Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen
…«
Ich gestehe, ich habe auch einmal vor vielen Jahren solch ein Buch im Flughafen gekauft. Es heißt
Do what you love the money will follow
und stammt von Marsha Sinetar. Ich habe es hier stehen und noch nie gelesen. Aber der Titel wärmt mich noch heute. Es steht einfach hier und hilft mir. Ich lese es lieber nicht.
Für Meisterschaft braucht man am Ende doch Talent! Ja, und dann gibt es auch für das Meisterwerden die 10 000-Stunden-Regel, die unter anderem von Malcolm Gladwell propagiert wird: Man muss 10 000 Stunden (zum Beispiel 10 Jahre lang 3 Stunden pro Tag) üben, um wirklich Weltniveau zu erreichen, sei es im Tennis, Opernsingen, Management, Kochen, Zahlentheorie, Computerbau oder in Innovation. Irre hohes Naturtalent kann das etwas abkürzen, ja! Und gute Lehrer auch, aber das Üben bleibt dann trotz des Talents irgendwie doch! Und ich muss Sie nochmals auf die Anforderung »einige Jahre mit 100 Prozent Mist leben« hinweisen, die Innovatoren ernst nehmen müssen. Meisterschaft fällt nicht vom Himmel. Bei Innovationen hilft neben dem Talent manchmal einfach nur »blödes Glück«, um den holperigen Anfang verkürzen zu können.
Im Ganzen gesehen ist in unserer heutigen Welt vom Üben kaum die Rede – wer würde auch nur 1 000 Stunden üben wollen? Der frischgebackene, von Innovation vollkommen unbeleckte VP Innovation muss nach drei Monaten Erfolge vorweisen! Da sind nicht einmal 100 Stunden Üben drin, das wären ja zwei volle Wochen schon im ersten Quartal, woher soll er die nehmen?
Sehen wir die nüchterne Wirklichkeit: Eine ganze Industrie aus Beratern, Coaches, Moderatoren, Mediatoren, Trainern, Ratgebern, Autoren und Techniken mit den zugehörigen Lehrern lebt davon, dass sie alles lehren, was jemand lernen will.
Zwar kann man nicht alles lernen und auch nicht alles erfolgreich lehren. Man kann aber Kurse für alles geben, was jemand lernen will.
Darf ich noch einmal etwas sarkastisch werden? Ich kann es doch auch so sehen:
Alles, was sehr eindringlich gelehrt wird, wird nicht genügend gekonnt.
Warum wird so vieles ununterbrochen gelehrt, aber nicht gekonnt? Weil wir nicht auf Talent achten und schon gar nicht üben. Wir lernen viele Male, wie man abnimmt oder sich das Rauchen abgewöhnt, aber wir üben es nicht. Wir wissen alles, ohne danach zu handeln.
Alles, was übermäßig viel gelehrt wird, wird nicht genügend gewollt.
Da ist es eben wieder, das Immunsystem und die Resistenz gegen das Neue, was gewollt und geübt werden muss. Nichts kann nicht erlernt werden, vielleicht, aber es wird fast nichts dazugelernt, weil wir in uns Resistenzen am Werk finden.
Diese Resistenzen werden vom Management in Unternehmen gnadenlos unterschätzt. Das Management glaubt oft selbst von sich, keine solchen Resistenzen zu zeigen. »Das Management hat keinen inneren Schweinehund gegen hartes Arbeiten, so wie die normalen unverantwortlichen Mitarbeiter.« Es hat einfach andere Resistenzen, etwa gegen solche Arbeit, die der Karriere nicht nützt – woran wir sehen, dass Manager oft nur deshalb härter arbeiten, weil sie höhere Erwartungen an ihre Karriere haben. Auch in ihnen meldet sich der innere Schweinehund, wenn das Anstrengungs-/Karriereverhältnis nicht mehr stimmt. Trotzdem tut das Management offiziell so, als gäbe es im Management selbst gar keine Resistenzen.
Frisch ans Werk!
Aber dann will es wieder einmal nicht klappen, alles bleibt zäh, es bewegt sich zu wenig, die Resistenzen sind zu stark. Im original-amerikanischen Managementjargon:
»Great potential, world-class strategy, but lacking in execution.«
Wenn es denn gar nicht weitergeht, werden Berater engagiert, um (wieder einmal) »alles zu durchleuchten«. Sie werden wie ein Arzt geholt. Der
untersucht den Patienten,
stellt eine Diagnose,
verordnet eine Therapie und
begleitet den Therapieverlauf.
Danach erwartet er, dass der Patient geduldig und nachhaltig seine Fitnessübungen einhält, viel Wasser trinkt, mäßig lebt und so weiter. Die1 000 Stunden Üben verbleiben beim Patienten. Das ist jedem irgendwie klar, nicht aber, dass es viel weniger auf den Arzt ankommt als auf den Patienten.
In den Unternehmen spielen die Berater die Rolle eines Arztes. Das Unternehmen ist der Patient. Das sollte eigentlich so leben, dass es nachhaltig gesund agiert und immer innovativ ist. Wenn es das alles vernachlässigt, wird es krank und marode und muss Berater rufen. Berater
erfassen den Ist-Zustand (»Untersuchung«),
stellen eine
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