig. Eines Tages würde ihn seine Neugier umbringen …
    Schließlich war da noch der Verletzte auf dem Tisch. Ihm ging es sehr schlecht. Sie waren nicht nur über ihn hergefallen … nun war nichts zu erkennen, nichts zu verstehen, nur zusammenhanglose Fetzen … Nein, sie hatten ihn auch noch vergiftet … Jetzt zog Onkel Chirurg die zweite Kreatur aus der Wunde des Kranken. Insgesamt waren es drei. Ihr Gift wirkte vor allem … auf den Kopf? Wie konnte er dem Verletzten helfen? Wie konnte er verhindern, dass er starb?
    Der Junge im Flur kniff die Augen zusammen und ballte die Hände zu Fäusten.
    Im selben Moment, als der Chirurg dem Körper des Verletzten das letzte Insekt entrissen hatte und vom OPTisch zurücktrat, im selben Moment auch, als Polina sich auf einen Stuhl sinken ließ, da ihre Beine sie nicht länger trugen, und Jakow das Glas betrachtete, genau in diesem Moment, bäumte sich der Verletzte wie wahnsinnig
auf und begann laut zu brüllen, so dass alle drei heftig erschraken.
    Er wird nicht sterben, flüsterte das Schmetterlings-Menschlein. Jetzt wird er ganz sicher nicht sterben.
    Denis öffnete die Augen.
    Polina, die noch immer unter dem Schock des furchtbaren Gebrülls stand, blickte beunruhigt durch die halb geöffnete Tür in den finsteren Flur, der zur Krankenabteilung führte. Für einen Moment glaubte sie dort ihren Sohn zu erkennen. Sie erhob sich sogar und trat ein paar Schritte auf die Tür zu.
    »Denis?«
    Das Schmetterlings-Menschlein kehrte zu ihm zurück, und Denis eilte die Treppe

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