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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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nebelig. Und dann hatte Scheffer Theo getroffen mit einer lapidaren Bemerkung: »Wie der Vater, so der Sohn.« Gewiss wusste Scheffer nichts von dem Familienzerwürfnis. Oder wusste er es doch? Hatte er Kontakt zu Henri gehabt oder es sonst wie erfahren? Hatte er sich dazu eine eigene Psychologie gestrickt: Mag schon sein, dass du deinen Vater verabscheust oder wenigstens nicht viel mit ihm anfangen kannst? Die Wahrheit, mein Lieber, die findet man aber nicht auf der Oberfläche, sondern viel tiefer, als du ahnst. So tief, wie du es nicht einmal befürchtest. Immerhin, in Theo war schon hin und wieder die Idee aufgeschienen, er könne trotz allem seinem Vater mehr ähneln, als ihm lieb war. Er könne sogar ver suchen, ihm das zu beweisen. Ihm auch zu zeigen, dass er diesen Job genauso gut, wenigstens genauso gut, be herrschen könne. Vielleicht war sein Leben nichts anderes als ein Wettlauf gegen den Vater. Doch diese Gedanken hatte er immer schnell unterdrückt. Scheffer aber hatte mit einem Satz den Deckel angehoben.
    Martenthaler junior, der schlaksige Feuerwehrmann, den Klein geschickt hatte, weil ein anderer nicht greifbar war, da machte sich Theo keine Illusionen. Aber er, der Ersatzspieler, hatte es hingekriegt, und der alte Scheffer war aufgeblüht in seinem soundsovielten Frühling. Er kannte alle Tricks, sogar die FSB – Leute würden eingestehen, dass sie ihn für einen Meister ihres Fachs hielten.
    »Und wo dort?«, fragte Martenthaler mit jungenhafter Stimme und strich sich durch seine schwarzen Haare mit frühen vereinzelten grauen Strähnen. Ihm summte noch die CD von Chickenfoot im Ohr, die er laut im Auto gehört hatte. Eigentlich müsste ich jetzt traurig sein, geschockt. Aber es war nichts in ihm, nur der Nachklang der Musik. Vielleicht, so dachte er, will ich es nicht an mich heranlassen. Theo war ein Mann, der über sein Innerstes mit sich verhandelte. Er hätte jetzt gerne etwas getrunken, aber er wusste, dass er es nicht durfte. Es war hart genug gewesen, sich die Dauertrinkerei abzugewöhnen. Wenigstens einigermaßen.
    »Da ist ein Supermarkt gegenüber den Hotels, dazwischen eine Straße, nicht breit. Scheffer tat so, als wollte er einkaufen. Dann raste ein Geländewagen heran und fuhr ihn um. Fahrerflucht. Es gibt wohl Zeugen.«
    »Was sagt die Miliz?«
    »Das. Nicht mehr. Sie sagt, was sie nicht leugnen kann. Und: Der Fahrer soll besoffen gewesen sein. Wahrscheinlich.«
    »Und woher wollen die das wissen?«
    Klein hob die Hände ein paar Millimeter über die Tischplatte und ließ sie wieder sinken.
    »Das Kennzeichen?«
    Klein schüttelte kaum merklich den Kopf.
    Theo wollte etwas sagen, doch dann schwieg er. Sie saßen sich gegenüber und schauten aneinander vorbei.
    Klein war seit viereinhalb Jahren Chef der Abteilung für operative Aufklärung des Bundesnachrichtendienstes. Er hatte in den Siebzigerjahren in Brandenburg im Knast gesessen, weil er in den Westen abhauen wollte, aber verraten worden war. Nachdem die Bundesregierung ihn freigekauft hatte, war er eine Zeit lang arbeitslos gewesen, dann jobbte er bei einer Lebensmittelkette und einer Reinigungsfirma in Viersen. Trotz seiner Haft in der DDR gab Klein nicht den schäumenden Antikommunisten. Er war immer sachlich, spröde. Er überlegte, bevor er etwas sagte. Niemand hatte ihn fluchen oder herumbrüllen gehört. Aber dass er denen im Osten so oft wie möglich in den Arsch treten wollte, galt als gesicherte Erkenntnis. Klein war der beste Mann für den Job, ein Glücksfall für den BND nach einer Reihe von Wichtigtuern, Opportunisten, Bürohengsten, Sesselfurzern und Karrieristen, die als seine Vorgänger dem Dienst den Ruf eines Dilettantenvereins eingebrockt hatten, von dem er sich noch lange nicht würde befreien können. Klein war es im Gegensatz zum eitlen BND – Präsidenten recht, wenn der Dienst unterschätzt wurde. Als Abteilungsleiter hatte er sich nicht mit dem Geheimdienstkoordinator in Berlin gutzustellen, und seine Erfolge standen nicht in der Zeitung. Es wurde in den Fluren des Dienstes sogar gemunkelt, Klein habe den Herren in der Hauptstadt einmal lang und breit seine Aufgaben erklärt und ihnen auf diese Weise mitgeteilt, was er von ihnen hielt. Was irgendeinen Schlaumeier veranlasst hatte, das geflügelte Wort in Umlauf zu bringen: Die Koordinatoren kommen und gehen, der Dienst bleibt.
    »Der alte Mann«, sagte Theo, als ihn das Schwei gen bedrängte. So hatte Scheffer sich selbst genannt. Der alte Mann, das

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