Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
Witz sein.«
Nico grinste. » Wenn ich ein halbblinder Dackel wäre, würde ich auch lieber nach einem berühmten Rennfahrer benannt als nach einer deutschen Wurst.«
» Sie hätte ihn Dash nennen sollen«, murrte Aishe. » Das hat zumindest noch etwas Würde.«
» Sie ist eine nette Frau«, sagte Nico leise. » Und wird sich gut um ihn kümmern.«
Aishe scharrte mit dem Fuß. » Muss ich sie sehen?«
» Muss ich darauf antworten?« Nico legte ihr die Hand auf die Schulter. » Vier Uhr. Sorg dafür, dass er fertig ist.«
Aishe versuchte, Nico nicht hinterherzuschauen, während er zurück in sein Büro ging. Sie scheiterte aus dem einfachen Grund, weil Nico nicht nur einen inneren Konflikt in ihr auslöste, sondern auch einen kurzen, aber mächtigen Anflug von Lust. Das tat er nicht absichtlich; eindeutig war er weder interessiert noch verfügbar. Die meisten Frauen hätten ihn nicht mal als attraktiv bezeichnet. Verdammt, dachte Aishe, bloß weil er dick ist. Zwar nicht so dick wie Frank– das sind nur wenige– aber doch kräftig genug, um das in mir wachzurütteln, was beleibte Männer eben in mir auslösen.
Diese Schwäche verwirrte sie. Etwas Freudianisches konnte es auf keinen Fall sein. Ihr Vater war zwar muskulös, aber schlank gewesen. Sein Bruder, ihr Onkel Jenico, und ihr Cousin Patrick waren zwar groß, aber hoch gewachsen und breitschultrig, nicht der tröstende Pavarotti-Typ, der alle Knöpfe bei ihr drückte. Genau besehen war es das genaue Gegenteil von dem bleichgesichtigen Hänfling, der sich gerade in ihrem Haus befand. Der drückte einen ganz anderen Knopf. Einen großen roten für den Kriegsfall. Ka-wumm!
Als sie an der Aufnahme vorbeiging, entging ihr nicht das vielsagende Lächeln der beiden Frauen. Sie wussten ebenfalls, dass Nico sie nur zu sich gerufen hatte, um sie zu besänftigen. Sie beschloss, sie zu ignorieren, und stopfte sich stattdessen ihr rosa Tierheim-Shirt in die Jeans, während sie an ihnen vorbeistiefelte. Ihr T-Shirt war eng geschnitten und betonte ihre Titten. Die Jeans war noch enger geschnitten und zeigte ihren festen, muskulösen Po. Die beiden Frauen in der Aufnahme dagegen waren fett. Ihre T-Shirts waren riesig und hingen ausgeleiert über ihre weiten Hosen mit Gummizug. Im Geiste verbuchte Aishe einen Punkt für sich. Da habt ihr was zu kauen, ihr fetten Kühe, dachte sie.
Um vier Uhr hatte Aishe alles vorbereitet, den Dackel untersucht und mit einem Halsband versehen. Er war ein süßes, kleines Würmchen, das ständig herumwirbelte und hechelte. Aishe war darüber immer wieder verblüfft. Frankfurter war auf einem Auge blind und hatte ein lahmes Bein, weil seine früheren Besitzer ihn fast zu Tode getreten hatten, und doch mochte er Menschen– immer noch begrüßte er sie, indem er sie wie verrückt umrundete und darum bettelte, hochgehoben zu werden, damit er ihr Gesicht ablecken konnte…
» O mein Gott, der ist ja vielleicht verschmust!«
Frankfurters neue Besitzerin war in den hinteren Bereich eingelassen worden, stand jetzt am Tisch und hatte ihre molligen, kleinen Hände vor sich verschränkt. Aishe schätzte sie auf nicht älter als vierzig, allerdings kleidete sie sich wie eine sechzigjährige Matrone und trug ein lila Zeltkleid aus Polyester und farblich passende Kunstlederslipper. Aishe wusste sofort, dass die Liebe dieser Frau nur Jesus und Snickers galt. Und jetzt Frankfurter.
» Ja, der ist ein richtiger Schmuser«, sagte sie. Sie drückte Frankfurter rasch einen Kuss auf den Kopf und gab ihn ihr. » Ab mit dir. Da ist dein neues Frauchen.«
» Ach du meine Güte…« Die Frau nahm den zappelnden Hund auf den Arm. » Hallo, kleiner Rusty.« Sie warf Aishe einen schüchternen, aber leicht trotzigen Blick zu. » Sie haben doch nichts dagegen, dass ich ihn Rusty Wallace nenne, oder?«
Aishe legte den Kopf zur Seite. » Ich finde, das passt zu ihm. Er hat ja viel von diesem Dackelrostbraun.«
» Ganz genau«, sagte die Frau hocherfreut. » Daran hab ich noch gar nicht gedacht! Ich fand, weil er so schnell ist, dass…« Sie verstummte, weil sie nicht wusste, ob sie sich lächerlich machte.
Aishe grinste. » Rusty Wallace ist ein toller Name für einen tollen Hund. Danke, dass Sie ihn aufnehmen.«
Sie nahm die brandneue, glänzend blaue Leine, die die Frau mitgebracht hatte, und befestigte sie an Rustys Halsband. » Hier«, sagte sie. » Jetzt gehört er Ihnen.«
4
» Wir können hier nicht bleiben.«
Langsam setzte Chad seine Aktentasche
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