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Das mittlere Zimmer

Das mittlere Zimmer

Titel: Das mittlere Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Lempke
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sie zu Hause, als ein heftiges Gewitter mit schweren Sturmböen über der Stadt niederging.
    Während der nächsten Tage regnete und gewitterte es weiter.
    Am Mittwoch traf sich Johann mit Gerd-Uwe in der Musikschule, zum Spiel auf zwei Klavieren. Rike kam mit, hörte zu und fand, dass die beiden Herrn ruhig noch ein wenig mehr üben sollten.
    Auch d en Rest der Woche regnete es, und als Rike wieder einmal Wäsche waschen musste, die sie bisher auf der Wäschespinne hinter dem Haus hatte trocknen können, fragte sie Johann, wohin mit der Wäsche.
    „Helga hat sie immer auf dem Dachboden aufgehängt. Auf dem rechten Dachboden“, erklärte er, während er einer kranken Katze in die entzündeten Ohren leuchtete.
    Also schleppte Rike den Korb ganz nach oben, wo von einem gut drei mal drei Meter großen Flur zwei Türen abgingen, eine nach rechts, eine nach links. Rike öffnete die rechte Tür und suchte nach dem Lichtschalter, fand ihn, und zwei nackte Glühbirnen leuchteten auf.
    Der Raum war sehr groß, unter dem Dach völlig unisoliert und unverkleidet und fast leer bis auf ein paar Kartons unter den Schrägen. In der Mitte, wo man noch stehen konnte, waren mehrere Wäscheleinen gespannt.
    Regen prasselte auf das Dach, die Luft war feuchtwarm. Rike hängte die nasse Kle idung auf, trat in den kleinen Flur und wollte wieder nach unten gehen, als ihr Blick auf die gegenüber liegende Dachbodentür fiel. Die linke. Was mochte dahinter sein? Sie drückte die Klinke herunter und siehe da - die Tür war abgeschlossen.
    Fünf verschlossene Türen in einem Haus. Das war zuviel. Wusste Johann nicht, was er damit provozierte? Vielleicht machte er damit Menschen wie Helga, die nichts vom Zeitloch oder seiner Verjüngung wussten, nicht neugierig. Ganz gewiss aber Rike!
    Irgendwann im Laufe des Abends fragte sie Johann ganz nebenbei, was er denn im linken Dachzimmer aufbewahre. Johann lächelte. Aber s ein Lächeln wirkte angespannt.
    „Ach, da oben sind ein paar alte Möbel meiner Eltern und Großeltern abgestellt. Nichts Besonderes.“
    Rike glaubte ihm kein Wort. Und so begann sie in der nächsten Woche die zufällige, spontane Schlüsselsuche zu einer systematischen, gründlichen Schlüsselsuche au szuweiten.
    Es war jetzt August, der Regen hatte aufgehört, die Temperaturen stiegen, und an manchem Nachmittag lief Rike nur im ärmellosen Shirt und im Slip durchs Haus. Sie kniete sich vor Schränke, räumte sie bis in den hintersten Winkel aus und fand sogar einmal eine Blechd ose mit Schlüsseln darin. Aber natürlich passte kein einziger zu einer der fünf Türen.
    Als sie einen der Schlüssel (Johann machte gerade Impfungen in einem Reitstall) ins Schloss des mittleren Zimmers zu stecken versuchte, verspürte sie erneut einen leichten Stromschlag, und ein Geruch nach frisch gemähtem Gras vernebelte für Sekunden ihr Gehirn. Fast das gle iche passierte ihr, als sie die Schlüssel an der Tür zum Kellerraum und der Tür zum Raum im Erdgeschoss ausprobierte.
    Zwischen den drei Räumen musste es eine Verbindung geben, und es dauerte nicht lange, bis Rike diese Verbindung erkannte: die drei Räume lagen exakt übereina nder. Das fachte ihre Neugier enorm an. Wo mochte Johann nur die verflixten Schlüssel aufbewahren?!
    Nach langem Grübeln gelangte sie schließlich zu der Überzeugung, dass die Schlüssel unten in den Praxisräumen versteckt sein mussten. Sie fragte Johann, ob sie ihm nicht helfen dürfe bei der Verarztung von Hunden, Katzen und Meerschweinen, und Johann fand es richtig, dass sie sich um eine sinnvolle Arbeit kümmerte. Hätte er geahnt, dass sie im Grunde nur Schlüssel suchte, um hinter seine Geheimnisse zu kommen, hätte er sie vielleicht aus dem Haus geworfen.
    Mitte August fuhr sie wie jeden Tag zur Garage, um nachzusehen, ob sich irgendetwas tat. Aber es tat sich nichts. Und so kaufte Rike in der Stadt ein und stellte frische Blumen auf die beiden falschen Gräber.
    Wieder zu Hause drehten sich all ihre Gedanken nur noch um Schlüssel. Anfangs hatte sie vermutet, Johann trage die Schlüssel, da sie nirgendwo zu finden waren, am Kö rper bei sich. Und so hatte Rike Johann bei der einen oder anderen Umarmung diskret nach Metallteilen abgetastet. Und wieder nichts gefunden.
    Allmählich begannen die Schlüssel ihr Denken zu beherrschen. Wenn sie abends (nach einem beschaulichen Fernsehabend oder einem leidenschaftlichen Zusa mmensein mit Johann) allein im Bett ihres Zimmers lag, begann sie immer wieder

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