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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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seinen Charakter zu Ohren gekommen ist.«
    »Bisschen spät für derartige Erkundigungen - oder nicht, wenn sie schon verlobt sind?« Quarry löffelte ein Stück unidentifizierbaren Grünzeugs aus seiner Suppentasse, betrachtete es kritisch, dann zuckte er mit den Achseln und aß es. »Geht Euch doch sowieso nichts an, oder? Ihr Vater ist doch bestimmt zufrieden?«
    »Sie hat keinen Vater mehr. Und keine Mutter. Sie ist verwaist und ist seit zehn Jahren das Mündel meines Bruders Hal. Sie lebt im Haushalt meiner Mutter.«
    »Mm? Oh. Das wusste ich nicht.« Quarry kaute langsam auf seinem Brot herum und betrachtete seinen Freund mit nachdenklich gesenkten Augenbrauen. »Was hat er denn angestellt? Trevelyan, meine ich, nicht Euer Bruder.«
    Lord John zog seinerseits die Augenbrauen hoch und spielte mit seinem Suppenlöffel.
    »Nichts, soweit ich weiß. Warum sollte er denn etwas angestellt haben?«

    »Sonst würdet Ihr Euch doch nicht nach seinem Charakter erkundigen«, führte Quarry in aller Logik an. »Raus damit, John; was hat er getan?«
    »Es ist nicht so sehr, was er getan hat, als vielmehr die Folgen.« Lord John lehnte sich zurück und wartete ab, bis der Steward das Suppengeschirr abgeräumt und sich außer Hörweite begeben hatte. Er beugte sich ein wenig vor, senkte die Stimme bis weit unter den Flüsterton, und dennoch spürte er, wie ihm das Blut in die Wangen stieg.
    Es war absurd, sagte er sich. Jeder Mann warf dann und wann einen beiläufigen Blick auf seinen Nebenmann - doch seine persönlichen Vorlieben machten ihn in einer solchen Situation mehr als angreifbar; er konnte die Vorstellung, dass ihn jemand einer vorsätzlichen Inspektion bezichtigen könnte, nicht ertragen. Nicht einmal Quarry - der in einer ähnlichen Situation Trevelyan wahrscheinlich am Glied des Anstoßes gepackt und lauthals eine Erklärung für das Ganze verlangt hätte.
    »Ich - habe mich vorhin zurückgezogen -«, er nickte in Richtung des chinesischen Paravents, »- und bin unerwartet auf Trevelyan gestoßen. Mir … äh … fiel zufällig ins Auge -« Himmel, er wurde rot wie ein Mädchen; Quarry grinste über sein Unbehagen.
    »… glaube, es ist die Syph«, schloss er, und seine Stimme war kaum noch ein Murmeln.
    Das Grinsen verschwand abrupt aus Quarrys Gesicht, und er blickte auf die chinesische Trennwand, hinter der gerade Lord Dewhurst ins Gespräch mit einem Freund vertieft zum Vorschein kam. Als er Quarrys Blick auffing, sah Dewhurst automatisch nach unten, um sich zu versichern, dass seine Hose zugeknöpft war. Als er sie ordnungsgemäß
vorfand, warf er Quarry einen finsteren Blick zu und kehrte an seinen Tisch zurück.
    »Syph.« Quarry senkte ebenfalls die Stimme, sprach aber immer noch ein ganzes Stück lauter, als es Grey lieb war. »Syphilis meint Ihr?«
    »Genau.«
    »Sicher, dass Ihr Euch das nicht eingebildet habt? Ich meine, ein Blick aus dem Augenwinkel, ein kleiner Schatten … da kann man sich doch leicht irren, wie?«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Grey gereizt. Gleichzeitig klammerte sich sein Verstand voller Hoffnung an diese Möglichkeit. Es war nur ein kurzer Blick gewesen. Vielleicht war er ja im Irrtum … es war ein sehr verlockender Gedanke.
    Quarry blickte erneut zu der chinesischen Wand hinüber; alle Fenster waren geöffnet, und der herrliche Junisonnenschein flutete herein. Die Luft war wie Kristall; Grey, der in seiner Aufregung das Salzgefäß umgestoßen hatte, konnte jedes einzelne Salzkorn auf dem Leinentuch sehen.
    »Ah«, sagte Quarry. Er verstummte für einen Moment und malte mit dem Zeigefinger ein Muster in das verschüttete Salz.
    Er fragte nicht, ob Grey einen Schankerfleck erkennen würde. Jeder junge Offizier im Dienst sah sich dann und wann gezwungen, den Stabsarzt bei der Truppeninspektion zu begleiten, um von Männern Notiz zu nehmen, die so krank waren, dass man sie entlassen musste. Die Vielfalt der Formen und Größen - von ihrem Zustand ganz zu schweigen -, die bei diesen Gelegenheiten zur Schau gestellt wurde, lieferte am Abend nach solchen Inspektionen in der Offiziersmesse viel Stoff für Gelächter.

    »Nun, wohin geht er, wenn er eine Hure braucht?«, fragte Quarry. Er blickte auf und rieb sich das Salz vom Finger.
    »Was?« Grey sah ihn ausdruckslos an.
    Quarry zog eine Augenbraue hoch.
    »Trevelyan. Wenn er die Syph hat, muss er sich doch irgendwo angesteckt haben, oder nicht?«
    »Sollte man meinen.«
    »Na also.« Quarry lehnte sich selbstzufrieden auf

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