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Das Multiversum Omnibus

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Titel: Das Multiversum Omnibus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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in-dividuellen Orbit um den galaktischen Kern folgte. Es sah aus wie eine Schule funkelnder Fische. Und die Spiralarme setzten sich auch in Bewegung. Sie zogen als Lichterketten aus jungen Sternen durch die Scheibe der Galaxis. Aber dann sah sie, dass die Arme nur Kompressionswellen waren wie die Verdichtung von Verkehrs-staus, wobei einzelne Sterne durch die Regionen hoher Dichte drifteten.
    »Ein galaktischer Tag«, sagte Nemoto atemlos. »Er dauert sage und schreibe zweihundert Millionen Jahre.«
    Ach Malenfant, sagte Emma sich, du solltest hier sein und das sehen. Nicht ich – nicht ich.
    »Aber wessen Milchstraße ist das?«, fragte Nemoto.
    »Das ist eine berechtigte Frage«, sagte Mane. »Es ist unsre Galaxis – das heißt, sie gehört uns allen. Der galaktische Hintergrund ist den Realitätssträngen gemeinsam, die im Wahrscheinlichkeits-bündel der Erde-Mond-Kollision enthalten sind …«
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    »Wahnsinn«, sagte Emma. »Nemoto, würden Sie das für mich übersetzen?«
    Nemoto runzelte die Stirn. »Stellen Sie sich die Galaxis eine Sekunde vor dem Erde-Mond-Zusammenstoß vor. All diese Sterne haben rein gar nichts mit dem Big Whack zu tun und werden auch nicht von ihm beeinflusst. Die Galaxis dreht sich, ob der Mond existiert oder nicht, ob die Menschen sich entwickeln oder nicht …«
    »Unsre Galaxis sieht genauso aus wie eure«, sagte Mane. »Und sie ist unverändert.«
    »Was soll das denn heißen?«, blaffte Emma.
    »Dass es keine Anzeichen von Leben gibt, Emma.«
    »Aber wir betrachten hier doch eine ganze Galaxie. Aus dieser Perspektive ist die Sonne ein bloßer Lichtpunkt. Selbst wenn die Galaxie von menschenähnlichen Lebewesen wimmelte, würde man sie nicht sehen.«
    Nemoto schüttelte den Kopf. »Das Fermi-Paradoxon. In unsrem und Manes Universum ist so viel Zeit vergangen, dass sie den Aufstieg und Niedergang tausend galaktischer Reiche umspannt hätte.
    Und sie hätten auf jeden Fall Spuren hinterlassen müssen.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel hätten sie vielleicht die Entwicklung von Sternen manipuliert. Oder sie hätten zwecks Energiegewinnung das Schwarze Loch im galaktischen Kern angezapft. Oder sie hätten die Scheibe der Galaxis in eine Hülle gepackt, um die Strahlungs-energie einzufangen. Emma, es gibt viele Möglichkeiten. Mit gro-
    ßer Wahrscheinlichkeit würden wir sogar irgendetwas sehen, wenn wir die Galaxie von einem Standort wie diesem betrachten.«
    »Wir sehen aber nichts.«
    »Wir sehen aber nichts. Die Menschheit scheint allein in diesem Universum zu sein, Emma; die Erde ist der einzige Ort, der Bewusstsein hervorgebracht hat.« Nemoto wandte sich an Mane: 621
    »Und euer Universum ist auch leer. Genauso wie das von Hugh McCann. Vielleicht gilt das für alle Universen in diesem Realitäts-bündel.«
    »Das Fermi-Paradoxon«, murmelte Emma.
    Nemoto schien sich zu wundern, dass der Name ihr geläufig war.
    »Irgendetwas geschieht mit der Galaxis«, sagte Mane.
    Sie scharten sich dicht zusammen und schauten zu.
    Die Galaxis rotierte nun schnell. In der ganzen Scheibe flackerten die Sterne und erloschen. Ein paar verwandelten sich in rote Glut und lösten sich vom Hauptkörper der Scheibe ab.
    Emma hob das Nussknacker-Kind auf und drückte es an die Brust. »Sie – schrumpft«, sagte sie.
    »Wir sehen die Abfolge großer Zeiträume«, sagte Nemoto düster.
    »Das ist die Zukunft, Emma.«
    »Die Zukunft? Wie ist das möglich?«
    Plötzlich starben die Sterne. Sie schienen alle auf einmal zu erlö-
    schen.
    Die Galaxie schien zu implodieren und trübte sich ein.
    Zuerst vermochte Emma nur eine diffuse Schliere aus rotem Licht zu erkennen. Vielleicht war da noch ein etwas hellerer Fleck im Zentrum, der von einem blutroten Fluss umströmt wurde, der hier und da mit trüben gelben Funken gesprenkelt war. Dieser große Zentralkomplex war in eine diffuse Wolke eingebettet; sie glaubte Bänder zu sehen, ›Luftschlangen‹ in der Wolke, als ob das Material in dieses rosige Maul in der Mitte gesogen wurde.
    Der Kern und die ihn umgebende Wolke schienen wiederum in eine gezackte Scheibe eingebettet zu sein, ein Gebilde aus Gasfet-zen und -bändern. Emma vermochte keine Struktur in der Scheibe auszumachen, keine Spur von Spiralarmen, keine Bahnen aus Licht und Dunkelheit. Aber es gab Blasen, Knoten höherer oder geringerer Dichte wie Supernova-Blasen, und da war auch diese 622
    Kette aus helleren Lichtpunkten, die sich in gleichmäßigen Abständen um den Umfang der Scheibe zogen.

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