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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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es sich nicht um eine Legende handelt?«, fragtest du ohne Angst, Missstimmung bei den drei Landmännern hervorzurufen.
    |367| Sie antworteten mit herzhaftem Gelächter, während der Hinkende, der sich wie immer ein wenig verspätet der Reaktion seiner Genossen angeschlossen hatte, dir sogar einen freundlichen Hieb auf den Rücken versetzte, was dir (wie ich in deiner Miene las) durchaus keine Freude machte.
    »Euer Junge hier ist wirklich reizend!«, sagte der Zweite zu mir, »er hat noch immer nicht verstanden! Natürlich handelt es sich um Märchen, Geschichten, Legenden! Wir sind ja nicht wie Nummer Drei, die jedem, der ihr über den Weg lief, blühenden Unsinn erzählte!« Und wieder lachten sie.
    »Und weiter?«, drängtest du.
    »Die Abtei ist so herrlich, und ihre Geschichte reicht so tief in die Vergangenheit, dass Hunderte sich einen Spaß daraus gemacht haben, etwas über sie zu erfinden. Unten in Taprobana gibt es einen, der Euch mit seinem Repertoire tagelang unterhalten könnte«, sagte der Zweite, während wir über den Innenhof der Festung schritten.
    Bei diesem letzten Satz hörte ich Schoppe einen schrecklichen Fluch auf Deutsch ausstoßen.
    Guyetus runzelte die buschigen Brauen: »Taprobana?«
    »So heißt die Stadt«, antworteten sie.
    »Was für ein seltsamer Name«, pflichtete Naudé in gewählt höflichem Ton bei. »Bedeutet er etwas in Eurem hiesigen Dialekt?«
    Naudés Frage entlockte Schoppe weitere ungehaltene Grunzer.

DISKURS LII
    Darin eine lebhafte heimliche Zusammenkunft stattfindet und man entdeckt, dass man unhöflich war. Es folgt ein unwürdiges Schachern, um sich die Dienste des jungen Atto Melani und seines guten Gedächtnisses zu sichern.
    »Endlich! Habt ihr es jetzt begriffen, ihr Schwachköpfe? Mit diesen drei bärtigen Idioten haben wir nur Zeit verloren!«, fasste der deutsche Gelehrte zornig zusammen.
    Eloquent und bündig hatte Schoppe uns aufgeklärt, was er von unseren drei Gästen und von den Fähigkeiten seiner Kollegen hielt.
    |368| Zu sechst (die vier Gelehrten, du und ich) hatten wir uns eilig im Hühnerstall verkrochen, um den Ohren der drei Gesellen zu entgehen. Malagigi und Barbello sorgten im Verein mit den Korsaren dafür, sie abzulenken. Sie wurden direkt in den Keller geführt, wo aus den Vorräten etwas zum Kochen zusammengekratzt werden sollte.
    »Du, Gabriel«, fuhr Schoppe fort, »hast Medizin studiert und bist nicht einmal promoviert, klar, dass du das irre Gerede von Campanella nicht erkannt hast. Aber du, Guyetus«, und er breitete verzweifelt die Arme aus, »bist du nun ein Philologe, der Texte studiert, vergleicht und Schlüsse daraus zieht oder nicht? Wie konntest du nicht bemerken, dass die drei langbärtigen Bauern uns das Buch dieses Geistersehers Campanella auftischten?«
    Guyetus war wie vom Donner gerührt.
    »Ich ahnte es ja, dieser misstrauische Jesuit Petavius hatte recht. Nur ein Idiot wie ich und ein Wahnsinniger wie du«, bellte er, zu Schoppe gewandt, »konnten sich derart einwickeln lassen. Und das in unserem Alter … Ach, wozu habe ich gelebt?«
    Dann drehte er seinem Ankläger den Rücken zu, Unverständliches, vielleicht auch Unsägliches in sich hinein brummend, und machte dazu eine vulgäre Handbewegung, die vielleicht gegen Schoppe, vielleicht gegen das widrige Schicksal gerichtet war, das ihn in hohem Alter hierhergeführt und unter tausenderlei Gefahren dazu verdammt hatte, eine Blamage nach der anderen einzustecken.
    »Stimmt. Du hast recht«, räumte Naudé widerwillig ein, ohne auf die üblichen Bosheiten des Deutschen zu achten, »was die drei Bärtigen erzählt haben, stammt aus dem
Sonnenstaat
von Campanella.«
    Uns beiden, die wir dieses Buch nur vom Hörensagen kannten, erklärte Schoppe rasch, dass es sich um das Werk von Tommaso Campanella handle, eines vor wenigen Jahren verstorbenen italienischen Mönchs, der auf der Grundlage seiner gewagten philosophischen Theorien eine Idealgesellschaft entworfen habe.
    »Von wegen Taprobana, Republik und Feste mit Musik!« Schoppe war dunkelrot vor Zorn. »Taprobana heißt die ideale Stadt, die in Campanellas irren Phantastereien die perfekte Regierung besitzt: Gemeinschaftseigentum, Aufteilung der Reichtümer, strenge Gesetze und so weiter. Wahrscheinlich gibt es auf der anderen Seite der Klippen gar nichts. Die beiden Landmänner, die den Mund aufmachen können, haben schlicht und einfach die Beschreibung des
Sonnenstaats
|369| nachgeplappert. Und zwar so ausführlich, dass

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