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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rüth
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zögern rief er die Bergrettung an. »Notfall, wir sind auf dem Arthur-Hartdegen-Weg, Abzweig zum Lenkstein. Wir haben hier möglicherweise einen Herzinfarkt. Beeilen Sie sich, es geht ihm schlecht.«
    »Wir schicken sofort einen Hubschrauber.«
    Während Achatz sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf einer der Felsplatten niederließ, redeten alle wild durcheinander. Lediglich Junghans blieb ruhig und sagte beiläufig: »Mensch, Leute, jetzt werdet doch nicht gleich so panisch. So schnell kriegt man keinen Herzinfarkt. Das wird ein Schwächeanfall sein, das geht in ein paar Minuten vorüber.« Niemand hörte ihm zu.
    ***
     
    Nachdem sie den Gipfel erreicht hatten, setzten sie sich an das Gipfelkreuz und breiteten ein Südtiroler Picknick vor sich aus. Valentin zauberte eine Flasche Lagrein aus seinem Rucksack hervor. »Bist du bei Gianna weitergekommen? Hast du ihr vorgeschlagen, sich eine Kanzlei in Bozen zu suchen, damit ihr zusammenziehen könnt?«
    »Mein Vorstoß hat nichts gebracht. Sie meint, dass sie in der Kanzlei ihrer Eltern ›perfekte Entwicklungschancen‹ hat, wie sie es nennt. Ich habe schon Zweifel, dass das auf die Dauer mit uns gut geht.«
    »Du gibst zu schnell auf«, sagte Valentin. »Gianna ist eine außergewöhnliche Frau, für die lohnt es sich zu kämpfen. Außerdem solltest du dich auch mal in ihre Situation hineinversetzen. Sie ist ein Stadtmensch, will Karriere machen und findet bei ihren Eltern optimale Bedingungen vor. Würdest du umgekehrt für Gianna nach Mailand gehen?«
    »Hast ja recht, Hans. Trotzdem …«
    Weiter kam er nicht, weil sich aus Südwesten ein lautes Geräusch näherte. Sie drehten sich um. Ein Hubschrauber flog in niedriger Höhe direkt auf sie zu. Valentin blinzelte gegen das Sonnenlicht. »Das ist einer von der Bergrettung. Hoffentlich ist nichts Schlimmeres passiert. Zum Spaß sind die nicht hier.« Der Hubschrauber flog vor ihnen über die Grathöhe des Fernerköpfl, so nah, dass sie den Piloten und mindestens drei weitere Insassen erkennen konnten. Die Rotorblätter machten einen Höllenlärm.
    »Da ist was passiert!«, schrie Valentin gegen den Krach an. »Ist wahrscheinlich jemand abgestürzt, vielleicht am Wildgall, den unterschätzen viele.« Aber der Hubschrauber flog in einer Linksschleife am Wildgall vorbei, direkt in Richtung Ursprungalm.
    ***
     
    Achatz hatte heftige Schmerzen, er konnte kaum noch atmen. Aufgeregt drängte sich die Gruppe um ihn. Sabrina Parlotti hatte sich neben ihn gesetzt und seinen Kopf in ihren Schoß gelegt. Sie streichelte ihm die Wangen, Tränen liefen ihr über das Gesicht.
    Neben ihr saß Fabio Franco und redete beruhigend auf sie ein: »Mach dir keine Sorgen, Sabrina, wir haben schnell reagiert. Jeden Moment ist der Notarzt hier.«
    Gemini kniete neben Achatz, um ihm Jacke und Hemd zu öffnen. Mantinger war auf einen höher gelegenen Felsen gestiegen, um dem Hubschrauber Zeichen zu geben. Leichenblass standen die Übrigen daneben und sahen hilflos zu.
    Achatz’ Schmerzen wurden unerträglich. Er zitterte und war schweißgebadet. Wie durch einen Nebel vernahm er Bewegungen um sich herum. Er spürte Sabrinas Hände an seinem Kopf, ein beruhigendes Gefühl. Ihm war klar, dass er jetzt sterben würde. Nach dem Tod von Maria und Johannes hatte er sich oft gefragt, ob Menschen es wussten, wenn sie starben. Gab es dafür einen angeborenen Instinkt? Nun spürte er es. Seine Schmerzen schienen nachzulassen. Er fühlte nichts mehr in Armen und Beinen. Von weit her vernahm er ein Geräusch, ein merkwürdiges, wiederkehrendes Geräusch. Es schien näher zu kommen, lauter zu werden. Oder bildete er sich das bloß ein?
    Wie seltsam! Er hatte immer gedacht, dass das ganze Leben vor einem abläuft, wenn man stirbt. Aber das stimmte nicht. Er sah bloß seine Familie, hörte sie lachen, aus einer merkwürdigen, dimensionslosen Ferne. In seinem Kopf war sonst nichts, kein einziger Gedanke. KOMPAG, SSP, IFS – was war das? Er sah nur Maria und Johannes, so nah, als wäre er bei ihnen. Warum hatte er in seinem Leben so viel Zeit für Unnützes verplempert?
    Mit einem waghalsigen Manöver setzte der wendige Helikopter am Rand der Felsplatte auf. Drei Männer in weißen Kitteln stürmten aus der Kabine. »Ich bin Dottore Tadini, Krankenhaus Bruneck. Bitte treten Sie zur Seite.« Der grauhaarige Arzt kniete sich neben Achatz, dessen Augen geschlossen waren, und klebte ihm die EKG-Elektroden an. Um Platz zu machen, legte Sabrina Parlotti

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