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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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Nacht.
    Keine Spur von dir, nicht einmal beim Feuer, dem großen Glutbecken zwischen den Bänken auf der linken Seite, wo zwei wachhabende Matrosen eine Salbe für die wunden Hintern der Ruderer köcheln ließen. |47| Plötzlich fuhr ich zusammen, fast hätte ich aufgeschrien: jemand leckte meine Hand. Es war eine der beiden Ziegen, die sich als frischer Fleischvorrat an Bord befanden und noch nicht geschlachtet waren.
    Der Mond war hinter einer dichten Wolkendecke verborgen, und das große Zelt aus grobem Tuch, das des Nachts über die Ruderer im Kielraum gelegt wird, löschte noch den letzten Rest Licht aus. Ich irrte an Steuerbord durch den schmalen Gang mit den Schießscharten, der um die ganze Galeere herumläuft und, obwohl er sich eher für Möwen als für Menschen eignet, dazu dient, mit Flinten auf feindliche Schiffe zu feuern. Dort auf dem Boden lag eine Steppdecke und darunter etwas, was sich bewegte. Ich hob einen Zipfel an und erblickte euch, die Hosen heruntergelassen, die Röcke gelüftet, zu beschäftigt, um mich zu bemerken. Ohne ein Wort ließ ich die Decke fallen, als hätte ich nichts gesehen, und kehrte auf mein Lager zurück. Seit dem Morgen hattet ihr beide, du und Rosina, vielversprechende Winke ausgetauscht, jetzt wart ihr zur Sache gekommen, all meinen Ermahnungen zum Trotze. Meine Aufforderung zur Verstellung hattest du beherzigt, das kann man wohl sagen, aber nur, um vor mir zu verheimlichen, dass kein sodomitischer Großherzog auf der Welt dich davon abhalten konnte, dich an den weiblichen Reizen zu ergötzen, soweit dein Körper es dir erlaubte. Worüber beklagte ich mich? War ich es nicht selbst, der deine Hoden vor zehn Jahren vom Bader nur beschneiden, nicht entfernen ließ? Was hättest du mir gesagt, wenn du es gewusst hättest? Das habe ich mich oft gefragt.

DISKURS IV
    Darin ein Streit zwischen Kastraten stattfindet.
    Am nächsten Morgen trällerte Rosina fröhliche Liedchen. Die Sängerin und der Kastrat, welch eine glückliche Paarung: Die stärksten Vertreter des schwachen Geschlechts beherrschen die Kunst, aus euch, den schwächsten Vertretern des starken Geschlechts, das Beste eurer verborgenen Fähigkeiten hervorzulocken. Argwöhnisch irrten Barbellos Augen zwischen dir und ihr hin und her, während seine Finger nervös auf seinen geliebten Wachstuchsack trommelten.
    |48| Du standest im Windschatten in der winterlich kalten Meeresluft. Barbello näherte sich dir und verzog die schönen Lippen zu einem provokanten Lächeln:

    »
Dennoch gilt ihre ganze Zuneigung einem Kastraten …
«

    flüsterte er leise, während er dicht an dir vorüberging, aber doch laut genug, damit auch ich es hören konnte. Der kleine Kastrat warf dir als Fehdehandschuh eine Zeile aus jenem Spottlied über deine venezianische Liebschaft mit Barbara Strozzi vor die Füße. Du zucktest zusammen, bliebst aber stumm. Dergleichen neidische Sprüche von einem Kastraten hören zu müssen, der dich zudem begehrte, genügte schon, um dich zur Weißglut zu bringen. Barbello gab sich noch nicht geschlagen:
    »Monna Barbara hat mir in ihrer Güte großzügige und liebevolle Hilfe gewährt, wisst Ihr das?«, hänselte er dich, als würde er auf der Bühne rezitieren. »Sie hat mich bei der Ausführung vieler harmonischer Kompositionen angeleitet und mich zuletzt in ihre geheimsten Künste eingeführt, vielleicht versteht Ihr, was ich meine.«
    Wollte Barbello dir kundtun, dass auch er die Strozzi genossen hatte? Du verzogst keine Miene. Verwundern konnte dich eine solche Nachricht natürlich nicht, du wusstest schon damals genau, wer und wie deine Geliebte gewesen war, obwohl du kaum fünfzehn Lenze zähltest, als ihr einander angehörtet. Ging nicht schon damals in Venedig jenes andere Liedchen über ihre Tugend um, in dem ihre Neigung, Musik und Liebe sehr freizügig miteinander zu verbinden, aufs Korn genommen wurde?

    Feine Sache, Blumen zu verschenken, nachdem man die Früchte schon verteilt hat …

    Die Blumen waren die musikalischen Blumen der Arien, die sie so anmutig sang, während man unter den Früchten jene intimen Gunstbezeigungen zu verstehen hatte, die sie offenbar schon verteilte, bevor sie zur Laute griff. Deine Barbara schien sich bedenkenlos und wahllos dem Publikum ihres Gesangs hinzugeben. Dieses bestand aus den Signori der Accademia degli Unisoni, jener höchst exklusiven Vereinigung, die ihr Vater vor zehn Jahren als Zweig der Accademia degli |49| Incogniti gegründet hatte. Er selbst

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