Das Mysterium der Wölfe: Die Reise zu Kyrion (German Edition)
enormen Ruhe senkt Jake wieder seinen Kopf und sieht auf den kleinen Kläffer herab. Plötzlich schießt dieser wie von der Tarantel gestochen hinter sein Frauchen und winselt wie ein kleiner Welpe. Meine Nachbarin und ich schauen verdutzt nach dem völlig verängstigten Hündchen. Wir wissen nicht, was der Kleine haben könnte. Nur Jake steht mit einer Engelsgeduld da und grinst hämisch vor sich hin. Dann gehen wir weiter.
Das Thema beschäftigt mich irgendwie und ich frage nach: "Du bist offensichtlich nicht wirklich ein Hunde-Fan, oder?"
"Wie kommst du darauf?" Er stellt sich offensichtlich dumm.
Also spreche ich weiter: "Na ja, mir ist es fast so vorgekommen, als hätte der kleine Hund Angst vor dir. Dir etwa nicht?"
"Wirklich? Ist mir gar nicht aufgefallen. Vielleicht hast du dich geirrt." Was soll das denn bitte heißen? Ich habe es doch genau gesehen! Der kleine Kläffer hat sich vor Angst fast ins Fell gemacht! Will mich Jake jetzt für dumm verkaufen? Aber ich beschließe nicht weiter darauf einzugehen. Möglicherweise will er einfach nicht darauf angesprochen werden. Ist ja eigentlich sowieso unwichtig. Ah, da vorne ist schon das Auto.
Die Heimfahrt war ziemlich ruhig. Wir haben nur noch den Abend Revue passieren lassen und dann waren wir schon wieder vor meinem Haus. Die Verabschiedung ist auch nicht sonderlich nennenswert verlaufen. Ein kurzes "Tschau, bis morgen" und schon war Jake wieder weg. Jetzt liege ich wie immer in meinem Bett. Es ist halb elf und ich kann kein Auge zumachen. Wieso eigentlich nicht? Ich bin doch sonst immer schon um neun hundemüde und jetzt ist es halb elf und ich kann nicht schlafen? Da soll sich noch einer auskennen...hängt vielleicht mit dem Vollmond zusammen. Ich werde einfach die Augen zumachen und mich zum Schlafen zwingen...
So, jetzt reicht's aber! Es ist fast halb zwölf und ich habe noch nicht geschlafen. Kein bisschen. Und je mehr Zeit vergeht, desto mehr Zwang verspüre ich nach draußen zu gehen. Ein Spaziergang, das wäre jetzt genau das Richtige. Heute habe ich sowieso noch keine Zeit dafür gefunden. Aber kann ich mich jetzt wirklich einfach so aus dem Haus schleichen und meine gewohnte Runde gehen? Wieso eigentlich nicht? Ich schlüpfe noch schnell in meine Jeans, ziehe mir einen Pulli an und schleiche mich langsam nach unten. Noch ganz schnell meine Sneakers und eine etwas dickere Jacke angezogen und ab geht's nach draußen.
Einfach herrlich. Die Luft kommt mir heute noch frischer vor als sonst und der Mond scheint meine Lebensgeister neu zu erwecken. Toll hier draußen. Eine sternenklare Nacht wie ich sie schon lange nicht mehr erlebt habe. Weit und breit keine Menschenseele. Ist aber auch irgendwie logisch. Mittlerweile müsste es bereits fast eins sein und ich verspüre noch immer nicht den leisesten Anflug von Müdigkeit. Ist aber auch besser so, denn dann muss ich wenigstens nicht wieder so schlecht träumen. Ah, da vorne ist ja wieder meine Kreuzung. Hoppla, was war denn das? Bin ich in eine Pfütze gestiegen? Das kann doch gar nicht sein. Es hat seit Tagen nicht geregnet. Moment mal, mein Handy hat doch eine kleine Taschenlampe...wo hab ich es denn nur? Na toll, das habe ich sicher daheim liegen lassen. Gut gemacht, Jess! Aber prinzipiell sehe ich sowieso gar nicht so schlecht hier. Jetzt, wo ich so darüber nachdenke, sehe ich sogar sehr gut. Fast wie am helllichten Tag. Wie kommt denn das jetzt auf einmal? Na egal, Hauptsache ich sehe etwas. Ach ja, die Pfütze. Schauen wir mal, was es damit auf sich hat. Ach du meine Güte, das ist ja gar kein Wasser! Das ist Blut und auch noch so viel davon! Wo kommt das nur her? Hier führt ja eine richtige Blutspur weg und da sind Hufabdrücke. Sieht aus wie von einem Reh. Und was ist das? Ein Abdruck einer Pfote? Mann, ist der riesig! Das könnte eine Bärentatze sein. Aber hier gibt es doch gar keine Bären soviel ich weiß. Soll ich...ich weiß nicht...das könnte gefährlich werden...ach, was soll's! Wenn ich dieser Spur jetzt nicht folge werde ich mich die ganze Zeit fragen, was ich gesehen hätte. Na dann mal los! Die Blutspur führt ins Feld. Der Weizen ist schon ziemlich hoch gewachsen, was eigentlich zu meinem Vorteil ist. So kann ich mich zumindest gut verstecken.
Das arme Reh muss ja um sein Leben gekämpft haben. Die Schneise, die die beiden Tiere hinterlassen haben ist kaum zu übersehen. Die Spur führt immer weiter ins Feld hinein. Mittlerweile bin ich schon ziemlich weit gelaufen. Halt,
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