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Das Multiversum 1 Zeit

Das Multiversum 1 Zeit

Titel: Das Multiversum 1 Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Gänsehaut. Doch dann sah sie die blauen Kreideflecken auf seinem Hemd, seit Menschen-gedenken die ›Insignien‹ des Lehrers, und er war ihr nicht mehr ganz so unsympathisch.
    Sie stiegen ins Auto und entfernten sich von den Fällen.
    Afrika war flach, still und staubig, von der Zeit glatt geschliffen und scheinbar unberührt vom einundzwanzigsten Jahrhundert.
    Die einzigen Vertikalen waren die Bäume und die hageren Leute, die sich gemächlich durch das gleißende Licht bewegten.
    Sie erreichten die Stadt Livingstone. Sie identifizierte Art deco-Stilelemente bei den geschlossenen Banken und Fabriken und sogar bei einem Kino, die im Lauf der Zeit von der Sonne ausgebleicht und zu einem einheitlichen Sandbraun ausgewaschen worden waren. Sämtliche Gebäude wurden von der allgegenwärtigen Shit-Reklame verunstaltet.
    Younger schlüpfte für sie in die Rolle des Reiseführers.
    An diesem Ort herrschte noch immer eine bedrückende Armut.
    Fehlgeleitete Hilfsmaßnahmen hatten die Region mit billigen westlichen Textilien überflutet, und skrupellose Lokalpolitiker hatten sie dazu verwendet, die einheimische Textilindustrie zu ruinieren, in der die Menschen früher Arbeit gefunden hatten.
    Nun lag die Arbeitslosenquote bei 80%. Und es gab keine sozialen Sicherungssysteme. Wenn man keinen Verwandten hatte, der noch irgendwo in Lohn und Brot stand, dann musste man zusehen, wie man über die Runden kam …
    »Sehen Sie hier«, sagte Younger und wies auf die besagte Stelle.
107
    Am Straßenrand hockte ein Pavian auf dem Rand einer rostigen Mülltonne. Er hielt sich mit den Füßen fest und wühlte mit den Händen im Abfall.
    Emma war baff. So nah war sie einem Primaten noch nie gekommen, jedenfalls nicht außerhalb eines Zoos. Der Pavian hatte die Größe eines zehnjährigen Kindes. Er war grau, geschmeidig und offensichtlich sehr kräftig. Der Blick war scharf und intelligent. Ungleich menschlicher, als sie es sich vorgestellt hätte.
    Younger grinste. »Er sucht nach Plastiktüten. Er weiß nämlich, dass er darin Nahrung finden würde. Die Touristen finden ihn putzig. Aber wenn man ihn füttert, kommt er morgen wieder.
    Ziemlich schlau. Schlau wie ein Mensch. Aber er denkt nicht.«
    »Was bedeutet das?«
    »Er weiß nichts vom Tod. Man sieht immer wieder, wie die Weibchen ihre toten Babys mit sich herumtragen, manchmal tagelang, und sie säugen wollen.«
    »Vielleicht trauern sie.«
    »Nee.« Younger fuhr die Scheibe herunter und hob die Faust.
    Der Pavian riss den Kopf herum und taxierte Younger mit einem scharfen und aufmerksamen Blick. Dann sprang er vom Rand der Mülltonne herunter und lief davon.
    Außerhalb der Stadt verlief die asphaltierte Straße ohne Mittel-streifen schnurgerade durch die flache ausgedörrte Landschaft. Es gab nur wenige Bäume, von denen viele noch dazu umgestürzt waren, als ob ein starker Sturm sie geknickt hätte. Spärliches Gestrüpp wuchs zwischen den Bäumen. Das ganze Land wurde von Spuren durchzogen, den Fußabdrücken von Tieren und Vögeln, die in den weißen Sand der Kalahari gestanzt waren. Die Elefanten hinterließen kraterförmige Abdrücke, größer als Essteller, und wo der Boden fest war, erkannte sie die Abdrücke, die die zähe, rissige Haut von Elefantensohlen hinterlassen hatten – ein ›Spinnennetz‹
    so individuell wie ein Fingerabdruck.
108
    Emma war ein Stadtmensch und wurde von der natürlichen Or-ganisationsform dieser Landschaft überwältigt, von der Art und Weise, wie die verschiedenen Spezies – deren Alter in manchen Fällen ein paar hundert Millionen Jahre voneinander abwich – zu-sammenwirkten, um eine stabile Umwelt für alle zu bewahren.
    Kontrolle, Stabilität und Organisation – und das alles ohne eine ordnende menschliche Hand, ohne einen besitzergreifenden Reid Malenfant, der die Zukunft für sie plante.
    Aber das war die Vergangenheit, sagte sie sich, ob zum Guten oder zum Schlechten. Der Mensch war nun einmal da und hatte die Kontrolle übernommen. Es war der Mensch, der diese Landschaft und den ganzen Planeten zukünftig formen würde und keine blinde Evolution.
    Vielleicht bekommen wir alle hier eine Lektion erteilt, sagte sie sich. Ich weiß aber, verdammt noch mal, nicht, was für eine das ist.
    Nachdem sie eine Zeit lang durch den Busch gefahren waren, sah sie Elefanten.
    Sie bewegten sich lautlos und mit geschmeidiger Eleganz zwischen den Bäumen hindurch, wie dunkle Wolken, die über den Erdboden wanderten, Gestalter dieser Landschaft. Mit

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