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Das Musical

Das Musical

Titel: Das Musical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
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Scheinwerfer auf dem Dach des Wagens ein.
    Die Nacht senkte sich herab, und mit ihr sank sein Mut. Rex riß das Steuer herum, um etwas Schuppigem und ungesund Aussehendem auszuweichen, das vor ihm über die Straße humpelte. Er wurde müder und müder und kam immer mehr zu dem Schluß, daß er sich gründlich verirrt hatte. Der Nachtregen setzte ein und prasselte zischend auf das Dach. Er lief über die Windschutzscheibe herunter und hinterließ schwarze Spuren auf dem Plexiglas. Eine Weiterfahrt stand bald außer Frage. Er brauchte einen Unterschlupf, eine Zuflucht, und zwar dringend. Rex spähte durch die Scheiben. Draußen wurde es so dunkel wie in der Hölle. Keinerlei Lichter, nichts.
    Weiterfahren. Was sonst blieb ihm übrig?
    Das Vehikel holperte durch ein Schlagloch, und Rex wurde von nagenden Zweifeln gepackt, was seine persönliche Zukunft betraf. Die Filter in seinem Helm hatten ihren Dienst eingestellt, und er hatte keinerlei Ersatz dabei. Und die Nacht roch alles andere als gut.
    Der Regen fiel inzwischen in heftigen Strömen. Blitze zuckten durch die niedrige Wolkendecke und offenbarten Gelegenheiten, die Rex nie und nimmer zu ergreifen gedachte. Er nahm den Gang heraus und schaltete das Atomkraftwerk des Wagens ab. Er steckte in der Klemme.
    »Lieber Gott«, sagte Rex. »Was diesen Nachmittag angeht…«
    Weiter kam er nicht. Zwischen den Blitzen des nächtlichen Gewitters blitzte etwas anderes. Farbenprächtig. Rex begriff es zuerst nicht, doch als es soweit war, schlich sich ein grimmiges Lächeln zwischen seine feuchten Bartstoppeln. Das Licht ging an… aus… an… aus… an… aus… wie manche Lichter eben an- und ausgehen. Lichter auf Reklametafeln. Und auf dieser Reklametafel stand zu lesen: T.e.mor-roma. Tav….
     
    Der breite Fahrweg nach Graceland hinauf war vollgepfropft. Schicke 1950er schwarzweiße Polizeiautos standen, wo sie schleudernd zum Halten gekommen waren, mit tief in den Plastikrasen eingegrabenen Vorderrädern. Massen von Blaulichtern blinkten, Presseleute in Trenchcoats mit großen Photoapparaten vor dem Bauch und Fedorahüten auf dem Kopf wimmelten zwischen den falschen griechischen Säulen und baten um das eine oder andere Statement. Krankenwagen standen mit weit offenen Hintertüren herum. Fette Polizisten, oder Cops, wie sie auch genannt wurden, zeigten den Schweiß unter ihren Hemdachseln und nannten jeden »Mac«. Es war alles schön und gut, obwohl die Liebe zu den Details jener Epoche einiges zu wünschen übrig ließ. Ein Polizist zündete sich eine Zigarre mit einem Einwegfeuerzeug an, was schon einmal falsch war. Und die Antennen auf den Polizeiautos waren ebenfalls viel zu modern. Und die Haare der Polizisten waren zu lang, aber damit muß man eben rechnen.
    Elvis Presley selbst hatte nicht sonderlich viel zu sagen. Doch unter den gegebenen Umständen konnte man ihm wohl schwerlich einen Vorwurf daraus machen. Er war gefesselt, an Händen und Füßen, hatte eine Lurexsocke als Knebel im Mund und einen US-Postsack über dem Kopf. Er lag mit dem Gesicht nach unten in einem Blumenbeet, wo – für diejenigen, die es interessiert – Blumen blühten, die um diese Jahreszeit gar nicht an der Reihe waren.
    Jovil Jspht drückte die Zweige eines Ligusters zur Seite, der phantasievoll in Gitarrenform gestutzt worden war. Hinter diesem Busch versteckte er nicht nur sich, sondern auch den gefangenen King of Rock’n’Roll.
    »Die Aufregung scheint sich überhaupt nicht mehr legen zu wollen«, beobachtete Jovil.
    »Ich kann von hier unten nichts sehen, Chef. Helfen Sie mir doch bitte hoch, ja?«
    Jovil hob den Zeitkohl auf und richtete ihn auf die Konfusion.
    »Tut mir leid, wenn ich das sagen muß, Chef, und schießen Sie mich aus dem Weltraum, wenn Sie meinen, ich läge falsch, aber das dort ist ganz bestimmt eine 1965er Harley Davidson.«
    Jovil nickte nachdenklich. »Irgend etwas ist ganz falsch. Nichts von alledem sieht richtig aus. Was meinst du zu dieser Sache?«
    Der Zeitkohl zögerte, und Jovil drückte ihn ein wenig fester, um seiner Frage Nachdruck zu verleihen. »Nun?«
    »Nun, was halten Sie von dieser Sache, Boß? Wie sieht das in Ihren Augen aus?«
    Jovil biß sich auf die Unterlippe. Schließlich sagte er langsam: »Sieht aus wie ein Filmset.«
    »Nicht wahr? Und werfen Sie mal einen Blick auf die Hecke dort.«
    Jovil tat wie geheißen. »Sie ist aus Plastik!« Er schnitt ein verblüfftes Gesicht. »Ich verstehe das nicht! Wir haben doch 1958, oder

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