Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen
Plan, ein System, ein Geschäftsmodell oder eine tote Kreatur Frankensteins. Sie muss leben, und dafür ist viel mehr nötig als einfach nur ein guter Ansatz.
Innovatoren haben es an sich schon nicht leicht, weil sie schon draußen bei den Kunden Strukturen überwinden müssen, die es den neuen Ideen schwer machen. Nun treffen sie im Unternehmen selbst auf Abteilungsdenken, untaugliche Prozesse, die sich immer im Probestadium befinden, auf Manager, die das Neue nur managen, aber nicht verstehen wollen, und auf Controller mit falschen Vorstellungen von Risiken. Und jedes Mal, wenn irgendetwas wirklich nicht gut zu sein scheint, ergießt sich über das Unternehmen ein Schwall von Appellen, Brainstormings, Zwangsmaßnahmen und Prozessimplementationen nach standardisierten Beratungen.
Weil sich alle in den falschen Maßnahmen für die Innovation einig zu sein scheinen, wird jede Innovation nun noch mit diesen falschen Maßnahmen behindert bis blockiert. Niemand kümmert sich darum, was ein Innovator an wirklicher Hilfe braucht – nein, sie prüfen alle, ob der Innovator die untauglichen oder schädlichen Prozesse durchläuft, damit alle auf der sicheren Seite sind, wenn der Innovator scheitert. Es wird
immer
vom Scheitern des Innovators gesprochen und
nie
darüber, dass das Gefilz von üblichen Managementpraktiken, Lehrbuchmeinungen und Beratungsmethoden für einen großen Teil des Versagens verantwortlich ist.
DAS DENKBABYLON – DIE HAUPTBARRIERE DER INNOVATION
Versuch zur Psychologie des Innovators und aller anderen Beteiligten
Am Anfang des Buches habe ich Ihnen die Idee Fritz Riemanns nahe gebracht, das Zwanghafte dem Hysterischen gegenüberzustellen, also das Beharrende gegenüber dem sich Wandelnden zu diskutieren. Diese Idee ist leicht zu verstehen. Sie wird auch sofort und mühelos von den meisten Menschen aufgenommen, wenn ich sie in Vorträgen darbringe. Sie ist ein »Mem« (amerikanisch:
meme
), eine schlagende Idee, die sofort widerhallt. Wir kennen das in der Musik unter dem Stichwort »Ohrwurm«. Heute bezeichnet man mit Mem auch eine Idee, ein Video oder ein Bild, das sich rasend schnell im Internet verbreitet – wie eine Epidemie.
Noch bekannter ist die Idee Freuds, in unserer Seele das Ringen um Persönlichkeitswerdung als Auseinandersetzung des Über-Ichs und des Es zu deuten. Unter dem Über-Ich versteht Freud so etwas wie die Summe der Regeln, Normen, Überlieferungen, Pflichten und Elternwertungen, die uns in der Kindheit eingetrichtert werden und uns leiten. Das Über-Ich ist schon in früheren Zeiten als »Gewissen« oder »Stimme Gottes« thematisiert worden.
Das Es dagegen steht für die Triebimpulse des Menschen, mit denen er nach allgemeiner Vorstellung geboren wird. Das Es reagiert auf Lust und Schmerz. Das Es dringt auf Lustbefriedigung. Unser eigentliches Ich vermittelt nun zwischen der Notwendigkeit und den Wunschimpulsen und gestaltet ein vernünftiges Leben. Das ist ein steter Kampf!Das Über-Ich dringt auf völligen Triebverzicht, wogegen das Es auf alle Regeln pfeifen will und immer wieder deutlich macht: »Man lebt nur einmal und jetzt.«
In diesem Bilde Sigmund Freuds ist alles Herrschende darauf bedacht, sich als Teil des Über-Ichs der Untertanen zu etablieren. Eltern, Lehrer, Professoren und Manager setzen immerfort Regeln und Normen, sie hämmern sie uns wie heilige Pflichten ein. Sie hemmen dabei die Impulse in uns, selbst etwas zu wollen oder Pflichten zu vernachlässigen. Menschen mit einem hemmenden und einengenden Über-Ich sind »denen von oben« absolut erwünscht und gewollt. Menschen sollen am besten treu dienende Gamma-Tiere sein, die dem Alpha willig folgen.
Ein anderer Urvater der Psychologie, Carl Gustav Jung, hat sich weniger mit dem Trieb des Menschen befasst als viel mehr mit dem Unterschied der Denkweisen. In seinem Buch
Psychologische Typen
(1922) unterscheidet Jung einerseits zwischen Menschen, die analytisch, logisch und konkret entlang ihrer Sinneswahrnehmungen denken und entscheiden, und andererseits Menschen, die kreativ, künstlerisch, prinzipienorientiert ihre Intuition einsetzen, um zu Urteilen und Handlungen zu kommen.
In den Zeiten, in denen ich Optimierungsinnovationen im Markt etablierte, wunderte ich mich immer über die sagenhaft diversen Vorstellungen von Innovation. Ich studierte lange Zeit psychologische Theorien und verschiedene Typenlehren, ich bat auf meiner Homepage die Leser meiner Bücher, ihre Ergebnisse psychologischer Tests
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