Das Mordkreuz
anstehende Messe und die weiteren Gespräche auf der Veranstaltung.»
«Kam Ihnen das nicht seltsam vor?»
«Wieso? Ich war froh, dass er sich wieder gefangen hatte. Es wäre das Letzte gewesen, ihn von meiner Seite aus auf diese vertrackte Geschichte anzusprechen.»
«Hat Imhof die Veranstaltung in Eibelstadt nochmals verlassen?»
«Ich denke nicht.»
«Wie können Sie so sicher sein? Es waren doch um die fünfzig Personen anwesend.»
«Sicher bin ich mir nicht. Aber ich glaube ihn den ganzen Abend über gesehen zu haben.»
«Sie glauben …» Heinlein seufzte. «Ist es Ihnen nie in den Sinn gekommen, dass Imhof mit dem Verschwinden Zinnhobels etwas zu tun haben könnte?»
«Nein, warum auch? Man wusste ja lange nicht, was mit Zinnhobel überhaupt los war. Er hätte wie dieser Richter aus Hamburg einfach verschwinden können. In die Karibikoder nach Thailand, sich austoben. Man kennt das doch zur Genüge aus dem Fernsehen. Zuzutrauen war es ihm.»
«Und als Zinnhobel tot aufgefunden wurde, hat es auch nicht bei Ihnen geklingelt?»
Reisinger wurde unwohl zumute. Er suchte nach Antworten, die er nicht hatte oder nicht geben wollte. «Irgendwie schon, und dann auch wieder nicht. Ja, ich habe Michael darauf angesprochen, aber er hat nur gelacht. Zinnhobel sei Geschichte, und ich solle mir nicht länger den Kopf darüber zerbrechen. Damit war die Sache für mich erledigt.»
«Und als Staatsanwalt Mangel tot aufgefunden wurde, haben Sie noch immer nicht eins und eins zusammengezählt?»
«Mangel, mein Gott. Ich habe zwei Tage gebraucht, um mich überhaupt zu erinnern, wer das ist. Der Prozess war vor einem Jahr.»
«Der Name Frank Wuhlheide sagt Ihnen dann auch nichts.»
«Nein, sollte er?»
«Frank Wuhlheide war der Lastwagenfahrer.»
«Und?»
«Er ist tot. Ist Ihnen klar, dass alle, die an diesem Prozess beteiligt waren, gewaltsam zu Tode gekommen sind?»
Reisinger war sichtlich beeindruckt und geriet ins Nachdenken, bis er schließlich Heinlein widersprechen musste. «Sie irren sich, Herr Kommissar. Rosies Ehemann, Gerald Wilde, ist noch am Leben.»
49
Heinlein brachte den BMW mit einer Vollbremsung zum Stehen. Er hastete zur Tür und betätigte die Klingel. Der Gong kam ihm in diesem Moment länger vor als die Male zuvor. Er hob die Hand, um zu klopfen, da öffnete sich die Tür. Gerald Wildes neue Freundin stand mit nassen Haaren und einem Handtuch vor ihm. «Herr Heinlein», sagte sie überrascht, «was führt Sie zu uns?»
«Ist Ihr Mann, ich meine Gerald Wilde, zu Hause?»
«Nein, er ist auf der Baustelle.»
«Die am Hubland?»
«Ja.»
«Wann haben Sie das letzte Mal mit ihm gesprochen?»
«Heute Morgen beim Frühstück. Wieso fragen Sie?»
Ohne eine Antwort lief Heinlein zum Auto zurück. Er wählte Kilians Nummer. Jetzt musste es schnell gehen. Wie lange dauert das denn noch?, fragte er sich.
«Kilian», hörte er ihn endlich.
«Heinlein hier. Ich bin auf dem Weg zum Hubland, zu Wildes Baustelle. Komm so schnell wie möglich hin.»
«Was gibt es so Dringendes?»
«Erzähl ich dir später. Beeil dich.» Er klickte das Gespräch weg und griff hinter sich in den Fußraum. Die blaue Signalleuchte mit der Magnethalterung war schnell am Dach befestigt und eingeschaltet. Das Blaulicht würde ihm den Weg frei machen.
Mit einem Satz war er auf der Brückenauffahrt, und nach einer schnellen Linkskurve bog er auf die B13 in RichtungWürzburg ein. Es dauerte nicht lange, bis er den ersten Schmarotzer am Heck kleben hatte. Ein aufgemotzter Toyota mit Frontspoiler und abgedunkelten Seitenscheiben fuhr in seinem Windschatten. Wenn er nur eine Minute Zeit hätte, sagte sich Heinlein, dann würde er dieses Bürschlein aus dem Verkehr ziehen. Doch auch der Toyota-Fahrer wusste, dass er die Zeit dafür nicht hatte.
Beim Ahlandsgrund war die Verfolgungsjagd zu Ende. Heinlein nahm die schmale Straße hinauf, die am Hubland enden würde. Nach zahlreichen Kurven und Hindernissen kam die Baustelle in Sicht. Erst dann nahm er den Fuß vom Gas.
Wo steckte Kilian? Er blickte sich um. Keine Spur von ihm. «Wenn man ihn einmal braucht», schimpfte er, «ist er nicht da.»
Da kam Kilian im gleichen Tempo die Zeppelinstraße hochgerast.
«Was ist los?», fragte er, nachdem er ausgestiegen war.
«Komm mit.» Heinlein erzählte ihm mit hastigen Worten vom Gespräch mit Reisinger, dem Chef des Weinguts Baron. Als sie den Rohbau betraten, dem noch Fenster und Türen fehlten, fragten sie den erstbesten
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