Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rüth
Vom Netzwerk:
das verstand sie bestimmt falsch. Er war kurz davor, genauso zu explodieren wie Franz, das war es.
    Klaus Mantinger sah sie sanft an. Er sagte nichts, sekundenlang, nur sein Blick ruhte auf ihr, umfasste sie, durchdrang sie. Sie fühlte sich nackt und ausgeliefert, völlig erstarrt. Ihr war, als könnte sie sich nie wieder bewegen. Nochmals nahm er genussvoll einen großen Schluck seines Montevertine.
    Dann ging es blitzschnell. Mit einer federnden, dynamischen Bewegung griff Mantinger in seinen Rucksack, der neben seinem Stuhl gestanden hatte, und holte etwas hervor. Er sprang geräuschlos und geschmeidig auf wie eine Raubkatze, die minutenlang ihre Beute beobachtet hatte und sie jetzt mit einem einzigen Satz fasste. Mit der rechten Hand griff er Sabrina Parlotti in die Haare, riss ihren Kopf brutal zurück und hielt ihr einen Gegenstand an den Hals. Sie spürte einige harte, sehr schmerzhafte Schläge, die sich im ganzen Körper ausbreiteten, dann nichts mehr. Das musste ein Elektroschocker sein. Sie wollte Luft holen, aber ihre Kehle, ihr Hals waren wie gelähmt. Die Panik erfüllte ihren ganzen Körper, sie konnte sich nicht rühren, konnte nicht sprechen, kaum atmen. Doch sie war nicht bewusstlos, nur benommen. Im Zimmer war es absolut still, nur die sanften Klänge von Sade perlten aus dem CD-Spieler.
     
    Mantinger betrachtete sie einen Moment lang kühl, dann stützte er ihren zusammengesackten Körper gegen die Stuhllehne. Er zog einen zweiten Stuhl direkt neben sie, setzte sich, beugte sich über den Tisch und zog ungerührt das Weinglas zu sich herüber. Ganz ruhig, so als wäre nichts geschehen, nahm er einen Schluck, wiederum die Aromen abwägend. Dann legte er den Arm um die gelähmte Parlotti, die immer noch nach Luft rang. In ihren Augen malte sich nackte Angst. »Du willst also wissen, wie ich es angestellt habe? Gut, ich werde dir diesen Gefallen tun. Du hast ein Recht darauf. Und wie du selbst gesagt hast: Wir haben noch so viel vor.«
    Er schenkte sich nach und begann zu erzählen. »Ich habe immer meine Methoden gehabt, Geld zu verdienen, ich meine, viel Geld. Während des Studiums in Köln hat es noch nicht so gut funktioniert, da war ich noch zu unprofessionell. Dann ist mir Mancini über den Weg gelaufen. Er war in Bedrängnis, hatte Spielschulden, seine Frau hatte keine Ahnung davon. Komisch, dass er dir nichts davon erzählt hat, obwohl ihr doch so gute Freunde wart. Sei’s drum. Jedenfalls hatte ich ihn damit in der Hand. Was für ein erbärmlicher Wicht. Hat sich mir anvertraut, als wären wir seit Jahren Freunde.« Er lachte auf eine Art, die Sabrina Parlotti nie zuvor bei ihm gehört hatte. Kalt, boshaft, anders als das Lachen von Junghans, viel beängstigender. Fast dämonenhaft. Auf einmal war er völlig verändert. Es war wie die gruselige Verwandlung von Doktor Jekyll zu Mister Hyde.
    »Er wurde zu meiner kleinen Marionette«, berichtete Mantinger sinnend, »also haben wir die IFS gegründet. Das war selbstredend meine Idee, der Wicht wäre zu so etwas Großartigem niemals fähig gewesen. International Financial Services! Allein der Name ist genial, das musst du zugeben.«
    Wieder setzte er das Glas an seine Lippen. Plötzlich stieß Sabrina Parlotti ein leises Wimmern aus, kaum wahrnehmbar. Mantinger stellt das Glas ab und schaute ungläubig auf sein Opfer herab. Sie hatte offenbar eine bemerkenswerte physische Konstitution. Jeder normale Mensch wäre bei derartigen Stromstößen minutenlang benommen. Sie fing sogar schon wieder an, sich zu rühren. Wirklich beeindruckend. Mit dem rechten Arm zog er sie sanft an sich und hielt ihr ungerührt den Elektroschocker an den Hals. Sie zuckte leicht und erstarrte erneut.
    »Wo war ich stehen geblieben? Richtig, bei Mancini. Unser Geschäft gedieh prima, über sieben Millionen Euro haben wir erwirtschaftet, netto!« Wieder dieses wahnsinnige, angsteinflößende Lachen, das sie wie durch einen Schleier erreichte. »Du müsstest mal sehen, was ich für ein tolles Boot habe. Und mein Traumhaus steht oberhalb von Saint Tropez, mediterraner Stil, Palmengarten, Pool, Dachterrasse mit Meerblick. Es hätte noch jahrelang so weitergehen können, unter der Woche der öde Beraterjob in Südtirol und am Wochenende Luxus – und keiner ahnt etwas. Aber dann kommt dieser Vollidiot aus Deutschland und meint, den Detektiv spielen zu müssen. Ich hatte keine Wahl. Ich habe aus Schimmels Büro ein paar Ampullen Digimerck verschwinden lassen und sie am Tag

Weitere Kostenlose Bücher