Das Model und der Scheich
Selbstachtung. Salih, ich habe dich so geliebt …“
Hilflos schluchzte sie auf und ließ endlich, nach so vielen Jahren, den Tränen ihren Lauf. „Ich habe mich … unrein gefühlt. Ich dachte: Wenn Salih so hässliche Dinge sagt, dann … war alles nichts, was wir zusammen erlebt haben. Du hast deine Ehre verraten. Die Worte haben sich in mein Herz gebrannt. Was uns verbunden hatte, war plötzlich nichts Wunderbares mehr. Alles war zu Ende …“
Salih schwieg und betrachtete sie. Sie sagte die Wahrheit …
„Und jetzt erfahre ich, dass du mir den Brief wegen einer Lappalie geschrieben hast. Hast du wirklich geglaubt, dass ich anderen Männern nicht widerstehen kann? Soll ich dir etwas sagen?
Selbst drei Jahre später fiel es mir ausgesprochen schwer, mich mit Leo einzulassen. Danach habe ich mich so schlecht gefühlt, dass ich mich im Bad übergeben habe.“
Sie suchte nach Taschentüchern. Dann blickte sie Salih an. „Salih, dein Verhalten ist unverzeihlich. Wie konntest du nur so etwas von mir glauben? Damit hast du etwas sehr Kostbares unwiederbringlich zerstört. Na ja, wenigstens weiß ich jetzt Bescheid. Wenn ich daran denke, dass ich die ganzen letzten Tage das Scheitern unserer Beziehung bedauert habe … Ich habe mir eingebildet, dass uns immer noch etwas verbindet. Dabei war das von Anfang an nicht der Fall. Ab jetzt werde ich der Vergangenheit nicht mehr nachtrauern. Vermutlich habe ich sogar Glück gehabt, dass ich auf diese Weise davongekommen bin.“
Endlich hatte sie alles gesagt. Und in der Stille war nur noch ihr Schluchzen zu hören.
11. KAPITEL
Ausdruckslos blickte Salih ins Leere. Wie von einer Kugel getroffen, wartete er auf den Schmerz. Und spürte, ganz langsam, seine Abwehr schwinden. In Wirklichkeit hatte er ganz allein seinen Lebenstraum zerstört. Es war nicht Desirées Schuld. Das hatte er sich all die Jahre nur eingeredet.
Es stimmte: Er hatte sich ihr gegenüber weder großzügig noch ehrenhaft gezeigt. Nicht einmal angehört hatte er sie. Und außerdem hätte er Verständnis für ihre Situation aufbringen müssen. Ein zweiundvierzigjähriger Mann, ein Mädchen mit sechzehn. Wie hätte sie sich gegen ihn behaupten sollen?
Warum nur war er, Salih, so blind gewesen? Warum hatte er auch nach Jahren die Dinge nicht mit anderen Augen gesehen? Er suchte nach Worten.
„Desi, ich kann dir nicht sagen, wie sehr mir alles leidtut. Was habe ich nur getan? Bitte vergib mir.“
Er nahm ihre Hand, doch Desirée, die noch immer weinte, entzog sie ihm.
„Dir vergeben? Wie könnte ich das?“, stieß sie unter Tränen hervor.
„Desi.“ Seine Stimme klang auf einmal sehr weich. „Wie dumm ich war! Und nicht nur das: Hartherzig war ich!“
„Wenn du mich wirklich lieben würdest, könntest du nicht so schlecht über mich denken“, schluchzte sie.
Salih schluckte. Wie ließen sich zehn verlorene Jahre wiedergutmachen?
„Desi, es tut mir so leid.“
„Na, großartig“, entgegnete sie bitter und setzte ironisch hinzu: „Das ändert alles.“
Wegen der unerträglichen Hitze im Wagen drehte Desirée das Fenster ein Stück herunter – was keine Kühlung brachte.
„Fahren wir. Hier können wir nicht bleiben“, meinte Salih und ließ den Motor an.
Inzwischen stand die Sonne im Westen. Während sie weiterfuhren, schien sie, je nach Straßenverlauf, mal von vorne, mal von rechts ins Wageninnere und brannte Desirée auf der Haut. Egal, wie sie sich hinsetzte, die Strahlen waren unerträglich.
Nach einer Weile hielt Salih an. Er stieg aus, kramte im Heck des Fahrzeugs und kam zu Desirée. Dann brachte er am Fenster einen Sonnenschutz aus Karton an, der die Seitenscheibe und eine Ecke der Windschutzscheibe abdeckte.
„Danke“, sagte Desirée.
Salih nickte und schluckte.
„Allerdings finde ich, dass du das schon vor drei Tagen hättest machen können.“
Schweigend fuhren sie weiter, vorbei an Kamelen und Ziegen.
Manchmal begegneten sie anderen Fahrzeugen. In der Ferne tauchte ab und zu ein Nomadenlager auf. Ansonsten waren sie von nichts als Wüste umgeben.
Schließlich bog Salih von der Straße ab, und es ging weiter durch den Sand. Wie habe ich eine so leere Landschaft jemals schön finden können?, fragte sich Desirée.
Wo bist du? Immer noch in der Wüste? Wie läuft es mit S.? Bitte melde dich bald.
Diese Botschaft aus einer anderen Welt drang gar nicht richtig in Desirées Bewusstsein. Da der Empfang ohnehin schwach war, klappte sie das Handy wieder zu.
Etwa
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