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Das Nest

Titel: Das Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Diese starke, lustige Frau, die ihr einmal das Gefühl gegeben hatte, daß sie es mit der ganzen Welt aufnehmen konnte, befand sich hier in Fordham.

ZWEI
    Lindsay streichelte der Vierjährigen mechanisch übers Haar und schaukelte sie in ihren Armen. »Ist schon in Ordnung, Cara«, murmelte sie in regelmäßigen Abständen. Das Schluchzen verstummte, und bald zeigte ruhiges Atmen an, daß das vom Gefühlschaos erschöpfte Kind eingeschlummert war. »Endlich schläft sie«, bemerkte Lindsay zu Dr. Jane Thomas, die nach der dramatischen Verhaftung ihrer Mutter die Verantwortung für Cara übernommen hatte.
    »Ich leg’ sie schlafen«, antwortete Jane. »Gib nur her.« Unbeholfen legte Lindsay das schlafende Mädchen in Janes Arme, die es eine kleine Leiter hinauftrug, die in die Schlafkoje über dem Führersitz des Campingbusses führte, der Deborahs Zuhause in dem Friedenscamp war. Dort wurde Cara ins Bett gesteckt und fest zugedeckt; dann kehrte Jane zu Lindsay zurück und nahm ihr gegenüber am Tisch Platz. »Was hast du vor?« fragte sie.
    »Ich dachte, ich bleib’ diese Nacht hier. Mein Dienst hört um Mitternacht auf, und der Boss scheint auch nichts dagegen zu haben, wenn ich hier übernachte. Da Debs ihr Bett heute vermutlich nicht brauchen wird, könnte ich es vielleicht haben und dabei gleich auf Cara aufpassen, wenn du einverstanden bist. Aber vorher müßte ich noch Cordelia anrufen, sonst macht sie sich noch Sorgen, wo ich bin. Kannst du inzwischen hier bei Cara bleiben?«
    »Nur keine Hektik«, beruhigte sie Jane. »Ich hatte ohnehin vor, hier zu übernachten, falls du nach London zurückgemußt hättest. Aber bleib’ nur, wenn du möchtest. Schließlich kennt Cara dich, seit sie auf der Welt ist. Sie weiß, daß sie zu dir Vertrauen haben kann.«
    Bevor Lindsay etwas antworten konnte, klopfte es leise an der rückwärtigen Tür des Campingbusses.
    Jane machte auf, und eine rothaarige Frau Anfang dreißig kletterte herein. Sie trug das obligate Campdress aus grünen Gummistiefeln, Cordjeans, Sweater und dem unvermeidlichen Parka.
    »Judith!« rief Jane. »Bin ich froh, daß du da bist! Jetzt wird sich endlich herausstellen, was hier wirklich los ist. Lindsay, das ist Judith Rowe, Deborahs Anwältin. Sie erledigt für uns alles, was mit der Justiz zu tun hat. Judith, das ist Lindsay Gordon. Sie arbeitet als Reporterin beim Daily Clarion, aber, und das ist viel wichtiger, sie ist auch eine alte Freundin von Deborah.«
    Judith setzte sich neben Lindsay. »Ach, dann waren Sie das also, die für Deborah die Nachricht beim Kommissariat hinterlassen hat?« erkundigte sie sich lebhaft.
    »Ja. Gleich, nachdem ich von ihrer Verhaftung gehört hatte. Deborah sollte wissen, daß ich hier bin, falls sie Hilfe braucht«, erklärte Lindsay.
    »Gute Idee«, meinte Judith. »Wissen Sie was, sagen wir doch einfach du.«
    »Einverstanden.« Lindsay nickte.
    »Deborah war ganz schön aufgelöst wegen Cara, bis sie die Nachricht erhielt«, fuhr Judith fort. »Danach hat sie sich etwas beruhigt. Morgen wird sie dem Bezirksrichter vorgeführt. Ihr werden öffentliche Ruhestörung und tätlicher Angriff auf Rupert Crabtree vorgeworfen. Im ersten Anklagepunkt wird sie sich schuldig bekennen, aber nicht im zweiten – da streben wir ein Geschworenenurteil an. Deborah hat mich gebeten, dir das alles zu erzählen, denn ich muß dich gleich um etwas bitten und du wirst eine Entscheidung treffen müssen. Okay?«
    Lindsay nickte und Judith sprach weiter. »Crabtree ging mit seinem Hund spazieren und kam dabei an der Telefonzelle in der Nähe der Brownlow Cottages vorbei. Als Deborah nach einem Telefonat aus der Kabine trat, hatte Crabtree sich vor der Tür aufgepflanzt, um ihr persönliche und allgemeine Beleidigungen über die Frauen im Camp ins Gesicht zu schleudern. Sie hat versucht, ihn einfach zu ignorieren und weiterzugehen, aber sein Hund fing an zu bellen und nach ihr zu schnappen, und da hat sich eine kleine Rauferei entwickelt. Crabtree ist über die Hundeleine gestolpert und mit dem Gesicht gegen die Rückwand der Telefonzelle gekracht. Dabei hat er sich die Nase gebrochen. Bei der Polizei gibt er an, daß Deborah ihn an den Haaren gerissen und seinen Kopf gegen die Kabine geknallt hätte. Keine Zeugen. Für sie spricht, daß sie den Rettungswagen angerufen hat und bis zu seiner Ankunft dortgeblieben ist.
    Normalerweise weigern sich die Frauen, die Strafe zu zahlen und gehen lieber ins Gefängnis. Aber in diesem Fall hat

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