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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
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bis heute mit den getöteten Kriegern geschehen. Die Gesunden brachten viele zerschlagene Schilde und zerstückelte Helme nach Burgund. Das Kriegsvolk sprang vom Pferde vor dem Königssaal, und heiteres Stimmengewirr begleitete den frohen Empfang. Die Ritter wurden in der Stadt untergebracht,und der König bat, sich seiner Gäste sehr freundlich anzunehmen. Er befahl, für die Verwundeten zu sorgen und sie pfleglich unterzubringen.
    Seine ganze Großmut zeigte er in der Behandlung seiner Feinde. Zu Liudegast sagte er: »Seid mir jetzt willkommen. Ich habe um Euretwillen viel Schaden erlitten, und der soll mir vergolten werden, wenn das Glück mir wohlwill, Gott möge es meinen Freunden lohnen. Sie haben mir Freude bereitet.« – »Ihr habt allen Grund, ihnen zu danken«, erwiderte Liudegêr. »So vornehme Geiseln hat wohl kaum ein König erbeutet. Wir wollen angemessen bezahlen für anständigen Gewahrsam, den Ihr Euren Feinden barmherzig zugesteht.« König Gunther antwortete: »Ich will Euch beide auf freien Fuß setzen gegen das Versprechen, daß Ihr mein Land nicht ohne Erlaubnis verlassen werdet.« Darauf gab Liudegêr ihm die Hand. Den Gefangenen wurden bequeme Unterkünfte eingerichtet, die Verwundeten wurden fürsorglich gebettet, und an die Gesunden schenkte man Met und guten Wein aus. Besser konnte es dem Kriegsvolk nicht gehen. Die zerhauenen Schilde wurden in die Kammern getragen, die vielen blutigen Sättel beiseite geschafft, damit die Frauen sich nicht bekümmerten. Erschöpft und müde kamen die Ritter aus der Schlacht. Das Land war voller einheimischer und auswärtiger Besucher, und der König sorgte unermüdlich für seine Gäste. Er ordnete aufmerksamste Pflege für die Schwerverwundeten an. Ihre übermütige Stimmung war jetzt tief niedergeschlagen. Den Heilkundigen wurden großzügige Belohnungen angeboten, Silber ungewogen und Gold obendrein, damit sie die verwundeten Ritter heilten. Außerdem verteilte Gunther Geschenke unter seine Gäste. Wer die Heimreise im Sinn hatte, wurde freundlich gebeten, noch zu bleiben, wie man es unter Freunden tut.
    Der König ging mit sich zu Rate, womit er seine Männer belohnen sollte. Sie waren seiner Bitte sehr ehrenhaft nachgekommen. Gêrnôt sagte: »Laßt sie heimreiten! Sagt ihnen, sie mögen in sechs Wochen wiederkommen zu einem Fest. Inzwischen wird mancher von seinen Wunden genesen sein.« Auch Sîfrit von den Niederlanden bat um Urlaub. Als König Gunther seine Absicht erfuhr und ihn bat, weiterhin sein Gast zu sein, ließ er sich zum Hierbleiben bewegen; es geschah aber nur um Gunthers Schwester willen. Er war zu vornehm, um von Gunther Gaben anzunehmen, so sehr er sie verdient hatte, und der König war ihm ebenso wohlgesinnt wie seine Angehörigen, die seine Kampfleistungen mit eigenen Augen gesehen hatten. Sîfrit blieb am Hofe, weil er dachte, er werde Kriemhilt doch einmal zu sehen bekommen. Und sein Wunsch sollte sich erfüllen, bevor er zurückritt in die Niederlande.
    Der König hielt zu allen Zeiten auf ritterliche Übungen, und nun waren die jungen Männer wieder eifrig dabei. Inzwischen ließ er am Rheinufer bei Worms die Tribünen und Unterkünfte für seine Festgäste bauen. Als ihre Ankunft nahe bevorstand, hatte auch Kriemhilt erfahren, daß Gunther ein Fest mit seinen Freunden feiern wollte. Die Frauen machten sich emsig zu schaffen mit Kleidern und Hauben, die sie tragen wollten. Als der Königin Uote zu Ohren kam, was für stolze Ritter erwartet wurden, ließ sie ihren Kindern zuliebe die kostbarsten Kleider aus den Tüchern wickeln. Sie ließ Gewänder anfertigen für das Hofvolk und die jungen Ritter von Burgund und stattete auch die Fremden festlich aus.

5 . WIE SÎFRIT KRIEMHILT ZUM ERSTENMAL SAH
    Nun sah man die Festgäste Tag für Tag heranreiten. Sie kamen um des Königs willen und wurden mit Pferden und Gewändern beschenkt. Die Sitze standen für sie bereit, für die Vornehmsten und Besten; wie erzählt wird, sind zweiunddreißig Fürsten zu dem Fest gekommen. Die Frauen waren voller Erwartung und putzten sich um die Wette. Der junge Gîselher fand selten Ruhe. Mit Gêrnôt empfing er die fremden und die einheimischen Gäste wie ihre Krieger und begrüßte sie ihrem Ansehen gemäß. Sie führten goldrote Sättel mit; prächtige Schilde und stattliche Gewänder kamen zur Zeit des Festes ins Land. Mancher Kranke wurde besseren Mutes. Die noch bettlägerig waren und an ihren Wunden litten, konnten den bitteren Tod einmal

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