Das Midas-Kartell
durfte; so gesehen, war es nicht verkehrt, ihnen so viel wie möglich zu liefern.
Der Rasen vor dem stattlichen Klinikgebäude war fein säuberlich gemäht und so grün, dass er fast künstlich wirkte. Ein Sicherheitsmann in einem Wagen kam näher und bremste ab, um den Besucher zu mustern, und schrieb sich das Kennzeichen des Mietwagens auf.
»Herrlicher Tag heute, was?«, rief Markus.
»In der Tat, Sir«, rief der Mann zurück.
Markus öffnete den Kofferraum, nahm seine Kamera heraus und überprüfte noch einmal die Adresse. Ja, er war am richtigen Ort. Was wie ein exklusiver Country Club aussah, war in Wirklichkeit ein Krankenhaus für Intensivpatienten. Er ging die Auffahrt entlang. Der Eingang mit seinem Portikus und den korinthischen Säulen wirkte ein wenig plump, doch im Innern empfingen ihn Glas, Stahl und klare Linien.
»Ich möchte zu Danny Wiseman«, sagte er und lächelte die Empfangsdame an. Heute war ein Tag zum Lächeln.
Die Frau hinter dem Schalter war grauhaarig und trug eine Button-down-Bluse. Sie nickte, als würde sie den Namen auf Anhieb erkennen, verzog dann aber irritiert das Gesicht.
»Ich glaube nicht, dass das möglich sein wird«, erklärte sie und spähte über ihren Brillenrand auf den Monitor.
»Sie verstehen nicht. Ich bin aus England hergeflogen, um ihn zu besuchen. Daniel erwartet mich.«
»Daniel Wiseman?«, wiederholte sie und buchstabierte den Nachnamen. Ihre Stirnfalten sahen aus, als wären sie ihr ins Gesicht geschnitzt. »Sie haben gestern mit ihm gesprochen?«
»Ich habe eine E-Mail bekommen. Gestern oder vorgestern. Ich habe heute Morgen den ersten Flug genommen. Letzte Woche habe ich noch mit ihm telefoniert. Wo ist das Problem?« Er wurde allmählich ungeduldig.
»Ich fürchte, Sie verstehen nicht, Sir. Sie können ihn nicht besuchen, weil er nicht mehr da ist. Tut mir leid, wenn ich Ihnen die schlechte Nachricht überbringen muss. Er ist letzte Nacht verstorben.«
Markus spürte, wie sich sein Magen zusammenkrampfte. »Das kann nicht sein. Unmöglich. Es ging ihm doch schon besser. Wo ist sein behandelnder Arzt?«
Die Empfangsdame blickte auf ihren Bildschirm. »Dr. Adams müsste gestern Dienst gehabt haben. Und er sollte heute im Haus sein. Lassen Sie mich sehen, ob ich ihn nicht irgendwo finde.«
Markus trommelte nervös mit den Fingern auf der Theke.
»Das ist aber merkwürdig. Dr. Adams ist heute Morgen nicht zur Arbeit erschienen. Laut Protokoll ist Mr Wiseman einem Herzstillstand erlegen. Es tut mir so leid, Sir, mein aufrichtiges Beileid.«
»In welchem Zimmer lag er?«
»306. Das ist im dritten Stock. Ein wunderschönes Zimmer mit herrlichem Blick über den See. Er hat seine letzten Tage in der bestmöglichen Umgebung verbracht, da können Sie gewiss sein.«
Markus drehte sich um und steuerte auf die Treppe zu.
»Sir, Sir, Sie brauchen einen Besucherausweis. Ohne den können Sie die Türen nicht öffnen.«
Er machte auf dem Absatz kehrt. »Okay. Wo muss ich unterschreiben?«
»Es muss aber jemand da sein, den Sie besuchen. Wenn kein Patient da ist, kann ich Ihnen keinen Ausweis geben.«
»Hören Sie, Daniel war mein Freund. Ich wäre Ihnen wirklich dankbar, wenn Sie in diesem Fall mal ein Auge zudrücken würden. Ich würde gern das Zimmer sehen, wo er seine letzten Stunden verbracht hat, und mich von ihm verabschieden. Ich bin eigens aus England hergeflogen, um ihn zu besuchen, und das trifft mich jetzt sehr hart.«
Der verzweifelte Ton in seiner Stimme schien sie zu erweichen. »Na ja, auf das eine Mal kommt es nicht an. Aber halten Sie sich bitte nicht so lange auf.« Sie druckte einen Pass aus und bat ihn, sich in eine Liste einzutragen. »Die Zimmer werden recht schnell gereinigt. Seine Sachen sind wahrscheinlich schon längst eingepackt und auf dem Weg zu den engsten Verwandten.«
»Danke«, sagte Markus und nahm den Pass.
»Wenn Sie mit jemandem darüber reden möchten, unser psychologischer Beratungsdienst macht auch Sonderpreise«, rief sie ihm nach.
Markus nahm drei Stufen auf einmal. Zimmer 306 befand sich gleich neben dem Aufzug. Es war leer, bis auf ein funktionelles Klinikbett. Es roch nach Desinfektionsmittel. Er lehnte sich gegen den Türrahmen. Daniel war nicht hier. Nichts wies darauf hin, dass er je hier gewesen war. Markus ging auf das Bett
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